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15.9.2018, 28 km Nachts hat es geregnet, aber morgens sieht es freundlich aus. Ich beginne langsam den Tag und verlasse gegen 9 Uhr meinen Zeltplatz. Es geht wieder abwärts, es weht kein Wind und ist trocken. Ich komme flott vorwärts. Blick auf Loch Ness und Fort Augustus Ein paar Kilometer vor Fort August sehe ich hinter einer Wegbiegung auf einmal ein quietschrosa Schlösschen auf einem quietschgrünen Rasen. Ich bleibe verblüfft stehen und überlege, was von den Dingen, die ich heute schon gegessen und getrunken habe, schlecht gewesen sein könnte. Nichts! Das rosa Ding steht einfach da. Und sie züchten Wild und Highland Rinder. Kurz vor Fort Augustus Kurz nach 11 Uhr bin ich am Ortseingang von Ford Augustus. Im Ort will ich etwas essen, mein Rucksackgewicht reduzieren und einige wenige Vorräte kaufen, die ich dann auch essen mag. Noch vor dem Ortszentrum lädt ein Aussichtsplatz mit Steinbänken und leerem Mülleimer zum Rucksack aufräumen ein. Tschüss Müsli! Mit viel Planung liebevoll abgewogen und eingepackt, aber ich krieg dich nicht runter. Und vor meinen Füßen liegt er: der Campingplatz von Ford Augustus. Eine riesige, wirklich ebene Fläche für Zelte. Wunderschöner grüner kurzer Rasen. Drumherum Stellflächen für Caravans und kleine Blockhäuser. Leider bin ich zur völlig falschen Tageszeit hier. Also gehe ich weiter. Mitten im Ort, an der Brücke sehe ich sie: Die Bothy. Ein Bild von Steak mit Pie schiebt sich vor mein inneres Auge! Jetzt habe ich meine Bothy. Nicht zum Schlafen, aber zum Essen! Muss ich erwähnen, dass sie geschlossen ist? Das Sandwich mit Lachs zwei Häuser weiter ist auch sehr lecker. Und dann kommt der lange Weg am Kanal entlang. Schotter, fast eben. Flott zu gehen. Auf dem Wasser seltsame Menschen, die mir auf Stehpaddelbrettern entgegenkommen. Die letzten sehe ich noch eineinhalb Stunden später. Die Techniken sind unterschiedlich. Die meisten stehen, manche liegen auf dem Bauch oder knieen und paddeln mit den Händen. Leider mache ich kein Bild von ihnen. Hier wird gerade ein Schiff geschleust Es folgt ein langer Waldweg am Loch Oich entlang, teilweise auf einem alten Bahndamm direkt am See. Kein Wind, kein Regen. Ein schöner Tag. Allerdings tut mir schon seit Ford Augustus mein rechter Fuß weh. Es dauert mehrere Kilometer, bis ich auf die Idee komme, dass ich vermutlich den Schuh zu fest geschnürt habe. Also lockere ich die Schuhbänder, aber der Fuß hat seine Macke weg. Grillplatz Auf dem alten Bahndamm entlang Schließlich komme ich an einem kleinen Bahnhof an. Die Länge der Schienen beträgt etwa 200 m. Aber die ganze Anlage, inklusive Bahnhofschild ist sehr liebevoll hergerichtet. Das Café lasse ich rechts liegen und gehe weiter zur Laggan Swing Bridge in Invergarry. Direkt hinter der Brücke nutze ich den Rastplatz am Loch Oich für eine Pause und genieße den Blick über den See. Der Einstieg in den Weg, der mich auf der anderen Seite des Sees bergauf führen soll, hat sich so gut versteckt, dass nicht einmal meine Apps helfen. Ich stehe laut GPS genau an dem Punkt, an dem der Weg beginnen soll. In der Richtung liegt vor mir ein völlig verwilderter, mit Farn überwucherter Hang. Ich suche etwas hin und her, finde aber keinen Einstieg. OK. Der Weg scheint zugewachsen zu sein. Kein Hindernis für mich. Ich klettere also auf die ersten Felsen und schlage mich dann durch den hüfthohen Farn. Das ist nicht so einfach, weil ich meine Füße nicht sehen kann und der Boden sehr uneben ist. Aber irgendwann muss es ja mal besser werden. Nach ein paar Minuten habe ich etwas Höhe gewonnen und kann mich umsehen. Da, ca. 100 m vor mir liegt eine zweispurige Schotterpiste, da muss ich hin. Ich stelle fest, dass es am einfachsten ist, wieder zurück zu gehen, dann ein Stück an der Straße entlang und den von dort aus gut sichtbaren Einstieg zu nehmen. Jetzt geht es auf einem Waldweg wieder stetig bergauf. Durch die Bäume kann ich nicht sehr weit sehen, ab und zu erhasche ich einen Blick auf den Loch Oich. Es fängt leicht an zu nieseln, aber der Wald schützt vor dem Wind und ich komme gut vorwärts. An der höchsten Stelle finde ich eine ebene Fläche mit den Resten eines Lagerfeuers. Von dort habe ich mal wieder etwas Aussicht und mache eine Pause. Es wäre ein schöner Platz zum Übernachten, aber ich will heute so viel Strecke wie möglich schaffen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich meinen Tagesschnitt halten kann und möchte mir etwas Puffer erlaufen. Außerdem habe ich heute kaum Höhenmeter gemacht und fühle mich noch fit genug zum Weiterlaufen. Also raffe ich mich auf und wandere den Weg weiter, der sich jetzt bergab schlängelt. Eigentlich habe ich vor, kurz vorm Waldende einen Platz zu suchen, aber dort ist nichts zu finden. Also weiter. Als der Schotterweg an einer Straße endet, ist auf dieser nach rechts ein Hostel ausgeschildert. Das ist aber leider nicht meine Richtung, deshalb ignoriere ich es. Jaaaa, auf der ersten Tour darf man auch mal dumme Fehler machen. Ich folge also der Straße und halte Ausschau nach einem ebenen Platz. Keine Rutscherei heute. Nach einiger Zeit sehe ich rechts einen Abzweig. Der sieht nicht unbedingt einladend aus. Es ist ein unbewachsener, von Baumaschinen frei geschobener Weg. In einer Kurve ist eine größere Fläche, die aber immerhin eben aussieht. Ich beschließe, dort zu übernachten, räume ein paar Steine weg und baue mein Zelt auf. Beim Probeliegen bin ich ganz zufrieden, es kommt mir wirklich ziemlich eben vor. Mein Fuß tut immer noch etwas weh und ich schlucke zum ersten Mal auf einer Tour eine Tüte Schmerzmittel. Nachts fängt es leider heftig an zu regnen und der rotbraune Schmodder spült unter das Zelt. So sind mein Zelt und die Unterlage morgens nicht nur nass, sondern auch ziemlich dreckig!
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14.9.2018, 19 km Nach einer rutschigen Nacht in meinem doch etwas schräg stehenden Zelt, aber ohne schießwütige Störungen, wache ich auf und koche mir endlich mal wieder Müsli und Kaffee. Aber nach dem halben Müsli bin ich satt und bekommen nichts mehr runter. Dafür schmeckt mir der heiße Kaffee umso besser. Ich krame in meiner Vorratstüte und gönne mir dann noch ein Stückchen getrocknetes Steak. Das wenigstens schmeckt mir richtig gut. Und es ist kein Wind! Ich baue das Zelt ab und starte gegen 10 Uhr die heutige Strecke. Zunächst geht es noch für einige Kilometer weiter auf Asphaltstraße. Es regnet nicht, ab und zu kann ich Sonnenschein genießen. Ich brauche nicht zu sehr auf den Weg zu achten und habe mal wieder Zeit, mir die wunderschöne Landschaft anzusehen, die hinter jeder Kurve anders aussieht. Ich bin entspannt und glücklich. Nach circa 4 km kann ich erkennen, dass die Teerstraße in einen Schotterweg übergeht. Juhuu! Kurz davor dann eine Brücke und ein Schild, dass der Weg gesperrt ist. Für Autos und Pferde. Alles gut. Ich mache kurz ein Foto und gehe weiter. Ich versuche, einen Bachlauf, der hinter der Brücke die Straße überquert, im Gras zu umgehen, was mir nicht trockenen Fußes gelingt. Kurz danach stehe ich vor einer Straßensperre. Moment! Stand auf dem Schild nicht auch etwas von pedestrians? Ich schaute auf mein Foto, kann den Text nicht genau erkennen und interpretierte ihn so, dass auch der Weg auch für Fußgänger und Biker gesperrt ist. Also zurück. Um den Bachlauf durchs Gras, platsch, über die Brücke, während ich mit den Schotten hadere. Das können die doch nicht machen! Mich 14 km lang auf einer Teerstraße laufen lassen und dann den Weg sperren. Ich gehe nicht zurück! Never ever. Also das Schild noch einmal ganz genau lesen. Falsch gelesen! Fußgänger und Biker können durch. Also zurück, noch mal über die Brücke und der dritte Versuch, den Bachlauf zu umgehen. Platsch. Und dann gehe ich auf dem Schotterweg schnurstracks in die Berge. Zu Beginn sehe ich links noch ein Gehöft. Der Weg zieht sich langsam, aber stetig den Berg hinauf. Ich genieße das immer noch angenehme Wetter. Mein Cape brauche ich noch nicht. Einziger Meckerpunkt wäre, dass parallel zum Weg, mal links, mal rechts, Überlandleitungen verlaufen. Aber unterirdisch verlegen ist hier wohl keine Option. Während einer Pause stelle ich fest, dass ich kurz vor den Serpentinen über den Pass bin. Inzwischen ist es windig geworden und ich ziehe mein Cape als Windschutz an. Vor den Serpentinen habe ich Respekt. Als norddeutsche Flachlandsquaw habe ich das Bergaufgehen nicht mit dem Laufen gelernt. Also eigentlich gar nicht. Ich kann nicht einschätzen, wie viel Kraft mich der Pass kosten würde. Also atme ich noch einmal tief durch und gehe los. Immer einen Fuß vor den anderen, kleine langsame Schritte und immer mal wieder ein Blick zurück in das Tal, aus dem ich gekommen bin. Zwei Biker kommen mir entgegen, kurz grüßend, ohne den Blick zu heben. Hochkonzentriert die komplette Breite des Weges nutzend, lavieren sie langsam zwischen den Steinen hindurch und über die mit Felssteinen eingefassten Rinnen, die in unregelmäßigen Abständen quer über den Weg verlaufen. Respektvoll staune ich ihnen hinterher. Das wäre ja nichts für mich. Hier die felsigen Querrinnen zu erkennen Langsam wird es nebliger. Die Feuchtigkeit kommt wohl eher von den Wolken als vom Regen. Ich bin froh, mein Cape schon angezogen zu haben. Blick zurück Da geht's rüber Und auf einmal bin ich oben. Das ging ja besser als gedacht. Ich gehe noch ein Stück weiter und sehe ein Gebäude, in dessen Windschatten ich Pause mache. Zwei weitere Biker, die ich dort treffe, bestätigen mir, dass der Weg bis Fort Augustus frei ist. Sie sind von dort gekommen. Ich habe einen wunderschönen Blick in das Tal, aus dem ich gekommen bin. Und auf der anderen Seite in das Tal, in das ich gehen werde. Das wird sich später als Irrtum herausstellen, aber das weiß ich noch nicht. Und der Blick ist einfach traumhaft. Etwa eine halbe Stunde später sind beide Täler verschwunden. Ich stelle hier mal die Bilder untereinander. Die Fotos habe ich jeweils von fast derselben Stelle aus aufgenommen. Blick zurück um 14:26 Uhr Derselbe Blick zurück um 14:52 Uhr Blick vorwärts auf das nächste Tal um 14:26 Uhr Derselbe Blick um 14:52 Uhr Nach der Pause geht es erst einmal vier Kilometer flott bergab und ich kann auch bald wieder etwas weiter sehen. Da irgendwo will ich hin Jetzt bin ich dem Irgendwo schon ein ganzes Stück näher gekommen Und langsam rückt die nächste Bothy näher. Vielleicht ist sie leer? Vielleicht kann ich ein warmes Feuer machen? Der Traum schleicht sich wieder an. Ich schaue noch mal auf meine Karte. Kurz vor der Bothy sind zwei Flussquerungen eingezeichnet. Nein! Ich gehe nicht wieder kurz vor der Bothy durchs Wasser und hole mir nasse Füße und Strümpfe! Dann ziehe ich Schuhe und Strümpfe aus und gehe in mein Strandlatschen durch! So! Weiter zieht sich der Weg bei schönstem Sonnenschein nach unten, über eine Brücke, um einen Hügel, weiter nach unten. Bei diesem Wetter muss man einfach glücklich sein Immer wieder rauschende Wasserspiele Die Sonne malt auf den Bergen Immer wieder läuft Wasser über die Straße, lässt sich aber auf ein, zwei Steinen bequem überqueren. Na, dieser ist aber jetzt etwas breiter. Und keine nutzbaren Steine in Sicht. Hilft nichts. Ohne nachzudenken krempel ich meine Hose hoch und gehe einfach durch. Wolltest du nicht…? Quatsch! Kein Getüddel so kurz vorm Ziel. Kurz danach eine zweite Furt. Durch da! Der Weg zieht sich die nächsten Hügel hinauf und um ihn herum. Hier müsste ich doch die Bothy sehen. Nichts. Also Karte und Handy raus und nachsehen. Die Bothy liegt circa 2 km hinter mir. Zurück? Noch mal durchs Wasser? Und morgen wieder? Nee! So schön kann die Bothy gar nicht sein. Ich entscheide mich, auch in dieser Nacht im Zelt zu schlafen und beginne, nach einem geeigneten Platz Ausschau zu halten. Kurz danach sehe ich eine vermeintlich ebene Fläche auf einem kleinen Hügel. Während ich den Platz noch begutachte, hält ein seltsames Gefährt mit acht dicken Reifen und zwei netten Schotten auf dem Weg und es beginnt der übliche Dialog nach dem woher und wohin. Sie bieten mir an, mich zur Bothy zu fahren. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sie mich morgen früh auch wieder abholen und an diese Stelle zurückbringen. Und da sind ja immer noch die zwei Furten und das ganze Stück bergauf, das ich gerade hinter mir habe. Nö, ich zelte lieber! Nicht alles, was sie mir erzählen, verstehe ich, aber immerhin so viel, dass ich in der Nähe der Straße bleiben soll. Habe ich sowieso vor. Später, als ich schon im Zelt liege und die Berge im Sonnenuntergang bestaunte, kommen sie noch einmal vorbei. Ein kurzer Gruß mit der Hand, ein zugerufenes "Good night!". Alles OK. Der Blick in die Berge ist atemberaubend. Zwischen den Hügeln ziehen die Wolken hindurch, nehmen langsam eine rötliche Färbung an, es regnet mal nicht wie sonst jeden Abend und ich bin genau da, wo ich in diesem Moment sein will. Blick aus dem Zelt Und dann schließt sich doch wieder eine nächtliche Rutschpartie auf meiner Matte an.
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Moin @schoguen, danke für das Lob. Du hast natürlich Recht, dass überflüssige Nahrungsmittel kein Müll sind. Ich habe auch lange darüber nachgedacht, was ich damit mache. Den beiden Mädels hatte ich das original verpackte Studentenfutter und das Reisgericht angeboten, aber sie wollten nicht. Dann habe ich duchaus überlegt, die Sachen in der Bothy zu lassen. Nüsse? Mäuse? Wie würde es nach ein paar Tagen aussehen? Und wenn es keinen Liebhaber findet, führt das dazu, dass die Leute, die sich um die Bothy kümmern, das entsorgen müssen. Und glaube mir, ich habe gutgemeinte Reste in Bothys gesehen, die sahen nicht mehr lecker aus. Meine Planung war einfach falsch. Das Risiko besteht, wenn man etwas zum ersten Mal macht. Und dann muss man auch mal mit schlechtem Gewissen Dinge tun, die man sonst nicht macht. LG bri
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13.9.2018, 20 km Etwa um 8 Uhr bin ich bei Sturm und Regen aufgewacht. Das fängt ja gut an! Mein Müll wird mir auch heute wieder an der Hand baumeln. Schuhe und Strümpfe sind so pitschnass wie gestern Abend. Und dann meldet sich mein Handy, dass der Akku fast leer sei. Also Powerbank ran. Auch leer. Bei dem wechselhaften Wetter habe ich mein Regencape immer an und deshalb keine Chance gehabt, die Powerbank mit den Solarzellen zu laden. Gibt es eigentlich nur Probleme oder bin ich zu blöd zum Wandern? Auf mein warmes Frühstück verzichte ich mal wieder. Zu windig. Zu nass. Und in der Bothy höre ich noch nichts und will die Mädels nicht wecken. Sie sind aber schon auf und gehen kurz vor mir in die Richtung, aus der ich gestern gekommen bin. Immerhin bin ich schon um 9 Uhr mit allem Getüdel fertig und laufe los. Der Weg ist klar und ich schone meinen Handy-Akku. Nur, dass ich auch mit Fotos sparsam sein muss, tut mir leid. An einer Stelle kann ich mich nicht beherrschen. Diese interessante Brücke muss ich einfach aufnehmen. Ich muss unbedingt einen Ort finden, an dem ich meine Akkus aufladen kann und meinen Müll loswerde. Mit diesen Gedanken trabe ich bis Balgowan. Dort sehe ich ein B&B mit Pferdeboxen und auf dem Hof eine Frau, die sich nicht schnell genug vor mir in Sicherheit bringt. Ich frage sie, ob ich Handy und Powerbank aufladen dürfte. Sie habe keine Zimmer frei. Nein, ich will kein Zimmer, nur mein Handy aufladen. Sie müsse gleich los und hätte keinen Raum … Ich mache ihr klar, dass ich nirgends rein wollte, nur laden. Ob sie vielleicht draußen eine Steckdose habe. Ihr Blick geht zum Pferdestall und ich habe gewonnen. Ich darf die Steckdose benutzen. Die Geräte klemme ich etwas hinter die Holzlatten, damit sie vor Regen geschützt sind. Und schon kommt der nächste heftige Schauer. Ich kauere mich mit meinem Rucksack unter mein Cape, mache mich so klein wie möglich und warte den Schauer ab. Vermutlich habe ich ziemliche Ähnlichkeit mit einem quietschblauen Pezziball. Nachdem der Schauer vorbei ist und ich mich wieder entfaltet habe, bietet mir eine nette Reiterin (die Tochter?) einen Tee oder Kaffee an. Dieser Engel bringt den Tee mit einem Keks-Riegel und erlaubt mir auch, meinen Müll zu entsorgen. Damit kann ich endlich wieder beide Trekkingstöcke benutzen und renne den Rest des Tages mit einem Dauergrinsen rum. Dann geht es bis abends auf Teerstraßen lang. Dadurch kann ich beim Laufen aber die Landschaft ausgiebig betrachten. Und sie ist es wert. Das Wetter ist auch erträglicher, die Sonne kommt ab und zu raus. Aber der Wind lässt kein Stück nach. Den Zeltplatz wähle ich mit Bedacht so, dass ein Wald vor Wind schützt. Ja, Äste wegräumen, ja, schräg liegen, aber kein Wind! Ich liege auf einem dicken Moospolster in meinem kuscheligen Schlafsack und wundere mich, dass ich auf dieser verlassen wirkenden Straße so viele Autos höre. Naja, wenn es dunkel ist, wird es wohl ruhiger werden. Und dann höre ich Stimmen. Zuerst denke ich, dass ich gerufen werde, aber es sind zwei Wanderer, die auf der Straße vorbei gehen. Und dann höre ich einen Schuss. Ich krabbele halb aus dem Zelt, soweit das mit Schlafsack geht, mache einen langen Hals und schaue die Straße entlang. Dort stehen die beiden Wanderer und unterhalten sich mit zwei Männern in grüner Kleidung. Hinter ihnen steht ein SUV mit Anhänger, auf dem sie ein seltsames Gefährt mit acht kleinen dicken Reifen transportieren. Die wollen doch wohl hier keine Jagd veranstalten? Ich will nicht alles wieder zusammenpacken und weiterziehen. Und wie weit muss ich dann? Nachdem die beiden Wanderer weitergehen dürfen, rufe ich zu einem der Männer, ob es O. K. sei, hier zu bleiben. Ja, wäre es. Heute ist eindeutig mein Glückstag!
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12.9.2018, 15 km Um acht Uhr wache ich auf und bin ziemlich ausgeschlafen. Ich gönne mir zum Frühstück einen Powerriegel, das Müsli krieg ich einfach nicht runter. Blöd. So wird mein Rucksack auch nicht leichter. Apropos Rucksack. Ich suche wieder Nadel und Faden zusammen (immer schön aufpassen, wo man die Nadel hinlegt!) und fange an, die Schultergurte anzunähen. Den Henkel lass ich hängen, auf den bin ich noch sauer. Außerdem müsste ich sonst durch den auch noch mit der Nadel durch. Es ist sehr mühsam, Stich für Stich, aber irgendwann habe ich den Bogen raus und die Gurte sind wieder fest. Ich hoffe, dass es hält. Dann durchforste ich meine Futtervorräte und entscheide, dass ich den Reis und zwei der drei Päckchen Nussmischung sowieso nicht essen werde. Die stopfe ich in den Packsack meines Zeltes, den ich nur für die Flüge benötige. Der Rest kommt wieder in den Rucksack. Während ich noch im Zelt beschäftigt bin, sehe ich eine Horde Menschen, große und kleine, die auf dem nahen Weg an mir vorbeiziehen. Sie tragen zusätzlich zu ihren kleinen Rucksäcken Helme, Gurte, lange Seile und andere seltsame Dinge. Hoffentlich gehen die nicht meine Route. Was kommt da auf mich zu? Auf Klettern bin ich nicht vorbereitet. Durch die morgendliche Handarbeitsstunde komme ich wieder erst um halb elf los. Aber ich habe jetzt ein besseres Gefühl und überlege nicht mehr ständig, wie man einen Rucksack mit nur einem Schultergurt trägt. Meinen Rucksack-Packsack trage ich in einer Hand und kann dadurch nur einen Trekkingstock benutzen. Muss gehen. Ist ja nur bis zum nächsten Mülleimer. Der Weg zieht sich zunächst den Creag Bheag hinauf, ein Fußpfad mit vielen Steinen, die ich als Stufen benutzen kann. Von oben habe ich mal wieder eine grandiose Aussicht. Irgendwann teilt sich der Pfad sich und die Kletterei findet offensichtlich auf der anderen Seite des Berges statt, an einem Weg, der NICHT meiner ist. Puh. Glück gehabt. Auf steinigem Weg geht es dann nach unten, wo der Weg schließlich auf schmalem Pfad durch niedrige Büsche am Loch Gynack entlangführt, bevor er wieder in eine breitere Schotterstraße übergeht. Das Wetter ist sonnig, ein paar Überraschungsgüsse können mir meine gute Laune nicht verderben. Auf dem Weg wachsen immer mal wieder seltsame orange Pilze. Auf einmal stehe ich vor einem großen Gatter, an dem ein Schild mit Informationen über das Moor, seine Pflanzen und Tiere angebracht ist. Hinter dem Tor wartet eine große Ebene auf mich, durch die sich der Schotterweg zieht. Es ist zu windig und zu regnerisch zum Fotografieren. Ich wandere durch das Moor bis zur anderen Seite des eingezäunten Gebietes. Vor dem Ausgangstor steht ein schöner hoher Halbkreis aus Steinen, in den eine Sitzbank aus flachen Steinplatten eingearbeitet ist. So einen Pausenplatz kann ich nicht ignorieren. Da hat sich jemand so viel Arbeit gemacht. Der wäre doch traurig, wenn ich achtlos daran vorbeigehen würde. Also breite ich mich und meine Sachen erstmal aus und genieße es wieder, mal nicht auf dem Boden zu sitzen. Einige Zeit später kommt ein Pärchen durch das nahe Gatter und setzt sich etwas entfernt auf einen Grashügel. Ich mache Platz und lade sie mit Winken auf die Bank ein, die bequemer ist als das Gras. Nein, sie wollten dortbleiben. Na gut. Sie holen dann etwas zu essen aus ihren Rucksäcken und ich staune, wie viele Klappen und Reißverschlüsse so ein Rucksack haben kann. Als es wieder anfängt zu regnen, ist es mit der Gemütlichkeit vorbei und ich verlasse das eingezäunte Moorgebiet. Der Weg zieht sich über eine offene Fläche bis zu einer Straße. Etwas später biege ich rechts ab und folge dem Wildcat-Trail, auf dem ich gefühlte 100 Tore durchquere. Am ersten steht die Information, dass es hier Wildschweine gibt und wie man sich verhalten soll. Der Pfad führt am Rand kleiner Waldstücke entlang und ist ganz gut zu gehen. Nach einer Linkskurve geht der Weg wieder in eine Teerstraße über, ich komme an ein paar Häusern vorbei und schließlich am Nordostrand von Newtonmore heraus, ohne Wildkatzen oder Wildschweine gesehen zu haben. Ist vielleicht auch gut so. Ich folge der Glenbanchor Road. Sie hat einen Namen und ist asphaltiert. Nach einer Weile sehe ich links eine Bank stehen. Mitten auf diesem grasbewachsenen Hügel hätte ich eher ein Schaf erwartet. Aber es ist eindeutig eine Bank. Und zwar eine mit einer tollen Aussicht. Aber nein. Meine letzte Pause ist noch nicht lange genug her. Ich will ja heute noch etwas Strecke schaffen. Also gehe ich weiter. 100 m weiter steht auf der linken Seite die nächste Bank und ein Stück weiter noch zwei. Da neben der zweiten Bank ein Fluss ist und meine Wasservorräte mal wieder zur Neige gehen, schicke ich meine Selbstdisziplin irgendwo hin, wo sie mich nicht weiter stören kann, lasse mich auf der Bank nieder und genieße den Blick über den Bogen des River Calder und die weite Aussicht übers Land. Allerdings ist es sehr windig, so dass ich es nicht lange aushalte, schnell noch meine Wasserflaschen auffülle und weitergehe. Zwei Minuten später sitze ich schon wieder auf einer Bank und mache noch zwei Fotos. Dann geht es aber wirklich weiter. Auf der Straße kommen immer mal wieder Autos vorbei, obwohl sich die Straße später als Sackgasse herausstellt. Irgendwann werde ich von hinten angehupt. Ich trete einen Schritt ist Gras und gebe die Straße frei. Ein netter älterer Schotte hält neben mir, dreht die Scheibe herunter und entschuldigt sich. Er habe mich nicht erschrecken wollen, aber ich habe sein Auto nicht gehört. Ich habe es wirklich nicht gehört, weil der Wind an meiner Regencape-Kapuze sehr laut ist. Nachdem ich ihn beruhigt habe, dass ich mich nicht erschreckt habe und alles in Ordnung sei, fährt er weiter. Danach gehe ich mit großen Ohren, die immer wieder nach hinten horchen, ob wohl ein Auto kommt. Nach einiger Zeit höre ich ein Geräusch, drehe mich um, sehe aber kein Auto. Die Straße ist leer. In dem Moment klingt es hinter mir, als würde in einem Abstand von 2 m ein Schnellzug vorbeibrausen. Jetzt erschrecke ich mich wirklich. Im Bruchteil einer Sekunde schießt mir durch den Kopf, dass hier gar keine Schienen sind, das Geräusch aber ganz real ist. Totale Irritation! Und dann schießt in gefühlten 20m Entfernung ein Starfighter über mich hinweg. Na, vielen Dank auch! Euch habe ich ja gar nicht vermisst! Die Straße zieht sich und endet schließlich mit einem Parkplatz am Allt a'Chaorainn. Der Parkplatz ist relativ voll, es scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein. Ein Pfad führt weiter, über eine Brücke, und dann durch einen Wald. So langsam verlieren sich die Spaziergänger mit Kinderwagen und Sandalen und mir kommen nur noch ein paar Wanderer entgegen. Ich nähere mich dem River Calder und gehe eine ganze Zeit durch offenes Gelände an ihm entlang. Ich will heute noch die Bothy Dalnashallag erreichen. Es ist sehr windig und seit ich den Wald verlassen habe, ließ sich noch kein windschützter Platz für eine Pause finden. Ich habe das Gefühl, dass ich heute noch nichts geschafft habe, dass es noch elend weit bis zur Bothy ist. Außerdem zerrt der Wind an meinen Nerven. Schließlich finde ich eine Mauer, deren Nutzen ich nicht erkennen kann, die mir aber wenigstens Windschutz bietet. Hier mache ich eine Pause und schaue auf die Karte. Na, da bin heute ja doch ganz gut vorwärtsgekommen. Und die Bothy ist auch nicht weit. Das schaffe ich noch! Wieder versöhnt mit mir und der Welt gehe ich weiter. Wind, Wind, Wind. Ist ja bald vorbei und dann sitzt Du in einer trockenen, warmen Bothy. Irgendwann kann ich das Gebäude in der Ferne sehen. Vorher muss ich aber noch durch einen Fluss. Als ich an der Stelle ankomme, ist es sehr unübersichtlich. Hier fließen zwei Flüsse in einen dritten, der sich auch noch geteilt hat. Oder sind es die Nebenflüsse, die mehrere Arme haben? Ich möchte nicht verkehrt gehen und heute noch einmal durch Wasser waten müssen (ja, lacht ruhig. Ihr habt ja recht!). Also suche ich die Stelle auf allen Apps, die mir zur Verfügung stehen, bis ich auf einer endlich erkennen kann, wo ich langgehen muss. Aber welcher Fluss ist welcher? Jetzt wird es mir zu dumm und ich suche mir einfach im ersten Fluss eine Stelle, an der ich furten kann. Super. Wieder kurz vorm Tagesabschluss nasse Füße. Aber heute macht das ja nichts. Ich kann ja gleich alles am Feuer trocknen. Zum Glück habe ich an der richtigen Stelle gefurtet und finde meinen Pfad wieder. Er ist matschig, schmal und ab und zu schon in den Fluss gefallen, so dass ich Bögen machen muss. Aber ich komme der Bothy näher. Teleskop-Augen melden: Kein Qualm aus dem Schornstein. Bin ich etwa allein dort? Ich freue mich und grinse so vor mich hin. Da ist es! Es wird langsam dämmrig, aber ich bin schon ganz nah dran. Kein Rauch. Klasse. Ersatzweise aber 50m vor der Bothy noch ein Fluss. Ein breiter. Ohne Brücke. Egal. Durch da. Das Wasser reicht mir wieder bis zur Wade. Aber gleich geht's ins Trockene. Ich gehe mit triefenden Füßen die letzten Meter zur Bothy hoch. Nass, erschöpft, die Bothy ist mein Schloss, mein Vier-Sterne-Hotel. Ich will die etwas schief in den Angeln hängende Tür öffnen, aber sie klemmt. Dann höre ich Stimmen von innen. Zwei Mädchen haben die Tür von innen verriegelt, weil der Wind sie immer aufstößt. Sie öffnen die Tür und ich trete ein. Ein düsterer Raum, zwei schmale Sofas, die die beiden mit ihren Schlafsäcken belegt haben, dazwischen etwa 30cm Platz. Vorne noch ein Tisch und am Ende der Kamin. Kein Feuer? Im Bothy-Buch hat jemand vermerkt, dass das Haus vollqualmt, der Schornstein wohl nicht in Ordnung sei. Macht nichts. Ich wollte sowieso draußen im Zelt schlafen. Und Wärme wird völlig überbewertet. Also fix wieder nach draußen, das Zelt aufgestellt, bevor der nächste Schauer kommt, Schuhe und Strümpfe klitschnass in die Abseite gestellt und schnell in den Schlafsack gemümmelt. Heute brauche ich gleich meinen Whisky, um warme Füße zu bekommen. Dann verbringe ich eine ziemlich laute Nacht mit Sturm und Schauern.
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11.9.2018, 18 km + 9 km getrampt Als ich morgens aufwache, ist draußen Sturm. Der Wind kommt natürlich genau auf den Waldrand zu, an dem ich liege. Mein Zelt habe ich auch nicht optimal zur Windrichtung aufgestellt. Gestern war von dieser Windstärke ja auch noch nichts zu ahnen. Aber es hilft nichts. Ich musst raus und meine Wasservorräte auffüllen. Es ist zwar nicht sehr weit zum Fluss, aber mit den Strandschuhen auf dickem Schotter nicht wirklich gut zu gehen. Als ich wieder am Zelt bin, hat der Sturm zwei Heringe rausgezogen, einen Trekkingstock weggedrückt und damit das Zelt halb zusammenfallen lassen. Das lässt sich aber schnell richten. Während des Frühstücks kommt die Sonne langsam durch. Allerdings leider auf der anderen Seite des Waldes. Das unangenehmste aber ist, dass die Tagesklamotten noch genauso nass vom Regen und Furten sind wie gestern Abend. Tief einatmen, Augen auf und rein. Dann packe ich schnell zusammen, setze vorsichtig den Rucksack auf, dessen zweiter Schultergurt inzwischen auch etwas eingerissen ist, kämpfe mit dem Wind um den richtigen Sitz meines Regencapes und laufe los. Mein Rucksack macht mir Sorgen. Was mache ich, wenn ein Schultergurt ganz ausreißt? Der Weg Richtung Bothy geht wieder durch Birkenwäldchen und durch zwei Wasserfälle, die große Aufmerksamkeit erfordern, weil ich genau schauen muss, auf welche Steine ich treten kann. Gut, dass ich das gestern Abend im Dunkeln nicht mehr probiert habe. Nach ca. einer halben Stunde komme ich zur Bothy. Es ist sehr gemütlich und supergut hergerichtet. Der Fußpfad führt durch herrliche Heidehügel, unter Kiefern hindurch und immer am River Feshie entlang, der momentan über mehr Geröll als Wasser verfügt. Blick zurück Ein Nebenfluss, über den ich rüber darf Irgendwann endet der Weg auf einer Straße. An dieser Stelle werde ich noch einmal eindringlich vor dem Weg gewarnt, den ich gerade gegangen bin. Das finde ich sehr nett, aber etwas spät. Ab jetzt folge ich der Straße durch einen Wald. Einen Linksabzweig vor drei kleinen Seen verpasse ich und laufe geradeaus weiter. Als ich es merke, nehme ich die nächste Abzweigung und komme auf der anderen Seite der Seen heraus. Hier sind Parkplätze, Informationstafeln, mehrere robuste Sitzgelegenheiten und sogar ein Grillplatz. Es sieht alles sehr gepflegt und einladend aus. Ich gehe weiter, bis ich wieder auf meinen eigentlichen Weg komme, muss kurz danach wieder abbiegen und den nächsten Berg erklimmen. Schon unterwegs habe ich immer mal wieder eine wunderschöne Aussicht. Ganz oben steht eine Bank, an der ich einfach nicht vorbeikomme. Es ist zu schön, mal nicht auf der Erde, sondern auf einer Bank mit Lehne sitzen zu können. Das Wetter ist freundlich, sogar die Sonne lässt sich ab und zu blicken. Und dann noch ein wunderschöner weiter Blick über die Landschaft. "Meine" Bank Ich esse etwas, entspanne mich und kann endlich in Ruhe über mein Rucksackproblem nachdenken. Irgendwie muss ich die Schultergurte wieder fest bekommen. Die Zitterpartie vor und nach jeder Pause macht mich kirre. Ich muss in Kingussie eine Lösung finden. Wenn ich aber bis dorthin weiterlaufe, wird es Abend sein und ich werde nicht mehr viel erreichen. Also entschließe ich mich nach einem Blick auf die Karte, noch bis zur nächsten Straße zu gehen und von dort aus nach Kingussie zu trampen. Dort will ich mir ein Zimmer nehmen, in dem ich meine Sachen lassen kann, und dann versuchen, einen Schuster zu finden, der mir die Gurte wieder annäht. Mit diesem Plan trenne ich mich fröhlich von meinem Aussichtspunkt und laufe durch den Wald Richtung Straße. Auf der Straße wandere ich dann in Richtung Kingussie und habe die Ohren nach hinten gestellt, um potentielle Mitfahrgelegenheiten möglichst früh wahrzunehmen. Die Straße ist ziemlich ausgestorben. Irgendwann kommt dann doch das erste Auto und hält auch sofort an. Die nette Dame erklärt sich bereit, mich mitzunehmen. Sie ist offensichtlich auch auf Urlaubsreise und hat die Zeit, unterwegs anzuhalten, damit wir noch einen Blick auf Ruthven Barracks, eine Kaserne aus dem frühen 18. Jahrhundert, werfen können. Ein Stück weiter stehen auf einer Weide direkt an der Straße neben anderen Rindern auch die beeindruckenden Highland Cattles. Die muss ich mir unbedingt ansehen. In Kingussie lasse ich mich dann absetzen und gehe hoffnungsvoll in einen Pub. An der Tür steht nicht nur "Hiker welcome", sondern auch der Hinweis, dass sie Zimmer vermieten würden. Leider bauen sie aber gerade um und haben nichts zu vermieten. Die nette Frau schickt mich dann zum Fish and Chips Laden, der hat aber auch nichts. Nach der vierten Absage fängt es auch noch an zu regnen und ich gehe erstmal wieder in den ersten Pub und trinke ein Bier. Mit Übernachtung in einem weichen Bett wird das wohl heute nichts. Nicht unterkriegen lassen. Es gibt immer eine Lösung. Ich beschließe, mir Zwirn und Nähnadeln zu kaufen, was mir im dritten Laden auch gelingt. Falls mal jemand dasselbe braucht, geht in einen paper shop! Dann wandere ich weiter auf meiner Route aus Kingussi hinaus. Nach circa 1,5 km finde ich in einem Wald einen Platz für mein Zelt. Es ist etwas eng zwischen den Bäumen, aber es muss gehen. Das Wasser ist wieder mal knapp, durch die Tüdelei in Kingussi habe ich auch vergessen, dort meinen Müll zu entsorgen, also schleppe ich ihn noch etwas weiter mit. Nachdem ich mein Zelt aufgestellt und mich eingerichtet habe, mache ich mich daran, meinen Rucksack zu nähen. Das ist sehr mühsam. Auf einmal bekomme ich einen solchen Schüttelfrost, dass gar nichts mehr geht. Ich treffe mit der Nadel kaum noch den Rucksack, geschweige denn die Stelle, an der ich reinstechen will. Bevor es zu Selbstverstümmelung kommt, verkrieche ich mich in meinen Schlafsack und zittere mich in den Schlaf. Selbst auf meinen abendlichen Whisky verzichte ich, weil ich Angst habe, ihn zu verschütten. Nachts um zwölf wache ich auf und kann nicht wieder einschlafen. So viel geht mir im Kopf rum. Weiterlaufen? Abbrechen? Mir wird jetzt immerhin klar, dass ich zu viel zu essen habe. Besser gesagt: Ich esse viel weniger als geplant. Deshalb wird das Rucksackgewicht auch nicht weniger. Warum habe ich in Kingussie nicht einen Teil entsorgt, als ich vor dem riesengroßen leeren Mülleimer stand? Na, weil ich auf Zimmersuche war. O.K. Mädel, lös das Problem. Zurück nach Kingussie? Nee, aber einen Teil auslagern. Der Rucksack muss leichter werden. Irgendwann schlafe ich wieder ein, aber insgesamt ist es eine ziemlich unruhige Nacht.
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10.9.2018, 18 km Morgens wache ich bei Regen und Wind auf. Das weckt in mir nicht wirklich die Lust, aus meinem warmen Schlafsack zu krabbeln. Deshalb trödele ich erst mal rum und komme erst gegen halb elf los. Es ist sehr windig, aber der Regen hat netterweise aufgehört. Mein Zelt im Wind Nach einem Linksknick des Weges ist vom Wind kaum noch etwas zu spüren und sogar die Sonne lässt sich blicken. Die Strecke am Geldie Burn entlang ist toll zu gehen. Ein Trampelpfad schlängelt sich zwischen Heidesträuchern am Berg entlang durch ein enges Tal. Langsam wird das Tal breiter und gibt dem Fluss Platz, in wilden Kurven durch frisches Grün zu mäandern. Ab und zu muss ich kleine Aufgaben bewältigen, wenn Nebenflüsse aus dem Berg direkt über meinen Weg fließen. Meistens finde ich genügend Steine und kann ein Fußbad vermeiden. Meistens … Auf schmalem Pfad am Geldie Burn entlang Kleine Aufgaben, damit es nicht langweilig wird Meist problemlos lösbar In der Ferne kann man schon ahnen, dass Tal bald endet Das Tal wird breiter und der Weg nasser Das Gras wird grüner und der Fluss nutzt den Platz, den er bekommen kann. Am frühen Nachmittag ist die Sonne offensichtlich der Meinung, sie hätte mich jetzt lange genug begleitet und tritt wieder vornehm hinter den Wolken zurück. Mein Weg stimmt nicht mit den geladenen GPS-Daten überein. Der eigentliche Weg führt auf der anderen Seite des Flusses entlang. Es ist mir aber egal, die Richtung stimmt. Das führt allerdings dazu, dass ich den Geldie Burn in der Nähe der Geldie Lodge überqueren muss. Der Fluss ist etwas breiter als die, die bisher meinen Weg kreuzten. Hier muss ich einige Zeit suchen, bis ich mich für eine Möglichkeit entscheide. Ich nehme den langen Weg im Fluss entlang, weil ich hier möglichst lange auf Steinen in relativ flachem Wasser gehen kann. Am Ende muss ich dann doch noch ein Stück mit starker Strömung überwinden. Hochkonzentriert, sehr langsam und mit Hilfe meiner Wanderstöcke komme ich - zwar mit nassen Füßen - aber unfallfrei auf der anderen Seite an und bin ein bisschen stolz, diese hochgefährliche Hürde bewältigt zu haben. Also, äh - hochgefährlich im Verhältnis zu dem, was ich bisher in meinem Leben überwinden musste. Gegenüber geht mein Weg weiter Diesen "Steinweg" habe ich mir ausgesucht Wieder auf meinem Weg Leider setzen ab jetzt wieder Wind und Regen ein. Schräg von vorne peitscht es unangenehm ins Gesicht, so dass ich nur ab und zu den Kopf hebe und die Landschaft nicht so würdigen kann, wie sie es verdient hat. Langsam folge ich dem Weg bergauf. An einer Stelle ist der Blick auf die andere Talseite sehr interessant. Dort kommen der Geldie Burn und der River Feshie parallel den gegenüberliegenden Berg herab. Nahezu auf gleicher Höhe biegt der Geldie Burn nach links und der River Feshie nach rechts ab. Leider lassen das Wetter und meine klammen Finger kein Foto zu. Schließlich erreiche ich die Eidart Falls. Hier darf ich eine Brücke benutzen, um auf die andere Seite zu kommen. Längeres Stehenbleiben ist leider nicht drin, weil es erstens kalt und zweitens schon spät ist. So mache ich nur zwei Bilder und gehe schnell weiter, weil ich noch die Ruigh-aiteachain bothy erreichen will. River Feshie Die Brücke über die Eidart Falls Die Eidart Falls Ich eile weiter, aber der Weg zieht sich. Das ist wohl die Strafe für den späten Start heute Morgen. Durch das schlechte Wetter wird es früher dämmrig als erwartet. Ich schaue auf die Füße und gehe zügig voran. Der Pfad führt jetzt durch ein Birkenwäldchen und ist fast zugewachsen, was dazu führt, dass alles, was an mir noch trocken war, jetzt auch vor Nässe trieft. Naja, viel war es ja nicht. Auf einmal stehe ich vor einer Weggabelung. Ich kann mich nicht erinnern, diese auf der Karte gesehen zu haben. Intuitiv gehe ich nach links, nur um kurze Zeit später in einem steinigen Flussbett zu landen. Das Wasser fließt auf der anderen Seite entlang. Auf den Steinen kann ich keinen Weg erkennen. Auf gut Glück weitergehen? Und wenn es falsch ist? Bevor es ganz dunkel ist, muss ich noch die Bothy erreichen oder einen geeigneten Zeltplatz finden. Und viel Zeit ist nicht mehr. Zumindest nicht genug Zeit, um sich noch mal eben zu verlaufen. Ich hole das zusammengefaltete Papier mit dem aktuellen Kartenabschnitt aus der Jackentasche, kann es aber nicht auseinanderfalten, weil es völlig durchweicht ist. Also Handy an. Und jetzt mache ich eine neue Erfahrung: Meine Hände sind so nass und aufgeweicht, dass ich mein Handy nicht anbekomme. Es reagiert weder auf Fingerabdruck noch auf das Eintippen des Zahlencodes. Ich versuche, meine Hände trockener zu bekommen, indem ich sie an den am wenigsten feuchten Kleidungsstücken abwische, aber das Handy verweigert die Mitarbeit. Und die Zeit vergeht. Und es wird dunkler. Dann versuche ich, die nötigen Erkenntnisse aus meinem Garmin zu ziehen, auf das ich auch die GPS-Daten geladen hatte. Es verfügt aber nicht über eine Kartenanzeige. Mit den drei Linien, die es mir anzeigt, kann ich gar nichts anfangen. Da es mir zu riskant ist, jetzt noch weiter zu gehen, schaue ich mich nach einem geeigneten Platz für mein Zelt um und finde ihn in der Nähe am Rand eines Waldes. Das weiche Moos sieht sehr einladend aus, jedenfalls, soweit ich es noch erkennen kann. In dieser Nacht schlafe ich ziemlich gut.
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9.9.2018, 27 km Um circa 7 Uhr wache ich auf und mache erst einmal meinen morgendlichen Gang. Das führt zu kalten Füßen, die unbedingt zurück in den warmen Schlafsack wollen. Da ich ihnen noch einiges abverlangen werde, tue ich ihnen den Gefallen. Jetzt fängt es auch noch an zu regnen. Ich schlummere wieder ein. Als ich wieder wach werde, regnet es immer noch. In der Hoffnung, dass ich mein Zelt in einer Regenpause einpacken kann, trödele ich etwas rum. Das klappt auch. Allerdings muss mein Frühstück wegen Wassermangel ausfallen. Bei strahlendem Sonnenschein macht ich mich um halb zehn auf den Weg, immer noch am River Tilt entlang. Zunächst lange, lange Zeit auf einer Schotterstraße. Hier kommen mir einige Wanderer, Mountainbiker und vereinzelt Autos entgegen. Irgendwann geht der Schotterweg abrupt in einen Fußpfad über. Der River Tilt beeindruckt durch den Wechsel von aufgeregten Stromschnellen in felsigem Gebiet und dann wieder leise säuselndes ruhiges Dahinfließen an breiten Passagen. Ich hatte geplant, mir an den Falls of Tarf einen Übernachtungsplatz suchen, aber dort ist es zu windig. Also gehe ich noch etwas weiter. Das Wetter überrascht mich so schnell mit einem heftigen Regenschauer, dass ich mein Cape nicht schnell genug überziehen kann und mich ersatzweise mit meinem Rucksack einfach in einer windgeschützten Nische darunter verkrieche. Für den Rest des Tages wechselt Sonne mit kurzen Regenschauern ab. Dafür werde ich mit drei Regenbögen verwöhnt. River Tilt Wildnis River Tilt Regenbogen Brücke bei Falls of Tarf Brücke bei Falls of Tarf Falls of Tarf Schon um viertel vor fünf baue ich mein Zelt auf, weil ich einen schönen Platz gefunden habe. Auf den nächsten Kilometern werde ich vermutlich keine geeignete Stelle mehr finden. Beim Aufbau ist es zwar windig, aber trocken. Mein Zeltplatz Ich habe keine Lust, mir etwas zu kochen. Ich habe auch keinen großen Hunger. Also wieder etwas Schokolade. Ist das normal? Ich muss mein Essen in den Griff bekommen.
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Scottish National Trail Part II 8.9.2018, 16 km Morgens um 6:20 Uhr geht der Flug von Hamburg nach Edinburgh. D. h. um 2 Uhr aufstehen, um 3 Uhr losfahren. Ich habe so eine Angst, zu verschlafen, dass ich gefühlte Stunden lang gar nicht einschlafen kann. Und währenddessen noch mehr Angst bekomme, zu verschlafen. Es geht aber alles gut, ich verschlafe nicht. Frühstücken geht überraschenderweise zu dieser Zeit auch schon. Und ein ordentlicher Kaffee muss sein. Kurz nach 3 Uhr fahre ich los. Park & Fly bringt mich zum Flughafen, keine Diskussionen an der Security über meinen Rucksack, den ich als Handgepäck mitnehme. Der Flieger startet pünktlich. Es klappt bis jetzt alles. Um 7:45 Uhr Ortszeit stehe ich in Edinburgh vor dem Flughafen. Das Restgeld aus dem letzten Urlaub reicht gerade für die Busfahrt zum Bahnhof. Am Automaten hole ich mir erst einmal Geld und suche dann die Post, um mein Päckchen mit dem Messer und den Heringen abzuholen. Die Post öffnet erst um 9 Uhr, also gönne ich mir erstmal ein zweites Frühstück. Panini mit Thunfisch hatte ich morgens um halb neun auch noch nicht. Geht aber. Mein Päckchen liegt wirklich bei der Post, was das Zelt aufstellen in den nächsten Tagen wesentlich vereinfachen wird. Fahrkarte nach Pitlochry gekauft. Klappt. Umsteigen in Sterling. Klappt. Mann Mann, das ist ein Urlaubsbeginn! Kurz bevor der Zug in Pitlochry einfährt, ziehe ich den Rucksack zwischen den Sitzen heraus und prompt reißt der Henkel. Dadurch ist leider die Naht, mit der der eine Schultergurt festgenäht ist, nicht mehr vollständig. Klasse! Das schon auf der Hinfahrt. Ankunft in Pitlochry In Pitlochry kaufe ich Spiritus für meinen Kocher, die Mitarbeiterin und ich finden eine 500ml-Flasche im Regal. Warum habe ich eigentlich meine leere, gründlich gelüftete und schön beschriftete 300 ml Flasche von zu Hause mitgenommen? Weil es so ein Spaß macht, leere Flaschen durch Schottland zu schleppen. In Pitlochry ist an diesem Samstag eine Menge los. Im Ortszentrum sind Musiker und alle möglichen Stände. Einer gefällt mir besonders gut. An ihm wird eine Umfrage durchgeführt, an der alle teilnehmen können. Ich liebe sie, die Schotten! Ich suche lange nch einem vernünftigen Supermarkt, finde aber keinen. Um 13 Uhr komme ich dann endlich aus Pitlochry raus. Leider habe ich immer noch keine Wasservorräte und auch zusätzliches Essen fehlt mir noch. Naja, ist der Rucksack wenigstens etwas leichter. Kurz hinter dem Ort führt der Weg an einem See vorbei, an dem man Boote mieten kann. Ein idyllisches Plätzchen Das Schönste ist der kleine Imbiss am Bootssteg. Hier kann ich endlich meine Wasserflaschen kaufen. Hust. 1£ für 500 ml Wasser. Na gut. Ich lege lächelnd 2£ auf den Tresen und mache den Flaschen klar, dass ich für den Preis von ihnen ein langes Durchhaltevermögen erwarte. Jetzt geht es auf einem wunderschönen Waldpfad am River Tummel langsam bergauf, dann am River Gerry bis Kilicrankie. Immer mal wieder kann ich durch die Bäume einen Blick auf Seen werfen. Oder sind nur breitere Flussstellen? Auf jeden Fall ist dort einiges los. Ein Samstag bei schönem Wetter zieht die Familien in dieses offensichtliche Naherholungsgebiet. Die Leute sind aber weit weg, mir begegnen nur wenige Spaziergänger. Ich sehe meinen ersten Wasserfall durch das Laub der Bäume. Ein schöner Weg zum Warmlaufen See oder breiter Fluss? Schmaler Waldpfad bei schönem Wetter Mein erster Wasserfall auf dieser Tour Auf einmal höre ich einen gellenden Schrei. Was war das? Mein Hirn läuft zu Höchsttouren auf, kann mir aber trotzdem keine Erklärung liefern. Sollte ich irgendeine Gefahr auf meinem geplanten Weg übersehen haben? Sicherlich. Aber hier schon? Nach zwei weiteren Kurven löst sich das Rätsel, als ich eine Frau an einem langen Seil von einer hohen Brücke baumeln sehe. Nein - nicht so! Sie hatte Gurte um und wurde gerade wieder hochgezogen. Puh. Sowas wie Bungee Jumping. Also nur selbstgemachte Leiden. Der Weg führt kurze Zeit später an einer weiteren Brücke vorbei, von der aus ich die "Springer-Brücke" noch einmal sehen kann. Die ist ganz schön hoch. Naja, wer's braucht … Auch eine Art von Freizeitvergnügen Von der Brücke springen die runter. Ich glaube, sogar freiwillig! Der River Garry zur anderen Seite Ich gehe weiter am River Garry entlang. Auf einmal taucht rechts neben dem Weg eine sehr hohe gemauerte Steinwand auf. Dann Lücke und dann noch eine. Sehr hoch über mir sind sie mit Bögen verbunden. Etwas später lese ich auf einem Schild, dass es sich um ein Eisenbahn-Viadukt von 1863 handelt. Aber lest selbst. Der Weg führt jetzt weiter aufwärts und ich kann die Brücke in einer Kurve noch einmal von oben sehen. Und darüber erkenne ich dann auch die Straße. Killiecrankie hat nur ein paar Häuser aufzuweisen und ich bin schnell wieder aus dem Ort draußen. Zur Abwechslung geht es jetzt mal auf der anderen Seite am River Garry entlang, allerdings auf einer Teerstraße. Ich habe den Eindruck, dass der Fluss hinter jeder Biegung anders aussieht und bin fasziniert. Auch die alten Brücken haben es mir angetan. Kurz vor Blair Atholl wechsele ich wieder auf die andere Seite des Flusses. In Blair Atholl finde ich noch einen ganz kleinen Laden, in dem ich die noch fehlende Schokolade und zwei Reisgerichte einkaufe. Am Ende des Ortes komme ich an einem Campingplatz vorbei und überlege, ob ich dort schlafen soll. Aber ich habe mich doch so auf die "Wildnis" gefreut. Da werde ich doch nicht gleich die erste Nacht auf einem Campingplatz verbringen. Außerdem will ich heute noch ein Stück weiterkommen. Also biege ich hinter dem Campingplatz auf einen weichen Tannennadelweg ab. Der Campingplatz kommt mir sehr groß vor, ich gehe sehr lange zwischen seinem Zaun auf der linken Seite und dem River Tilt auf der rechten Seite entlang. Irgendwann ist der Campingplatz zu Ende und wird von Wald abgelöst. Der Weg führt merklich in die Höhe und ein Schild warnt mich vor steilen Stellen. Da ich weder Kind noch Hund bin und auch von keinem Fahrrad absteigen muss, fühle ich mich nicht angesprochen und gehe einfach weiter. Irgendwann komme ich dann wieder auf eine Asphaltstraße. Inzwischen bin ich ziemlich erschöpft. Schließlich bin ich inklusive Anfahrt von zuhause seit mehr als 16 Stunden unterwegs und habe seit Pitlochry schon ca. 16 km erwandert. Mein neuer Rucksack macht mir auch noch etwas Schwierigkeiten. Er sucht meine Hüfte. Da kann ich ihm auch nicht helfen, ich suche sie schon seit Jahren. Und das Gewicht bin ich auch noch nicht wieder gewohnt. Den nicht mehr ganz festen Schultergurt versuche ich zu schonen, was dazu führt, dass ich den Rucksack von der anderen Seite als gewohnt auf und absetzen muss. Macht die Sache auch nicht einfacher. In einer Ausbuchtung am Weg finde ich einen ebenen Platz und beschließe, hier meine erste Nacht zu verbringen. Nachdem ich mein Zelt aufgebaut, mein ganzes Gerödel sortiert und eine OK-Nachricht nach Hause geschickt habe, falle ich sofort in einen kurzen Schlummer. Ich muss mich mühsam aufraffen, mich zu waschen und Zähne zu putzen. Zur Belohnung gibt's jetzt noch einen Whisky, der eine wohlige Wärme bis in die Füße schickt. Diesen Tag habe ich mit trockenen Schuhen und Strümpfen beendet. Ich weiß aber noch nicht, dass das bemerkenswert ist.
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Planung Teil 2 Im September will ich den nächsten Abschnitt in Angriff nehmen. Diesmal von Anfang an allein, beginnend mit dem Hinflug. Mir ist klar, dass der nächste Teil etwas anstrengender wird. Und ich plane und plane und plane. Ich muss vernünftig essen: Also ziehe ich mir alles hier im Forum rein, was damit zu tun hat. Nein, kochen werde ich nicht, das muss auch anders gehen. Ich mixe mir Müsli zusammen, schön in Tagesportionen, mische Milchpulver und Kakaobutter darunter, optimiere Gewicht und Kalorienmenge. Ich kaufe Powerriegel in Mengen, weil mir die gut schmecken. ... Ich muss die Strecken planen: Also mache ich mir eine Kilometerliste, schreibe dazu, wo Orte sind, was es in diesen Orten gibt, wieviele Tage ich bei wieviel Tageskilometern von einem Ort zum nächsten benötige, wo das Gelände auf den Satellitenbildern nach Übernachtungsmöglichkeiten aussieht, usw., (das Lesen von Höhenlinien werde ich dann unterwegs lernen) Ich stelle mir eine eigene Karte zusammen und drucke meine Route im DIN A5-Format, aus Gewichtsgründen beidseitig natürlich. Die abgelaufenen Seiten werde ich jeweils wegwerfen. (Später werde ich abends im Zelt liegen, mir die Kartenausschnitte für den nächsten Tag ansehen und mich fragen, warum ich mehrere Seiten gedruckt habe, auf denen jeweils derselbe lange gerade Weg abgebildet ist, jeweils ein Stück weiter.) Es macht sehr viel Spaß. Als ich starte, habe ich das Gefühl, super vorbereitet zu sein. Und dann beginnt die Realität.
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Fazit des ersten Teils: Ich bin absolut angefixt und werden weitermachen. Auf der Strecke in den Bergen ist irgendetwas mit mir passiert, was nicht mehr umkehrbar ist. Noch ein paar Gedanken zu meiner Packliste: Rucksack Golite Jam Ich habe ihn hier im Forum gebraucht gekauft, d. h., er hatte schon einiges an Berufserfahrung. Wir sind gut miteinander klar gekommen. Zelt SMD Skyscape Trekker Den großen Vorteil des Zeltes, alles wegklappen zu können und nur unterm Netz zu liegen, konnte es in Schottland erwartungsgemäß nicht ausspielen. Aber es gehört eindeutig zu meinen Lieblingsstücken. Isomatte NeoAir Xtherm Tja, was soll ich sagen. Beim Probeliegen im Garten vor dem Urlaub knallte es ab und zu, ohne, dass ich ein Loch finden konnte. Ich hielt es dann für irgendwelche produktionsbedingten Kunststoffreste im Innern der Matte, die lautstark rissen. Am zweiten Tag im Urlaub knallte es wieder. Das Ergebnis seht ihr auf dem Bild. Die gleiche Matte von S. machte keine Probleme. Leider konnte ich dadurch nur den unteren Teil der Matte benutzen, weil das "Kopfkissen" viel zu stramm und zu dick wurde. Ich habe die Matte eingeschickt. Uns wurde der Kaufpris erstattet. Kopfkissen Decathlon Halb aufgepustet sehr bequem. Als Seitenschläferin brauche ich das einfach. Schlafsack Cumulus 300 Mir war manchmal etwas kalt. Ich bin aber noch nicht sicher, ob es am Schlafsack liegt oder daran, dass ich noch nicht die richtigen Klamotten für die Nacht angezogen hatte. Trailrunner Merrell ALL OUT TERRA TRAIL Die habe ich sehr geliebt. Bequem und leicht. Besonders praktisch empfand ich die eingesetzte Gamasche. Dass ich zum Ende des Urlaubs Probleme mit dem rechten Fuß bekam, führe ich darauf zurück, dass ich das Profil inzwischen an einigen Stellen komplett runtergelaufen hatte. Kam das von den vielen Teer- und Schotterwegen? Keine Ahnung. Aber sie landeten nach dem Urlaub mit großem Bedauern in der Tonne. Wieso gibt es solche eigentlich nicht mehr? JACKSHIBO Wasserschuhe Reichten aus, wenn ich raus musste und nicht in die Trailrunner steigen wollte. Länger gehen würde ich nicht mit ihnen. Dazu ist die Sohle zu dünn. Aber man kann schnell reinschlüpfen. Außen am Rucksack sind sie auch gut getrocknet, wenn es nicht gerade schüttete. Wanderhose Decathlon Zipp Off Auch in diesem Urlaub scheuerte die Hose im Schritt mit allen schmerzhaften Folgen, die man sich vorstellen kann. Lidl Damen Thermo-Lightweightjacke Habe ich teilweise in den Pausen und immer zum Schlafen angehabt. Hat den Rücken schön warmgehalten und die Kapuze war sehr angenehm. Kapuzenpullover (Decathlon) Der gehörte zu meinem Tages-Outfit. Die Kapuze ist für mich sehr wichtig, weil ich kaum Eigenes auf dem Kopf habe, was wärmt. Er ist von Decathlon, aber die genaue Beschreibung kann ich nicht mehr feststellen, weil die ihren Shop komplett umgestellt haben und in der Bestellhistorie alle Bilder flöten gegangen sind. Schade eigentlich. Regencape (3F UL GEAR) Das war OK, ging gut über den Rucksack. Nur die Arme werden eben nass. Trekkingstöcke Distanz Carbon FLZ Ich liebe sie. Kopfnetz und Hut Habe ich nur einmal abends kurz benötigt. Bin dann aber lieber ins Zelt gekrabbelt. Zum Laufen vermutlich OK.
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18.5.2018, 5 km Mein letzter Wandertag in diesem Urlaub bricht an. Erstes Aufwachen um halb sechs. Durch diffuse Wolken lässt sich wieder die Sonne erahnen. Danke! Wie immer schlafe ich noch einmal ein und wache um acht Uhr auf. Es ist warm im Zelt. Da kein Wasser für Kaffee da ist, gönne ich mir nur ein kurzes Frühstück und breche um viertel nach neun auf. Etwa eine Stunde wandere ich langsam aufwärts auf dem gut ausgeschilderten Weg. Es ist ein schmaler Fußpfad, teilweise führt er durch enge Stechginsterhecken. Und immer wieder kann ich die wundervolle Aussicht auf das ganze Tal mit Aberfeldy genießen. Blick zurück ins Tal von Aberfeldy An der höchsten Stelle habe ich dann nicht den ersehnten Blick auf das nächste Tal, sondern ein Wald. Der Weg durch den Wald ist schön, aber ohne Weitsicht. Gefallene Riesen, die Ballen haben mehr als 3m Durchmesser Im Wald, aber ohne Weitsicht Da ich nicht mit Handy navigiere, fällt mir auch nicht auf, dass der ausgeschilderte Weg nicht am See vorbeiführt. Es geht rapide bergab, meistens auf einem schmalen Fußpfad. Und immer noch erwarte ich den See. Auf einmal sehe ich Pitlochry vor mir. Viel zu früh. Und ungewaschen! Also mache ich erstmal Pause, überlege und esse meinen letzten Keks. Dann beschließe ich, weiterzugehen. Nach meinen Erfahrungen der letzten Tage ergibt sich immer irgendwie eine Lösung. Pitlochry in Sicht Hinter der hübschen Fußgängerbrücke über den River Tumel sehe ich eine große Wiese, die sich als Sport- und Freizeitplatz herausstellt. Am River Tumel stehen Angler. Na, da ist mein Problem doch schon gelöst. Ich wasche einige Sachen mit dem Wasser aus dem Fluss, gehe dann zum Sportplatz hoch und suche mir gegen halb elf einen abgelegenen Platz auf der Wiese. Dort breite ich mein Zelt und meine gewaschenen Klamotten zum Trocknen aus, koche mir einen Kaffee, entsorge meine löcherigen Socken und meinen Müll und liege dann einfach in der Sonne und relaxe. Mit meiner Familie, die noch S. abholen wollte und nicht wusste, wann sie in Pitlochry sein würde, hatte ich abgemacht, dass sie sich Zeit lassen sollten. Vor 14 Uhr wäre ich auf keinen Fall in Pitlochry. Also habe ich Zeit ohne Ende. Gegen zwei Uhr packe ich langsam meine Sachen zusammen und trödele in den Ort. Von dort rufe ich meine Schwester an, um ihr zu sagen, dass ich in Pitlochry wäre und einen Treffpunkt abzumachen. Sie sind auch schon im Ort und sitzen auf der Terrasse eines Restaurants. Später beim Bier stellt sich heraus, dass sie auch schon seit halb elf hier sind und auf mich gewartet haben. Lustig. Aber keiner hat gelitten. Angekommen und Ende Teil 1.
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17.5.2018, 25 km Als ich um circa sieben Uhr wach werde, lugt die Sonne schon wieder hinter den Bergen hervor. Nach einem gemütlichen Frühstück mit Kaffee gehe ich um kurz nach neun los. Der Weg zieht sich mehrere Kilometer bergauf und die Sicht über das ganze Tal mit dem Loch Freuchie wird immer schöner. Kurz vorm Aufbruch Blick zurück auf den Loch Freuchie Endlich ein Bild von meinem Moorhuhn Nachdem ich von ganz oben noch ein Foto gemacht habe, folge ich der Straße mit wenig auf und ab zwischen den Hügeln entlang. Wieder viel Teer und viel Schotter. Und wieder die grandiose Landschaft. Auf den hohen Bergen kann man noch Schneefelder sehen. Überraschenderweise taucht auf einmal wieder ein Rob-Roy-Way-Schild auf, das nach rechts auf einen schmalen Pfad in den Wald weist. Schön, endlich vom Schotter runter. Die weitere Route verläuft durch ein kleines Wäldchen und ist sehr angenehm zu gehen. Und dann kommt eine Brücke, die über einen Wasserfall führt. Auf der anderen Seite zieht sich der Pfad am Fluss hinunter. Hinter der ersten Biegung ist ein kleiner Platz mit einem Schild. Von hier aus kann man den Wasserfall noch einmal gut sehen. Nachdem ich das Schild gelesen habe, ist mir klar, dass ich bei den Birks of Aberfeldy angekommen bin. Das ist eine tolle Überraschung, weil ich nicht auf dem Plan hatte, dass ich hier vorbeikommen würde. Weiter geht der Weg, teilweise Stufen, und immer wieder stürzt sich ein Wasserfall nach dem anderen in die Schlucht. Die Sonne scheint durch die lichten Blätter, bringt das Moos zum Glühen und das Wasser zum Glitzern. Grandios. Unterwegs gibt es eine kleine Höhle, in der Robert Burns gesessen haben soll und unten finde ich ihn dann auf einer Bank mit einem Buch in der Hand. Ich setze mich daneben und wir verbringen eine ganze Zeit mit unterhaltsamem Schweigen. Der Monness Burn von der Brücke aus Monness Falls von der Brücke aus Monness Falls bei den Birks of Aberfeldy Hier hab' ich's kapiert Jede Menge Wasserfälle In dieser Höhle soll Robert Burns zum Text "The Birks of Aberfeldy" inspiriert worden sein Robert auf der Bank Mit ihm kann man gut schweigen Kurze Zeit später erreiche ich das Zentrum von Aberfeldy, suche mir ein Restaurant, bei dem ich draußen sitzen kann. Mein Handy hängt an der Ladestation, ich habe ein Bier vor der Nase, warte aufs Essen und heule vor Glück. Und Monate später, während ich dieses schreibe … Wartet mal eben. Wo ist eigentlich mein Taschentuch… Nach dem Essen und ein paar ergebnislosen Versuchen, meinen Mann anzurufen, laufe ich dann wieder los. Ich will noch aus dem Ort raus und mir dann einen Schlafplatz suchen. Schließlich erreiche ich meine Schwester und bespreche mit ihr den morgigen Tag, an dem ich in Pilochry ankommen werde. Dort wollen wir uns dann alle wieder treffen. Auf einem Footpath, zunächst neben der Straße, geht es 8 km bis Grandtully. Dabei komme ich an der Dewar's Aberfeldy Distillery vorbei, es ist aber zu spät, um dort noch hineinzuschauen. Aber warum ist gegenüber der Destillerie ein Friedhof? So schlecht ist der Whisky doch gar nicht! Die Destillerie Und der Friedhof gegenüber. Ich achte leider nicht darauf, ob die Menschen besonders alt geworden sind. Der Weg nach Grandtully Der Weg ist wunderschön, immer am River Tay entlang. Hinter Grandtully will ich mir einen Platz zum Übernachten suchen. Den Campingplatz am Eingang des Ortes ignoriere ich nach kurzer Überlegung. In Grandtully führt eine Brücke über den River Tay und ein Stück weiter ist ein Footpath nach Pitlochry ausgeschildert. Na bitte. Geht doch. Der Beginn meiner letzten Etappe Den schmalen Weg musste ich aber noch ein ganzes Stück bergauf gehen, bevor ich einen geeigneten Platz finde. Ich hätte gerne Wasser gehabt. Neben mir höre ich einen Fluss rauschen. Aber leider kein Rankommen. Entweder zu tief oder eingezäunt. Schade. Insgesamt sind es heute 25 km geworden. Das war nicht beabsichtigt. Jetzt bleiben nur noch fünfeinhalb Kilometer bis Pitlochry. Auf der halben Strecke ist ein See eingezeichnet. Vielleicht ist das Wetter morgen wieder so gut. Dann könnte ich noch einiges waschen, unter anderem mich, und hätte mehr Chancen, in Pitlochry ins Auto zu dürfen.
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16.5.2018, 22 km Um halb sechs wache ich zum ersten Mal auf und sehe die Sonne vielversprechend über den Berg kriechen. Bis 8 Uhr schlafe ich weiter, koche mir zum Frühstück Kaffee und ein Reisgericht und packe dann in aller Ruhe ein. Der Kaffee wird fertig! Gegen 10 Uhr starte ich, zunächst weglos bergab. Der River Almond ist zu breit und zu tief, so dass ich zunächst keine Möglichkeit sehe, rüberzukommen. Also mache ich mich auf den Weg zur Brücke, die ca. 2 km entfernt, aber in der falschen Richtung liegt. Dann finde ich doch noch eine Stelle, an der ich den Fluss mit Hilfe von Steinen überqueren kann. Auf der anderen Seite erwarten mich 10 km Schotterstraße immer am River Almond entlang. Immer wieder Wasserfälle Ein Steinkreis oder ein Schafgehege? Ein cairn zur Erinnerung an die Gefallenen des 1. Weltkrieges Zwischen ein paar Häusern biege ich links ab, quer über einen Hof und folge dahinter einer weiteren Schotterstraße, jetzt wieder bergauf. Da rechts geht's durch. Schaut euch den Himmel an: Alles echt! Nichts nachbearbeitet. Am Ende der Schotterstraße muss ich auf einen Trampelpfad wechseln, um zwischen den beiden Bergen hindurch zu gehen. Diese Stelle ist etwas verwirrend, weil kein Unterschied zwischen dem gesuchten Pfad und diversen Schafpfaden erkennbar ist. Also wähle ich erstmal die grobe Richtung, um dann festzustellen, dass der Pfad natürlich der falsche ist. Nach etwas Suchen finde ich ca. 50m über mir den richtigen Weg. Ein wunderschöner schmaler Pfad durch die Berge. Grandiose Einsamkeit. Falken, Moorhühner, Hasen und ich. Auf solchen Wegen macht es einfach nur Spaß Am See Lochan a'Mhuilin endet der Pfad auf einer Straße, auf der ich bis zum Loch Freuchie laufe. Loch Freuchie Auf der Straße am See entlang fahren einige Autos, so dass ich nicht traurig bin, nach ca. 3 km wieder abbiegen zu dürfen. Hinter einigen Häusern finde ich etwa um halb sechs ein Plätzchen zum Übernachten. Das ist gut, weil mein Fuß schon wieder seinen Unwillen kundtut und es ab jetzt erst mal wieder aufwärts geht. Neben mir fließt der River Quaich entlang, was mir aber leider nichts nützt, weil er komplett eingezäunt ist. Also benutze ich gezwungenermaßen das Wasser aus einem kleinen Rinnsal, das im Gras kaum auszumachen ist. Ich probiere es und stelle fest, dass der Verkäufer im Berliner Outdoorladen recht hatte: Brackwasser schmeckt auch nach dem Filtern noch nach Brackwasser. Ich hoffe, dass er mit seiner Aussage: "Aber gefiltert schadet es nicht'." ebenso recht behält. Hat er übrigens. Nichts passiert. Den ganzen Tag hatte ich wunderschönes Wetter mit mal mehr mal weniger Wind. Jetzt ziehen ein paar dicke Wolken auf. Hoffentlich hält das Wetter bis Freitag.
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Ja, die Ankunft in Drymen war schon ein kleiner Kulturschock. Andrerseits auch hochinteressant, zu beobachten, wie andere so unterwegs sind. Leider habe ich dort keine Bilder gemacht. Wir waren zu sehr mit unserer weiteren Planung beschäftigt. Und der Forstweg, den wir danach gegangen sind, war zwar einfach zu laufen, konnte aber nicht mit Schönheit punkten.
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15.5.2018, 14 km Morgens wache ich um Viertel nach sechs auf. Der Tag verspricht schön zu werden. Dann schlafe ich noch einmal ein und werde gegen 8 Uhr bei Sonnenschein und Wärme endgültig wach. Nach einem kleinen Frühstück kann ich mein Zelt trocken abbauen und wandere nach Comrie. Dort gibt es nur ein einziges offenes Café, in dem ich aber ein gutes Frühstück bekomme und auch mein Handy aufladen kann. Das dauert leider lange, ich halte mich an meine Glas Milch fest und habe schon ein schlechtes Gewissen, weil ich den Platz blockiere. Auch das Gesicht der netten Dame hinter dem Tresen wird langsam etwas mürrisch. Als ich ihr erkläre, dass ich nach Aberfeldy laufen will und mein Handy zum Navigieren benötige, wird sie wieder freundlicher und empfiehlt mir, in Comrie zu bleiben. Wenn in Comrie gutes Wetter ist, sei es in Aberfeldy schlecht und umgekehrt. Draußen strahlt die Sonne vom Himmel. Das Risiko mit dem Wetter muss ich jetzt mal eingehen. Als mein Handy endlich voll genug ist, suche ich noch ergebnislos einen Supermarkt im Ort. Nette Läden, aber kein Supermarkt. Also nur Käse und Twix für unterwegs. Um halb zwölf komme ich dann endlich los und verlaufe mich am Ortsausgang erst mal. Das fängt ja gut an. Der richtige Weg erweist sich dann als schöner Pfad durch den Wald. Schließlich wieder ein Stück Straße und dann Schotterweg. Und schon geht es wieder bergauf. Ich habe das Gefühl, den ganzen Tag bergauf zu gehen. Brücke über den River Lednock Mein rechter Fuß zickt seit Comrie bei jedem Schritt rum. Aber noch ist es kein wirklicher Schmerz, eher ein unangenehmes Gefühl. Ich denke zunächst, es sei psychosomatisch. Der Versuch, dem Bergauf-Gehen zu entkommen oder ähnliches, und gehe davon aus, dass sich das Problem erledigen wird, wenn der Fuß merkt, dass es kein Zurück gibt. Aber der ist beleidigt und nervt bis zum Ende der Tour. Dabei ist dies doch die Strecke, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Den Dryloch Burn, der quer über den Weg läuft, muss ich durchqueren, die nassen Füße laufe ich auf den nächsten Kilometern bergauf wieder trocken. Furt durch den Dryloch Burn Blick zurück Das Tal, an dessen Seite der Weg entlangführt, ist unglaublich. Ich sehe keinen Menschen, nur Moorhühner. In einer Pause sitze ich am Wegrand, höre den Moorhühnern zu und lache mich schlapp. Auf der gegenüberliegenden Seite wehren sich noch einige Schneefelder erfolgreich gegen die Sonne. Schotterweg und die ersten Schneeflecken Der Weg zum Pass Ist das Kunst oder liegt das nur so rum? Immer wieder der Blick zurück Schneefelder auf der gegenüberliegenden Seite Auf dem Pass löst sich der Trampelpfad auf und es geht weglos weiter. Zwischen Heide und sumpfigen Flächen sucht sich wohl jeder seinen eigenen Weg. So bekomme ich kurz vor Quartiersuche doch noch nasse Füße. Zu diesem Zeitpunkt halte ich das noch für eine Ausnahme. Der Weg verliert sich Das Tal hinter dem Pass: Hinter dem Pass finde ich gegen halb sieben eine wunderschöne weiche Fläche. Nass ist es hier überall, aber der Platz liegt etwas windgeschützt. Der Himmel zieht langsam zu, aber es kommt noch kein Regen. Während des Zeltaufbaus kreisen über mir Habichte. Nach der windigen Erfahrung der letzten Nacht spanne ich das Zelt tief ab. Dadurch flattert es zwar etwas, aber es kommt kein Wind rein. Mit dem Wasser aus dem nahen Bach kann ich einiges durchwaschen, bevor ich mich dann in meinen Schlafsack mümmel und noch zwei Falken am Himmel beobachte.
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Die Texte sind nach dem Urlaub aus meinen Reisenotizen entstanden. Aus heutiger Sicht muss ich diesen Satz relativieren: Ich wusste damals noch nicht, wie ich das Zelt tiefer abspannen kann, ohne dass es flattert. Ich lasse den Satz trotzdem so stehen, weil er für mich zu dem Zeitpunkt wahr war. Falls Ihr den Eindruck bekommt, dass dieser Trail für mich steile Lernkurven bereit hält - so habt ihr recht
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14.5.2018, 23 km In der Nacht ist es zeitweise ziemlich windig auf dem Berg und ich friere. Das Zelt lässt sich nicht tiefer abspannen und der Wind fährt darunter. Leider von der Kopfseite aus. Morgens um kurz nach acht bin ich startbereit für die nächste Etappe und glücklich, dass sie nicht gleich mit Höhenmetern anfängt. Gut, dass ich gestern ganz aufgestiegen bin. Der Weg bis fast nach Comrie ist sehr einsam und sehr schön. Mitten durch die grünen Berge. Ich sehe kaum Menschen. Mittags finde ich einen wunderschönen Platz an einem Fluss. Ich mache erstmal eine lange Rast, wasche meine Klamotten und mich und gönne mir einen heißen Kaffee, während meine Sachen trocknen. Mein "Mittagspausenwaschplatz" Auf dem Weg nach Comrie sehe ich einen Milan, mehrere Eidechsen und natürlich Fasane. Der Weg besteht hauptsächlich aus Teer und Schotter. Erst im zweiten Teil geht es auf einem nassen matschigen Pfad über Wiesen. Als erstmal beide Füße nass sind, erspare ich mir die Versuche, dem Matsch auszuweichen und komme wieder etwas schneller voran. Einsam, aber schön Nässe, wohin man tritt Meinen Schlafplatz finde ich gegen 19 Uhr kurz vor Comrie auf einer Wiese hinter einem Hügel. Eigentlich ist er mir zu nah an den Häusern, aber bis Comrie würde es nicht besser werden und noch weiter gehen will ich heute nicht, weil ich in Comrie mein Handy aufladen und Vorräte aufstocken will. Das würde dann zu spät werden. Und ich habe noch viel Zeit. Also lieber am nächsten Tag nach Comrie zum Frühstücken. Insgesamt war dies ein Tag mit Superwetter.
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13.5.2018, 28 km Morgens wandern S. und ich zunächst gemeinsam bei wunderschönem Wetter nach Aberfoyle. Das geht relativ gut. Durch verwunschene Wälder nach Aberfoyle S. findet dort ein B&B, während ich die Zeit nutze, um mein Zelt auf einem großen Holztisch zum Trocknen auszubreiten. Dann essen wir noch gemeinsam, bevor ich mich etwas wehmütig auf meine erste Allein-Strecke in Schottland aufmache. Nachdem ich am Ende des Ortes die Straße verlassen habe, geht der Weg bergauf. Ein abwechslungsreicher Fußpfad zieht sich über den sanften Hügel. Auf dem Weg von Aberfoyle nach Callander: Es ist sehr matschig und ich muss aufpassen, nicht auszurutschen. Aber es macht auch mächtig Spaß! Loch Venachar Noch bin ich von jedem einzelnen Wasserfall beeindruckt. Bis hierher hätte ich gar nicht zelten dürfen, weil ich mir keine Erlaubnis geholt hatte. Kurz vor sechs Uhr bin ich in Callander, suche aber eine halbe Stunde nach einer Möglichkeit, während des Essens mein Handy aufzuladen. Bei den meisten Restaurants sind durch die Fenster sonntäglich gekleidete Menschen zu sehen, die sich zum Essen treffen. In dieser Umgebung fühle ich mich mit meinen matschigen Schuhen etwas deplatziert. Andere schließen um 18 Uhr ihr Geschäft und sind gerade beim Einräumen. Schließlich finde ich noch ein nettes Café, bei dem ich draußen sitzen, aber trotzdem drinnen mein Handy aufladen kann. So komme ich dort erst um kurz vor sieben wieder los. Oldtimer in Callander Ich will auf jeden Fall noch einen Teil des vor mir liegenden steilen Aufstiegs schaffen. Und dann mache ich die Erfahrung, dass so ein Aufstieg nur ganz oder gar nicht geht, weil alles dazwischen schräg ist. Vor allem, wenn der Weg auch noch durch einen Wald führt. Also immer weiter. Nach einer guten Stunde bin ich oben angekommen, ziemlich kaputt, aber glücklich, dass ich am nächsten Morgen nicht mit bergauf gehen beginnen muss. Und dann drehe ich mich um, sehe über das Tal und bin nur noch begeistert. Der Platz für das Zelt ist nicht optimal, aber die Aussicht genial. Ein letztes Bergauf für heute Oben angekommen, geniale Aussicht:
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12.5.2018, 7 km Nach einem wunderbaren Frühstück mit allem Drum und Dran laufen wir zum Bahnhof Wester Hails und fahren von dort mit Bahn und Bus über Glasgow nach Drymen. Das klappt ziemlich gut, gegen Mittag kommen wir an. Durch diesen Ort führt auch der WHW. Wir sehen schon beim Aussteigen mehr Wanderer auf einem Haufen als an allen bisherigen Tagen insgesamt. Zunächst gehen wir in einen Pub und essen dort etwas. Ich kaufe noch etwas in dem kleinen Spar gegenüber ein, der ein bemerkenswertes Sortiment hat. Neben den zu erwartenden Dingen wie Lebensmittel und Getränken steht dort ein ganzes Regal voll mit Erste-Hilfe-Dingen, in einer Nische gibt es Zelte, Trekkingstöcke, Regencapes und Schlafsäcke und das Beste: Papiertaschentücher im 2er-Pack. Ein Paradebeispiel dafür, dass die Nachfrage das Angebot diktiert. Nachmittags brechen wir dann auf den Rob Roy Way auf. Wir gehen ziemlich langsam, weil S. massive Probleme mit ihrem Fuß hat. Nach ca. 7 km geht nichts mehr und wir suchen nach einem Platz für unsere Zelte. Einzige Möglichkeit ist eine ziemlich holperige Fläche mit hohen Grasbüscheln neben einem Parkplatz. Als wir gerade unsere Zelte ausbreiten, kommt eine Frau mit einem PKW angefahren und rät uns davon ab, hier zu übernachten. Soweit wir sie verstehen, würde gleich ein Bus kommen und im Laufe der Nacht würden Kinder oder Jugendliche von einem Nachtmarsch ankommen. Wir machen ihr klar, dass wir nicht mehr weitergehen können und sie bietet uns an, uns zu einer bessere Übernachtungsstelle an unserer Route zu fahren. Wir sind einverstanden, packen unsere Zelte wieder ein und werden ca. 3km weit gefahren, wo eine Fläche mit schönem kurzem Gras neben dem Corrie Aquädukt auf uns wartet. Es ist etwas schräg, aber wesentlich ebener und schöner als unser ursprünglicher Platz. Der Corrie Aquädukt Zeltplatz mit Weitsicht Ein schöner Platz
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Ein ThruHike ist es nicht. Zu langsam oder zuwenig Urlaub, jenachdem, wie man es sieht.
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11.5.2018, 25 km (ohne Bus!) Nach einer kalten Nacht wandern wir an diesem Morgen zunächst bis West Linton. Das Café am Ortseingang sieht sehr gemütlich aus, ist aber leider noch geschlossen. Also durchstreifen wir den Ort nach einer Alternative, werden aber nicht fündig. Schauen wir doch mal, ob das Café am Ortseingang inzwischen offen ist. Und dieser Weg zurück zum "Olde Toll Tea House" lohnt sich. Winzig und urgemütlich. Ein netter Wirt und ein leckeres Frühstück belohnen uns für unsere Geduld. Mit vollen Mägen und Akkus wandern wir wieder aus dem Ort hinaus. Es geht eine ganze Zeit auf einer Teerstraße entlang, bevor wir bei Carlops auf einen Schotterweg abbiegen. Und dann wird der Weg schmal und abwechslungsreich, bis wir schließlich kurz vor Balerno wieder auf eine Teerstraße kommen. In den letzten Tagen hat sich der Fuß von S. schmerzhaft bemerkbar gemacht. Und unsere tatsächlichen Tageskilometer sind nicht geeignet, unser Ziel Pitlochry in der vorgegebenen Zeit zu erreichen. Uns war vorher klar, dass diese Zielsetzung ziemlich ambitioniert war. Wir wollen aber unbedingt noch die Highlands sehen und deshalb beschließen wir, uns in Balerno eine Unterkunft zu suchen, am nächsten Tag die Strecke von Balerno bis Drymen mit Bahn und Bus abzukürzen und von Drymen aus weiterzulaufen. Die Strecke zwischen Edinburgh und Glasgow finden wir nicht so spannend wie die Highlands, so dass wir gerne darauf verzichten. S. will ab Drymen noch einen Tag mitgehen und dann wegen ihrer Fußprobleme aussteigen. In Balerno finden wir keine einzige Unterkunft. Uns wird ein Restaurant mit Zimmern empfohlen, das ein paar Kilometer entfernt liegt, aber mit dem Bus zu erreichen ist. Dort angekommen, stellen wir fest, dass es ausgebucht ist, aber ein netter Kellner fängt an rumzutelefonieren, bis er ein B&B gefunden hat. Also nehmen wir den nächsten Bus und fahren noch ein paar Kilometer weiter in Richtung Edinburgh. Nach etwas Sucherei finden wir die Unterkunft, werden von David nett begrüßt und bekommen zwei kuschelige Zimmer. Abendbrot hat er nicht für uns, aber zwei Flaschen Bier gibt er uns gerne.
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10.5.2018, 25 km Morgens schlendern wir nach einem ausgiebigen Frühstück noch einmal durch den Ort, kaufen etwas ein und folgen dann einem ausgeschilderten Fußweg nach Peebles. Unsere eigentliche Route führt auf der anderen Seite des Flusses entlang, aber wir müssten die drei Kilometer zurücklaufen, um über den Fluss zu kommen. Der Weg, dem wir stattdessen folgen, ist auf einer alten Bahnlinie angelegt und gut zu gehen. Mehrere Hinweisschilder weisen auf besondere Stellen aus der Zeit des Bahnverkehrs hin. Erinnerung an Robert Burns Schild mit Erklärungen zur alten Bahnstrecke Hinter Peebles geht es dann wieder über Wiesen und auf Fußpfaden weiter. Interessante Beschilderung. Etwas später sind wir in einem Tal, in dem bei 360°-Drehung kein Haus zu sehen ist. Toll! Das Wetter ist auch wieder besser geworden und so macht das Laufen richtig Spaß. Irgendwann geht diese schöne einsame Gegend wieder in bewohnte Gebiete über und der Weg in Schotter- und Teerstraße. Um halb acht ziehen bedrohliche Wolken am Horizont auf. Da wir keine Lust haben, unsere Zelte im Nassen aufzubauen, sputen wir uns und finden am Rande einer nicht eingezäunten Weide in der Nähe von Halmyre Mains einen akzeptablen Platz für unsere Zelte. Bedrohlicher oder hoffnungsvoller Himmel?
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Danke für die Rückmeldungen. Es geht weiter.
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9.5.2018, 20 km An diesem windigen und regnerischen Tag laufen wir meist mit dem Kopf nach unten. Es geht über kahle Hügel, die keinen Schutz bieten. Es geht wieder aufwärts Von weiten schon sehen wir „The Three Brethren“ ganz oben auf dem Hügel und hoffen, dort im Windschatten eine Pause machen zu können. Weit gefehlt. Runde Bauwerke haben keinen Windschatten. Also machen wir nur ein paar Fotos, ziehen die Kapuze wieder tief ins Gesicht und laufen abwärts. The Three Brethren Blick von den Three Brethren aus: In Tranquair treffen wir die Entscheidung, dass wir nicht geradeaus auf unserer Route weiterlaufen, um einen Platz zum Übernachten zu suchen, sondern nach rechts abbiegen und uns im ca. 3 km entfernten Innerleithen eine Unterkunft suchen, um uns einmal richtig aufzuwärmen. Wir landen im Tranquair Arms Hotel, genießen eine schöne heiße Dusche und waschen unsere Sachen. Es kostet mich etwas Überwindung, mit meiner langen Merino-Schlafhose und den Badeschuhen ins hoteleigene Restaurant zu gehen. Aber der Hunger ist stärker. Also husche ich durch die Bar, schiebe mich an den ersten erreichbaren Tisch im Restaurant und dann lassen wir es uns erstmal gut gehen. Die Whiskyauswahl in der Bar ist auch nicht zu verachten. Lecker!