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  1. Vom 22. September bis zum 11. Oktober 2019 wanderte ich vom Kibbuz Dan im Norden Israels bis nach Arad, dem letzten Ort vor der Wüste im Süden Israels. Insgesamt wanderte ich über sechshundert Kilometer durch Israel. Meine Art zu Wandern würde ich immer noch als Fast & Light bezeichnen - für Israel um diese Jahreszeit eher mässig gut geeignet. Nachfolgend meine „Learnings“: Vorfeld Ich unternahm wenig Recherche, und stützte mich auch auf die Seite von Christian Seebauer. Er bezeichnet den INT als Alternative zum Jakobsweg. Diese Seite idealisiert den INT in teilweise problematischer Weise. Er tischt keine Lügen auf, aber ein sehr ernstes Problem, auch für politisch überhaupt nicht interessierte, taucht auf seiner Seite nie auf. Das allergrösste Problem für Hiker: Müll. Wer sich entschliesst den INT zu wandern, muss sich bewusst sein, dass er täglich an Müllbergen vorbei und durch Müllhalden hindurch wandern wird. LNT ist in der Gegend leider unbekannt. Alle lassen ihren Müll einfach liegen. Unabhängig von Herkunft oder sozialer Schicht. Um Tel Aviv findet man Gu Beutelchen d.h. eher hochpreisige Spezialsportnahrung auf dem Trail (was anderswo völlig verpönt ist), rund um Landwirtschaftsbetriebe was dort halt so anfällt. Es fällt eben sehr viel an. Der INT ist leider IMHO ungefähr so sehr eine Alternative zum Jakobsweg wie Herr Trump zu Herr Obama. Alles wird in der Natur entsorgt. Autos, Ölkanister, Farbe, Aludosen sowieso. PET-Flaschen werden in Israel offenbar aus höchst demetrigem, biodynamischem Dünger hergestellt. Anders ist die Zahl dieser Flaschen in der Natur nicht erklärbar – weshalb kommt jemand auf die Idee, eine leere Flasche mit sich herumzuschleppen? In Europa ist ein sinnvollerer Umgang mit Plastik im Gespräch, in Israel pflegt man Plastik einfach in der Natur abzulegen. Israel ist ein Hightech-Land, namhafte Software-Hersteller haben hier Entwicklungszentren, in manchen Bereichen waren und sind sie weltweit führend. Genügend Mittel, um etwas gegen den Abfallwahnsinn zu tun, wären durchaus vorhanden oder liessen sich organisieren. Wer in Israel LNT praktiziert kommt sich vor wie ein Idiot. Würde der PCT irgendwo so aussehen wie der INT überall aussieht, auf dem PCT würde der Abschnitt umgehend geschlossen. Ranger oder das entsprechende Sheriffs-Department würden den Trail als Gefahr für die öffentliche Gesundheit einstufen. Volunteers würden den Trail in tagelanger Fronarbeit reinigen. Wie auf dem AT würde man den Trail anschliessend quasi überwachen (mittels Ridgerunners oder ähnlich). Das ist leider noch nicht alles. Aufgrund der Bodenbeschaffenheit ist ein wichtiges Element von amerikanischem LNT in Israel nicht umsetzbar. Ein sogenanntes Cathole zu graben, ist unmöglich, da der Boden entweder zu felsig oder Betonhart getrocknet ist. In Israel müsste man statt einem Schäufelchen eine Spitzhacke mitführen. In den USA werden diese Löcher vor allem gegraben, um das ästhetisch störende WC-Papier zum Verschwinden zu bringen. Was unternimmt mensch in Israel dagegen? Leider gar nichts. Beispiel: «Ein Kobi» Campingplatz, ein paar Stunden zu Fuss südlich von Jerusalem. Landschaftlich gesehen ein Traum, monatelange Planung eines toskanisch inspirierten Architekten brächte kein besseres Resultat. Teile der Anlage sind sogar historisch, es gibt eine Quelle. Der Platz wird offensichtlich von Gruppen genutzt. Die erste Ebene an der Strasse ist denn auch relativ sauber, es finden sich nur kleinere Gegenstände wie Kaffeebecher, Einweggeschirr und unzählige Haargummis am Boden. Die nächste Ebene gegen den Wald dient aber als gigantisches WC. Wie im Kuhstall, einfach für Menschen. Es riecht. Im Norden wiederum ist wirklich jedes Plätzchen entlang des Trails gründlichst eingeschissen. WC Papier mitzuführen halte ich grundsätzlich überall auf diesem Planeten für überflüssig. Es ist weder ultraorthodox LNT und vor allem noch nicht mal UL! In Israel und für Israel gibt es eine Organisation, die seit der Staatsgründung und zuvor Milliarden in die Aufforstung des Landes investiert hat. Der Israel National Funds hat ganze Wälder gepflanzt. Es wurden unzählige Picknick-Plätze angelegt (ja, es gibt mittlerweile zu viele), jeweils gestiftet von Personen aus aller Welt. Diese Orte dienen auch der Erinnerung an im Holocaust ermordete jüdische Personen oder an Personen, die durch ihr Wirken während der Nazi-Tyrannei Juden gerettet haben. Auch für gefallene israelische Soldaten gibt es Gedenkstätten. Und alle Plätze haben eines gemeinsam: Müll und Toilettenpapier überall (sogar bei den Gedenksteinen für Gefallene – ich bin auch nicht immer 100 % mit allem was so geschieht einverstanden, würde mich aber trotzdem aus Respekt niemals über oder neben einem solchen Stein erleichtern). Bei einem Stein für Simon Wiesenthal habe ich den Busch vornedran zurückgeschnitten. Die Gedenktafeln sind in jeweils unterschiedlichen Sprachen angeschrieben. Ich verstehe kein Hebräisch, aber ein Name, kombiniert mit der Jahreszahl 1944 bedeutet leider nicht, dass diese Person im 1944 im Lotto gewonnen hat. Die vielen Gedenktafeln erleichtern das Verstehen der Situation und ich habe mir die Mühe gemacht, jeden einzelnen davon anzuschauen und die Namen bei Unklarheiten zu googeln. Es gibt sogar Schilder, die gegen Littering an den Patriotismus appellieren, im Sinne von «honor the fallen». Arabische Texte auf mehrsprachigen Schildern sind oft zerkratzt, dafür Gedenkstätten für gefallene Israelis mit arabischen Schriftzügen versehen. Wahrscheinlich sind dies keine Beileidsbekundungen. Ich habe einmal eine Aufräumcrew des JNF gesehen. Es waren zwei Personen, die mit einem VW Bus unterwegs waren. Abfall haben sie mit blossen Händen eingesammelt. Damit kommt man leider überhaupt nicht weit. Die allermeisten Plätze, die ich gesehen habe, würden den Einsatz von duzenden Personen während einem ganzen Tag gut vertragen. Dies gilt für den ganzen Trail, an manchen Orten ist der Einsatz von schwerem Gerät unabdingbar (es gibt etwa ein duzend Autowracks auf dem Trail). Ich kam auch an einem Jugendcamp des JNF vorbei (eingezäunt und bewacht). Ausdrücklich stand dort Education am Eingang, dazu ein Bär, ähnlich Smokey in den USA, der eine Tanne umarmt. Hoffentlich lernen die jungen Leute dort, weshalb Littering eine ganz schlechte Idee ist. Übernachten Israel ist ein kleines Land. Einfach das Zelt aufzustellen ist möglich, jedoch muss mit allerlei Störungen während der Nacht gerechnet werden. Da es tagsüber heiss ist, ziehen es Israelis vor, in der ganzen Nacht Sport zu treiben. Selten alleine. Aus Naturschutzgründen habe ich auch in Israel meist darauf verzichtet, wild zu campen. Campen an den Picknickplätzen ist grundsätzlich toleriert. Israelische Hiker ziehen es aber vor, innerhalb der Kibbuz zu übernachten. Dies bedingt umfangreiche Planung. Aus einleuchtenden Gründen sollte man darauf verzichten, Zäune in der Nacht übersteigen zu wollen. Wenn ich in der Nacht an solchen Orten vorbeigekommen bin, habe ich mich sehr langsam bewegt und in jede Kamera gelächelt sowie am Tor den Security gefragt, ob ich Zelten könne. Sie reichten mir jeweils das Wasser durch das Gitter. Die Securities reagierten völlig verstört auf mein Auftauchen. Offensichtlich hält sich die Zahl von Nachtwanderern in Israel in sehr engen Grenzen. Während den Nächten habe ich auch nie jemanden getroffen. Es gibt eine Trailangelliste. Auch für wildes Campieren empfehle ich dringend den Einsatz von Silikon-Ohrstöpseln. Grund: Irgendwo ist immer ein Fest mit wummernden Bässen, Hunde bellen immer wieder gerne, mensch ist in der Nähe einer Autobahn, einer grossen Stadt etc. Es ist nicht so wie auf dem PCT, wo mensch sich vom Wind in den Schlaf säuseln lassen kann. Auch wird etwa im nahe gelegenen Steinbruch bis um Mitternacht gearbeitet usw. Ich musste zweimal während der Nacht umziehen, weil Einheimische die Funktion ihrer Soundanlagen in den höchsten Leistungsstufen überprüfen mussten. Auch sind Angaben in englischen Foren zu Orten, an denen mensch übernachten soll, falsch. Es wird empfohlen, ausserhalb von Nahal Me'arot, einem Nationalpark, zu übernachten. Der Ort ist während der Nacht nicht bewacht, die Ranger haben mich aber mehrmals gefragt, ob ich da übernachtet hätte. Ich habe darauf verzichtet, ihnen zu erklären, dass ich aufgrund Angaben aus dem einzigen Guidebook zum INT da genächtigt habe. Immerhin ist der Platz dort einer der ganz wenigen sauberen in ganz Israel. Sehr empfehlenswert sind die Abraham Hostels in Tel Aviv und Jerusalem. Für Hiker absolut ideal, an beiden Orten gibt es professionelle Waschmaschinen inkl. Seife und Trockner, sowie ein sehr gutes, auch für Hiker geeignetes Frühstück (vegetarisch, Eier gibt es). Die Hostels sind sehr sauber, unzählige Angestellte halten die Infrastruktur aufrecht und putzen rund um die Uhr. Für Säufer gibt es Bars mit allerlei Alkohol. Und je nach Komfortanspruch sind diese Hostels fast gratis. Wer sich grundsätzlich gelangweilt fühlt, kann sich auch arg touristischen Touren anschliessen, Besichtigung der Sperranlage in Ramallah inklusive. Wer die Wirklichkeit des Lebens in den besetzten Gebieten erfahren will, muss aber nach Nablus und Jenin und sollte auch versuchen, in den Gazastreifen zu reisen (wem dies zu gefährlich ist, dem rate ich grundsätzlich zu Hause auf dem Sofa sitzen zu bleiben, hoffentlich schlägt der Meteorit anderswo ein). Die Sperranlage kann vom Trail aus zur Genüge begutachtet werden, nicht so die Checkpoints. Jedes Mal, wenn ich einen dieser jungen Soldaten gesehen habe, wünschte ich mir, er und alle seine Feinde würden im Schlaf sterben und zwar frühestens in 120 Jahren oder so. In Israel gibt es Schakale, Hyänen und Wölfe sowie wilde Hunde. Nichts davon ist für Menschen gefährlich, die Schakale heulen aber in der Nacht. Trotz der katastrophalen Vermüllung habe ich ein Wolfspaar, Eulen, Fischotter, Wildschweine, Stachelschweine, Schakale und Antilopen gesehen. Reisen Es schadet nicht, Begriffe wie Sabbat und andere jüdische Feiertage zu googeln. Das schadet eigentlich grundsätzlich nichts, ich kam mir manchmal vor wie ein saublöder Tourist. An Sabbat fahren in Jerusalem keine Strassenbahnen und im ganzen Land keine Busse. Egal was Google maps sagt. Mit Taxifahrern sollte man in solchen Fällen verhandeln. 300 NIS sind weniger als 150 Dollar. Autostop funktioniert noch besser als entlang dem PCT. Hinstehen genügt bereits, das erste Auto hält. Kleidung Nach nur fünf Tagen auf dem Trail sah ich aus wie ein Junkie. Meine Beine waren übersät mit blutigen Wunden. Grund: Alle Büsche in Israel haben hübsche Dornen. Nicht wie unsere Brombeeren, sondern richtig und lang. Es gibt Insekten. Der Einsatz von massiven Hosen ist empfehlenswert. Ja, der Trail ist stellenweise fast zugewachsen, vor allem im Norden. Wer mit ähnlichen Hosen wie auf dem PCT loszieht, findet sich bald in einer peinlichen Situation wieder. Patagonia Baggy Shorts eignen sich besser. Vorsicht vor israelischen Kuhgattern. In Europa haben diese einen Winkel von etwa 90 Grad, in Israel ist dieser Winkel kleiner. In Kombination mit Stacheldraht für leichte Rucksäcke gefährlich. Einfach übersteigen. Ausrüstung Viel Spass mit Trekkingpole Zelten wie dem Zpacks Duplex. Nur empfehlenswert, wenn gleichzeitig eine Bohrmaschine mitgeführt wird. Mein Zelt wurde von Experten als Stupid Lightweight bezeichnet, aber ich konnte es eben freistehend aufbauen (wenn es nicht regnete nur das Innenzelt). Israelis sparen sich den Zauber eines Zeltes komplett und setzen auf Cowboycamping, wenn sie in grossen Gruppen ausserhalb der Kibbuz übernachten. Natürlich bewacht von bewaffneten Guides. Mein Rucksack besteht aus VX21 (Atompacks, ein Traum) wer seinen Rucksack sowieso nach jedem Hike in die Tonne tritt, ist mit einem leichteren Rucksack aus DCF auch gut bedient, einfach 2 - 3 Rollen Panzertape nicht vergessen. Es gibt viele tiefhängende Zweige mit Dornen. Eine stabile Mütze ist empfehlenswert. Am besten ist ein Bedouinhat. Das ist eine Truckerkappe mit einem Tuch über den Ohren und dem Nacken. Solche Mützen tragen in Israel auch Ranger und Bauarbeiter. Aufgrund der Situation lässt mensch die Kofia wohl besser zu Hause. In Israel habe ich genau einen einzigen Menschen mit einer Kofia gesehen – es war der Bierlieferant im Abrahamhostel in Tel Aviv. In der Nähe von Siedlungen aller Art galt jeweils: Stöcke in Schlagbereitschaft halten. Es gibt gestörte Hunde. Nur mit Mühe konnte ich einen davon abhalten, mich anzufallen. Wäre ich nicht grundsätzlich pazifistisch eingestellt, könnte dieses Vieh die Radieschen von unten... Da es in Israel sehr staubig und sandig ist, haben Salomon Schuhe mit dem Speed Lacing System ein Problem. Die Schlaufen scheuern sich durch. Meine Schuhe landeten deshalb bereits im Müll. Unbedingt das jeweilige Schuhmodel vor der Reise auf abschüssigen Steinplatten testen. Wer rutscht sollte die Anschaffung anderer Schuhe dringend ins Auge fassen. Es gibt viele solcher Platten zu überqueren. Navigation In englischen Foren wird OSM And Maps empfohlen. Die App ist aber veraltet, die Informationen auf der Karte sind wohl seit Jahren nicht mehr aktualisiert worden. Die Karte zeigt beispielsweise bei Nationalparks Campingplätze an, vor Ort gibt es keinen, nur einen Menschenkuhstall. Wer 50 Dollar in etablierte Karten investiert, spart sich viel Ärger. Der Trail ist gut markiert, ausser an drei oder vier Stellen, wo er von Bauern einfach umgepflügt wurde oder von Erdarbeiten verschüttet wurde. Vor Beit Hananya im Norden muss man Zugschienen überqueren. Einfach den Schienen Richtung Süden folgen, auch wenn alles zugewachsen ist. Wenn mensch den Trail verliert, sofort umdrehen und auf selbem Weg zurück, sonst landet mensch in hüfthohen Dornen. Der Trail erlaubt aber auch Nighthiking, zumindest ausserhalb der Wüste. Jemand meinte, dass er in der Nacht in der Wüste von Rangern gestoppt wurde. Israelische Kühe machen keine Probleme. Israelis lieben es, mit allerlei Vehikeln durch die Natur zu brausen. In Europa ist das Befahren von Naturstrassen fast überall verboten - in Israel nicht und deshalb wird der Trail häufig mit 4x4 Fahrzeugen oder Motorrädern geteilt (richtig geile Teile übrigens). An israelischen Wochenenden empfiehlt es sich, ein offenes Ohr zu haben. Israelische Naturstrassen sind gewöhnlich so breit, dass sich zwei breitere Landwirtschaftsfahrzeuge oder gewisse andere Vehikel jederzeit kreuzen können. Leute Aufgrund meines eher rabiaten Hikingstyles habe ich alle Southbounder innert Kürze angehängt. Hin und wieder sah ich Spuren, jedoch nicht durchgängig. UL ist unbekannt, viele hatten keine eigentlichen Wanderrucksäcke dabei, sondern eher Dinger, die wir zum Reisen verwenden würden. Israelis unternehmen diese Wanderung wohl weniger aus Freude am Gehen, sondern aus Freude an ihrem Land und der Kultur - Israel hat an jeder Ecke jahrtausendealte Ruinen, biblische Geschichte etc. Und natürlich wird auch die jüngere Geschichte aller Kriege überall am Leben erhalten. Die nahöstliche Gastfreundschaft ist unbeschreiblich. An Tankstellen wurde ich zwar immer wieder schräg angeschaut und teilweise offensichtlich unfreundlich behandelt - diese Leute hatten einfach zum ersten Mal einen Hiker gesehen, es gibt auch Obdachlose. Nach Einbruch der Nacht in arabischen Dörfern standen ganze Familien auf und stammelten ein „Shalom“. Wenn ich dann ein „Salam Aleikum“ zurückgab, verbunden mit „Have a nice evening“ hatte ich den Eindruck, diese Leute seien sich leider anderen Besuch gewohnt. Sie hatten offensichtlich noch nie einen fremden und vor allem unbewaffneten Menschen während der Dunkelheit durch ihr Dorf gehen sehen. Es lohnt sich wirklich, knallige Farben statt grün und schwarz zu tragen – durch meinen flippigen Rucksack checkten die Leute sofort, dass ich weder irgendwas oder irgendwen in die Luft jagen, noch eine Razzia durchführen will. Ja, wo der Trail an arabischen Dörfern vorbeikommt, ist er zugewachsener als anderswo. Offensichtlich meiden Israelis diese Abschnitte. Unabhängig von der Herkunft der Leute ist ihre Gastfreundschaft beispielslos. Ich wandere in den Moshaw Gimzo (wo bis zum Unabhängigkeitskrieg Palästinenser lebten). Eine Dame hält ihren Hyunday neben mir an. Nachdem sie sich erkundigt hat wohin ich wolle, sagt sie kurzerhand „come“ und fährt mich zu sich nach Hause. Der Shop im Moshav sei alt und nicht zu gebrauchen, ausserdem ohnehin geschlossen. Sie und ihre Familie seien religiös, deshalb essen sie nichts, sie dürften erst nach Sonnenuntergang essen. Sie bereiteten jetzt nur das Essen für nach dem Sonnenuntergang vor – es gäbe dann sogar Pizza. Für mich haben sie jedoch einen vollen Kühlschrank. Ich dusche und danach wird mir mehr aufgetischt, als dass ich essen kann. Sie sprechen nur schlecht Englisch aber wir unterhalten uns über Zürich und ihre religiösen Vorschriften. Mit etwas Stolz erkläre ich, dass es in Zürich viele orthodoxe Juden gibt und glücklicherweise habe niemand ein Problem damit. Ein Neonazi dachte zwar kürzlich, es sei eine gute Idee an seinem Geburtstagsfest jüdische Menschen anzuspucken, dafür ist er jetzt da, wo er es sich noch eine ganze Weile lang so bequem, wie es da eben möglich ist, machen kann: Im Knast. Neonazis ist es übrigens hierzulande noch nie gelungen, eine Demonstration öffentlich anzukündigen und dann auch tatsächlich durchzuziehen. Ich denke, ein paar Leute würden durchaus ihr Sturmgewehr aus dem Kleiderschrank holen (ich habe keines, danke der Nachfrage). Idioten wie dieser Herr aus Halle können hierzulande wirklich nur hoffen, dass die Polizei sie bereits im Vorfeld ihrer geplanten abscheulichen Tat einsammeln kommt. Die nette Dame gibt mir alles Mögliche mit, irgendwann muss ich abbrechen, zu wenig Platz in meinem Rucksack. An einem anderen Tag komme ich ausserhalb des Kibbuz Dvir abends um 18:00 an. Camping ist schwierig, der Wald ist sehr offen. Ein junger Mann sitzt schweigend an einem Picknick Tisch und liest irgendwas. Ich studiere die Karte. Plötzlich erhebt sich der Mann und zieht einen Kocher hervor „Do you want Coffee?“ Natürlich will ich einen Kaffee. Sein Kochgeschirr sieht arabisch aus, ich denke jedoch fälschlicherweise, dass er aus dem Kibbuz kommt. Ich frage ihn wo ich campen könne. Hier eher nicht, sagt er und zeigt auf die leere Wodka Flasche am Boden. Er sagt aber, dass er mir helfen wolle, etwas zu finden. Zunächst fahren wir zum Tor des Kibbuz, wo er die Nummer auf dem Tor anruft, keine Antwort. Dann ruft er einen Freund an. Er spricht Arabisch, folglich ist er wahrscheinlich Palästinenser oder wie ich im Nachhinein herausgefunden habe, Beduine. Dann sagt er, ich könnte bei seinem Freund übernachten. Einfach so. Er fährt mich nach Rahat, der grössten arabischen Stadt in Israel und nun Wohnort von Beduinen. Sie sind beide Lehrer und bezeichnen die Schweiz als Heaven, sie würden gerne hier arbeiten. Am nächsten Tag fährt mich Fuad zurück nach Dvir. Trailmagic Null. Hin und wieder trifft mensch auf umfunktionierte Armeekisten, die bis zum Rand mit Büchern gefüllt sind. Leider nur in Hebräisch, oftmals findet man religiöse Propaganda. Kurz vor Jerusalem steht eine grössere Kiste, die war bis auf Hygieneartikel aber ebenfalls leer. Wasser Aufgrund der Temperaturen gibt es häufig Wasserspender, auch in den Wäldern. Vorsicht, dies gilt nicht für die Wüste. Das Wasser wird von irgendwo her gepumpt und ist lauwarm. Elektrolyttabs mit Geschmack oder gar “Waterenhancer” sind sehr empfehlenswert. Ich habe mir mit Besuchen an Tankstellen geholfen, an solchen kommt mensch immer wieder vorbei. Sehr empfehlenswert ist Cola Zero mit Zitronengeschmack (habe ich in der Schweiz noch nirgendwo gesehen) – Grund: Es schmeckt auch in lauwarmem Zustand. Wasserfilter kann man zumindest für den Nicht-Wüstenteil getrost zu Hause lassen – Wasser aus den Bewässerungsanlagen zu trinken bringt einem hoffentlich noch rechtzeitig ins Spital. Es hat Dünger darin. Es gibt immer Wasser irgendwo zu kaufen oder eben diese Spender. Ausser an Jom-Kippur, dann schliesst wirklich alles, sogar die Autobahn kann gequert werden, wo es gerade passt (musste ich tun, weil ich mich nicht mit den Hunden eines Schäffers auseinandersetzen wollte). Fazit Die Landschaft ist tatsächlich schön, nur ist der Müll darin für mich nicht nachvollziehbar und nicht akzeptabel. Für mich nimmt die Vermüllung der Landschaft diesem Trail jeglichen Reiz. Die hohen Temperaturen verlangen zudem nach längeren Angewöhnungsphasen oder mensch nutzt das schmale Fenster im Januar und Februar. Dieser Trail kann nur Leuten empfohlen werden, die sich ohnehin in Israel aufhalten oder dort leben. Andere sollten warten, bis die Israelis ihr Littering Problem in den Griff gekriegt haben.
  2. Gast

    Israel National Trail

    Ich habe ein paar Informationen über den Israel National Trail (INT) zusammengestellt, die ich Interessenten gerne weitergeben möchte. Ich war von dem Trail begeistert; vor allem die ersten 400 der insgesamt gut 1000 Kilometer waren grandios. Sie führen durch die Negev-Wüste. Dort muss man sich Wasser organisieren, es selbst verstecken oder bei einem Anbieter bestellen. Der Weg führt durch Canyons und Krater, über Klippen und Grate. Faszinierende Ausblicke, Stille, Einsamkeit, Hitze, Schweiß und Lagerfeuerromantik sind inklusive. Wo der Weg durch Kibbuzim oder kleine Orte führt, kann man bei Trail Angels unterkommen, das sind hilfsbereite Menschen, die entlang des INT wohnen und Wanderer bei sich zuhause aufnehmen. Diese Leute sind wirklich unglaublich nett, erzählen Euch Geschichten aus ihrem Leben, bekochen Euch oder holen Euch auch mal direkt auf dem Trail ab. Dadurch habe ich Israel besser kennen gelernt als irgend ein anderes Land, das ich bislang bereist habe. Jedes Jahr sind geschätzte 1500 through hiker auf dem INT unterwegs, die meisten von ihnen sind junge Israelis, die gerade den Wehrdienst hinter sich haben. Der Abschnitt durch die Negev-Wüste (zwischen Eilat am Roten Meer und Arad) lässt sich gut in drei Wochen meistern. Weitere Informationen zum Water Caching und zur Ausrüstung findet Ihr als FAQ auf meiner kleinen Website zum Israel National Trail. Wer weitere Fragen hat, kann mich gerne kontaktieren, am besten über das Kontaktformular dort.
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