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Ultraleicht Trekking

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Anzeigen von Inhalten mit der höchsten Reputation auf 16.12.2022 in allen Bereichen

  1. Klopapier 4.0 ? Bist Du zu langsam, liegt das Ergebnis auf der Hand? Happy Trails! Christoph
    7 Punkte
  2. Anker hat darauf nun geantwortet. Mit 5G sind wohl 5 Gramm gemeint, kein Mobilfunkstandard. Der technische Unterschied ist der, dass der neue 711 GAN II - A2146 - verbaut hat, der 511 GAN. Nähere Informationen finden Sie nicht auf unserer Website sondern leider muss ich z.B. auf folgenden Artikel verweisen: https://www.engadget.com/anker-gan-nano-ii-chargers-smaller-more-efficient-160045592.html Wir arbeiten stets an der Verbesserung unserer Produkte - Gan II ist die Weiterentwicklung unserer GAN Artikel. Die Geräte sind kleiner und effizienter. Zudem wurde die Kompatibilität mit Endgeräten noch weiter erhöht. Die konkreten Details woher die 5G kommen bzw. wo diese geblieben sind, liegen uns leider nicht vor. Entschuldigung dafür. Wir bitten um Verständnis dafür, dass dieses nicht von uns in Erfahrung gebracht werden kann. Die Namensgebung ist in der Tat aktuell nicht optimal gelöst. Entsprechend Feedback wurde bereits an entsprechender Stelle weitergeleitet. Nähere Informationen zu unseren "Reihen" finden Sie auch auf unserer Website: https://www.anker.com/eu-de/collections/wandladegerate?ref=naviMenu Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Information wenigstens ein wenig weiterhelfen. Ich bedauere sehr, dass es auch mir nicht möglich war konkrete Infos zu den 5G für Sie zu erfahren. Beide Geräte sind nahezu identisch. Die Unterschiede Minimal. Mit der Weiterentwicklung haben sich kleine Verbesserungen ergeben welche beim 711 Modell (bereits) umgesetzt wurden. Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen natürlich sehr gerne zur Verfügung. Antworten Sie hierfür einfach auf diese Mail.
    3 Punkte
  3. UL-Tarp fuer Schoenwetter-Overnighter, morgens uebergiest Du das Tarp mit Wasser, es loest sich auf, voila und wieder 300 g auf dem Rueckweg gespart, macht bei der imho weltfremden Baseweight-Rechnerei im Schnitt 150 g weniger Baseweight
    3 Punkte
  4. OT: Klar gehen auch die "Grauen Panther". Dann musst du aber ein Nierentischchen bauen!
    3 Punkte
  5. naturbezogen

    Münchener Stammtisch

    Hola señores, schon lange störe ich mich an der Tatsache, nicht den ersten Post für aktuelle Meldungen in meiner Hand zu haben ;-). Deshalb jetzt ein neuer Thread für neue, normale Zeiten. Ich möchte hiermit einen neuen, festen Turnus für den Ulf-Stammtisch einrichten, wie wir es vor Covid hatten. Ich habe überlegt, ob wir den alten Tag von früher wieder aufgreifen, aber neue Zeiten, neue Pläne und auch neue Events..... Daher lasst mal wissen, wann Ihr könntet oder ob Ihr einen Turnus gut finden würdet (Im Januar am 2. Montag, im Februar am 2. Dienstag, im März der 2. Mittwoch usw....). Ich werfe jetzt einfach den 2. Dienstag des Monats in den Ring, erster Termin 10.01.2023. Viele Grüße, Magnus Generelles: Hier die Liste der potentiellen Kandidaten für den Stammtisch. Andere sind stets eingeladen, aber die hier aufgelisteten bekommen bei neuen Terminen Eine Nachricht durch das aufzählen ;-). Wer in diese Liste aufgenommen werden möchte oder davon gestrichen werden möchte.... Ihr wisst wie das mit melden geht ;-) @crisensus @Bea @sasper @cergol @flächenbelastung @JoSt @nats @Mokrash @BitPoet @lima.sierra @tiger_powers @naturbezogen @cozy @Wanderbar @Trekkerling @mosven@cozy@grobinger@Mia im Zelt
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  6. Ist die Verwendung von SPD-Plakaten zwingend oder gehen auch "Graue Panther"?
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  7. OT: Wenn die Wahl vorbei ist, müssen die Parteien ihre Wahlwerbung in einem relativ kurzen Zeitraum wieder abhängen. Insofern sollte die SPD @schwyzi eher dankbar sein...
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  8. @ULgeher Da liegst du richtig. Eine extra Kamera wäre auch nicht wirklich UL. @kai Du bist witzig! Das Forum war immer eine wunderbare Unterhaltung und auch Hilfe! Funktioniert aber nur, wenn man Empfang hat. Wanderpartner unterhalten ganz ohne 4G und Strom. ___ Molise --> Bivacco Campitelli bis Campitello Matese --> 83 Kilometer & 3400 Höhenmeter --> 3 1/2 Tage Der Abschnitt in Molise fiel sehr kurz aus, da sich hier der Sentiero Italia in zwei verschiedene Varianten aufgabelt. Eine Variante geht noch ein Stück weiter durch Molise, um sich dann in Apulien fortzusetzen. Ich nahm stattdessen die zweite Variante, die südlich nach Kampanien führt. Die Gabelung findet in der offiziellen Etappe 208 statt. Zunächst wanderte ich noch weiter gemeinsam mit dem E1-Wanderer Ulf. Dies war eine nette Abwechslung nach der vielen Einsamkeit in der vorangegangenen Zeit. Doch so ganz passte unser Wanderstil nicht zusammen, im Gegensatz zu mir war er gemütlicher und auch mit etwa 20kg+ ziemlich schwer unterwegs. Da ich aber in der Stadt Isernia einen Ruhetag einlegen wollte und es bis dahin nicht mehr weit war, passte dies ganz gut. So ließen wir es ruhig angehen. Molise begann sehr spektakulär mit schmalen abschüssigen Pfaden durch eine imposante Schlucht. Leider sind mir hier nur zweitklassige Fotos gelungen. Währenddessen regnete es. An einem idyllischen See schlugen wir abends unsere Zelt auf und genossen die Ruhe. Die nächsten beiden Tage waren landschaftlich zwar weiterhin durchaus schön, es ging aber vermehrt über Wirtschaftswege und Asphaltstraßen. Diese waren immerhin kaum befahren und es gab genügend Möglichkeiten Lebensmittel und Wasser aufzufüllen. Im Dorf Fornelli wurde Mario, ein in die USA ausgewanderter Italiener auf uns aufmerksam und führte uns durch sein pittoreskes und sehr verwinkeltes Heimatdorf. Das war so ein kleines Highlight am Wegesrand. Eine laue Nacht verbrachten wir auf einem Olivenhain zeltend. Abends wirkte der noch ziemlich verlasse, doch morgens parkte ein Auto in der Nähe. Etwas ängstlich traute ich mich erst aus dem Zelt, als das Auto wieder weg war. Der restliche Weg bis Isernia führte auf Asphalt an zahlreichen landwirtschaftlich genutzten Flächen vorbei. Zwischendrin gab es ein wenig Natur. In Isernia trennten sich unsere Wege wieder und ich verbrachte einen erholsamen Ruhetag in einem B&B. So konnte ich auch mein kürzlich kaputt gegangenes Kindle ersetzen. Als ich wieder aus der Stadt raus war, wurde der Weg wieder etwas natürlicher. Am Wegesrand besichtigte ich die Wallfahrtskirche Castelpetroso. Auf dem Weg dahinter waren lauter christliche Szenen mit Statuen nachgestellt. Es ging wieder bergauf ins Gebirge. Juhuu! Da kamen dann auch wieder einige Höhenmeter zusammen. Außer mir war dort natürlich keiner unterwegs. Zwischendrin hörte der Weg einfach auf - um dann ein paar 100m weiter wieder anzufangen. An Roccamandolfi lief ich vorbei, hatte aber einen richtig tollen Zeltplatz mit Blick von oben auf das Dorf. Obwohl es nur unweit davon lag, wirkte der Ort einsam und die Wege dahin wenig begangen. Dank der Bänke konnte ich den Abend mit Komfort genießen. Erneut ging es bei bestem Wetter steil hinauf ins Gebirge und bot tolle Weitblicke. Eine Schafsherde umrundete ich weglos. Auf dem "Weg" um sie herum sah ich ein totes Schaf, was noch ganz "frisch" aussah - kein schöner Anblick. Ob da wohl ein Wolfsrudel gejagt hat? Campitello Matese ist ganz offensichtlich ein im Winter sehr touristischer Skiort - erkennbar an den Skischulen, Skiverleihs, Skihotels etc. Im Sommer war dort außer einer Baustelle gar nichts los. Die Wege in Molise waren abgesehen von den Asphaltabschnitten durchaus schön und führten immer mal wieder durch Wälder. Manchmal waren sie aber auch massiv mit Brombeergestrüpp usw. überwuchert. Sowas ist richtig unangenehm zu gehen und zum Glück sind diese Abschnitte nicht lang. Die Markierungen waren dann aber hervorragend.
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  9. Ich kann die Beobachtung von @Nero_161 bestätigen. Habe mir diesen Sommer einen Quilt aus dem 100er Apex genäht, das Apex variert in der Dicke. In der Fläche hält es, ich habe allerdings auch ein paar kleinen Steppnähten gearbeitet. Bestellt habe ich das Apex bei AdventureXpert (Online-Shop von den Jungs von GramXpert). Einen Härtetest hat der Quilt leider noch nicht hinter sich. Als ich damit wandern war, waren es tagsüber 30 und nachts immer noch 25 Grad. Da habe ich mehr Zeit im Freibad als unter dem Quilt verbracht. Irgendwie scheint das Apex zu funktionieren. Ich besitze die Apex Kufa-Hose mit 67er Apex von GramXpert, die ist als Lager und Schlafhose super, getestet schon bei 0 Grad und starkem Wind.
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  10. Hee, klaut der doch einfach meinen Faden... Nee, passt schon, der alte Faden war ja doch sehr unübersichtlich. Bei mir ginge der 10.1.23. Bliebe nur mal wieder die Frage des Ortes. Den Preysinggarten fand ich ja gar nicht schlecht. Aber ich bin da gewohnt offen für andere Vorschläge. @Mia im Zelti die Treffen laufen meist so ab, dass man da am Tisch zusammen sitzt und über Ausrüstung und Touren quatscht. Meist kommen am Ende so um die 4-5 Leute zusammen, oft die gleichen, quasi ein harter Kern, der sich aber immer über Neuzugänge freut. Ein unter der Woche Termin hat sich eingebürgert, weil erfahrungsgemäß am Wochenende zu viele verplant sind. Gegen Touren am Wochenende spricht natürlich erst einmal nichts, außer der Erfahrung, daß das bisher nur einmal passiert ist, ganz am Anfang, da haben wir so ein Treffen auf dem Campingplatz Isarhorn bei Mittenwald gemacht. Alle anderen Anläufe zu Wochenend-Aktionen sind bisher im Sande verlaufen. Aber ich will deinen Elan nicht bremsen, vielleicht geht da doch was, wenn man es konkret versucht. Aus dem Süden Münchens (im weitesten Sinne) wären bei uns hier @naturbezogen und @mosven und @nats. (bei mir am Telefon spinnt gerade die Ansprech-Funktion mit @, sorry wenn es nicht klappt). Zumindest sind das die, die mir als erstes einfallen.
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  11. @BitPoet Super, darauf freue ich mich schon sehr. Der PCT steht auch noch auf meiner Liste. Freut mich auch, dass dir der SI so sehr zusagt. Mit englisch und deutsch kommt man vielerorts nur schlecht durch, denn meiner Erfahrung nach sprechen nur weniger Italiener im ländlichen Bereich Englisch. Deutsch noch seltener. Es hilft also schon, vor dem Trail noch etwas italienisch zu lernen. Ich habe vorab ein paar Wochen mit dem Smartphone italienisch gelernt. Es hat auf jeden Fall geholfen, auch wenn ich keine richtigen Gespräche führen konnte. @Mars Warum hattest du denn nach dem Bericht von @German Tourist keine Lust durch Italien zu wandern? Was hat dich daran abgeschreckt? Aggressive Hunde gab es reichlich. In den Dörfern gibt es viele freilaufende Hunde, die ihr Grundstück verteidigen. Diese waren zwar nervig, haben mich aber meist in Ruhe gelassen, wenn ich nicht mehr in der Nähe ihres Grundstücks war. Mit einem Stein in der Hand (oder einem Trekking-Stock), kann man die Hunde mit Gesten mit Gesten warnen. Das hat mir zumindest geholfen. Viel nerviger und auch gefährlicher fand ich die Herdenschutzhunde, die grundsätzlich alle Schafs- und Ziegenherden begleiten und diese beschützen. Diese sollte man am besten weiträumig umgehen, am besten so, dass man außer Sichtweite der Hunde ist. Ich habe auch versucht zu warten, bis die Herde weiterzieht. Doch die Hunde haben gleichzeitig darauf gewartet, dass ich verschwinde...
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  12. @BitPoet Ich fürchte diesen Virus wird man nie wieder los. Kommt eigentlich von dir auch ein PCT-Bericht? Würde mich darüber freuen. ___ Latium und Abruzzen --> San Martino di Acquasanta bis Bivacco Campitelli --> 326 Kilometer & 14500 Höhenmeter --> 12 1/2 Tage Der Beginn dieser Etappe war nass, denn es gewitterte mal wieder. Die Regenmenge war ausreichend um für sehr nasse Wege zu sorgen. Das ist dann immerhin ein Grund sich in der Mittagspause eine Pizza zu gönnen. Wenn es schon mal die Möglichkeit gab, wollte ich diese nutzen. Solche Möglichkeiten gab es nämlich eher selten. Zwar führte der SI durch zahlreiche Dörfer, doch insbesondere Mittags sind viele Lokale geschlossen oder aber sie haben zwar auf, haben es aber nicht nötig, Gäste zu bewirten. Solche Gespräche laufen dann ungefähr so ab: Mia sieht eine Ristorante, wo groß das Wort "Pizzeria" zu lesen ist. Daneben befindet sich ein Aushang mit der Speisekarte. Mia: "Guten Tag, ich würde gerne eine Pizza essen." Kellner: "Nein, Pizza gibt es erst ab 19 Uhr!" Mia: "Und Pasta?" Kellner: "Erst ab 13 Uhr!" Mia schaut auf die Uhr, da es erst 12 Uhr ist, beschließt sie weiterzulaufen. Das alles dann natürlich auf italienisch. Auch in den Regionen Abruzzen und Latium bewegt man sich auf dem SI immer wieder zwischen beiden Regionen hin und her. Dabei werden die Berge mit Rang und Namen mitgenommen und man befindet sich immer in einem Nationalpark. Bloß der Name vom Nationalpark ändert sich, man bemerkt es dann an der Beschilderung. Besonders beliebt ist der Corno Grande, welcher mit 2912m der höchste Berg vom Apennin auf dem Festland darstellt. Der Weg bergauf hat es nicht nur von der Anzahl der Höhenmeter in sich. Genussorientierte Wanderer können sich per Seilbahn ca. 600 davon sparen. Der letzte Abschnitt bergauf ist nicht nur sehr steil, sondern auch technisch anspruchsvoll. Es gibt ein paar seilversicherte Stellen und generell ist es mehr eine Kraxelei als wandern. Gut, dass meine Schuhsohlen noch frisch waren. Zusammen mit zahlreichen Ausflüglern kämpfte ich mich den Berg hoch. Am Gipfel soll man eine ganz tolle Aussicht haben. Danke Wolken sah ich nichts davon. Als dann die Luft auf einmal elektrisch geladen war, machte nicht ich mich rasch auf den Weg nach unten. Noch während des ersten Teils vom Abstieg fing es an zu donnern. Der Regen hielt zum Glück nicht lange an und weiter unten war die Aussicht trotz der dunklen Wolken grandios. Ich kam mir vor, wie in den Alpen. Für die Nacht hatte ich mir eine Übernachtung im Rifugio duca degli Abruzzi reserviert und konnte mich erholen. Kurz nach Ankunft gewitterte es erneut. Ein Gewitter reicht in Italien wohl einfach nicht aus. Eine italienische Familie, die dort ebenfalls übernachtete, sorgte für heitere Stimmung. Im mittelalterlich wirkenden Dorf Santo Stefano hatte ich mir zwei Nächte in einem B&B mit riesigem Zimmer gemietet. Die Unterkunft hatte sogar eine Küche, doch leider war die Auswahl an Lebensmitteln im örtlichen Dorfladen mehr schlecht als recht. Es gab nicht mal Obst oder Gemüse. Da ich an dem Ruhetag dann auch noch meine kaputte Trekkingstock-Spitze auswechseln musste, bekam ich nur wenig Erholung. Das auswechseln der Spitze gestaltete sich nämlich sehr schwierig. Vorsorglich hat Leki die Spitze so fest montiert, dass wohl nur Meister Proper sie ohne Probleme entfernen kann. Immerhin entging ich einem heftigen Unwetter. Der Weg nach Santo Stefano war zwar überwiegend flach, aber trotzdem anstrengend. Ungefähr eine Millionen Fliegen kreisten stundenlang um mich herum und raubten mir damit den letzten Nerv. Da wäre mir Regen dann doch lieber gewesen... Der Corno Grande war natürlich nicht der einzige hohe Berg, den ich bestieg. Im Prinzip wechselte der Trail immer zwischen Tagen mit sehr vielen Höhenmetern Anstieg und Tagen, an denen es überwiegend bergab ging. Manchmal gab es auch flache Abschnitte wie z.B. zwischen Santo Stefano und Populi. In den tieferen Lagen war die Landschaft stark von der mediterranen Landwirtschaft geprägt. Auch diese eher karge Natur gefiel mir. Die Dörfer (unten: Pacentro) zeigten sich überwiegend sanft in die Natur eingebettet und störten das Landschaftsbild weniger als die Dörfer in Deutschland. Ansonsten ist es mir nämlich lieber, wenn ich vom Berg aus keine Zivilisation sehe. Unterkünfte zu bekommen war immer noch schwierig. Auf meine Anfragen bekam ich, so wie z.B. in Pietracamela, überwiegend Absagen. Pietracamela ist das Dorf, welches ich am Tag des Aufstiegs zum Corno Grande durchquert habe. Hinter Populi ging es rund 2000 Höhenmeter auf gut markierten und schmalen Pfaden bergauf bis zum Monte Rotondo. Ganz einfach war der Weg zwar nicht, aber dafür umso schöner. Es ging an einem schmalen Grat entlang. Solche Gratwege gefallen mit ganz besonders. Genauso wie dieser. Am Gipfel war ich dann mal sogar nicht alleine, denn eine italienische Wandergruppe war auch dort. In einer schön gelegenen Biwakhütte übernachtete ich, bevor es am nächsten Tag hinauf zum Monte Morrone ging. Doch bevor ich zum Monte Morrone lief, sah ich einen Gipfel mit christlichen Statuen neben dem Gipfelkreuz. Diese gefielen mir so sehr, dass ich einfach querfeldein hinauf lief. Wie man sehen kann, hat sich die Optik der Berge im Vergleich zu denen in Marken und Umbrien merklich verändert. Das Gras ist überwiegend grün statt gelb und es gibt häufiger felsige Abschnitte. Generell fühlte ich mich oft, als wäre ich "dahoam" in den Alpen, denn optisch könnte ich die nicht immer vom Apeninn unterscheiden. Wie z.B. hier: Grandiose Aussichten waren insbesondere nach langen Anstiegen garantiert, wie z.B. hier mit Blick auf den Lago Campotosto. Die dunklen Wolken kündigten ein (weiteres) Gewitter an und so genoss ich den Ausblick nur kurz. Der Weg bergab zum See war ein richtiger Genuss. In diesem Teil vom Sentiero Italia lernte ich die, wie ich sie nenne, "weglosen Wege" kennen. Diese kommen im südlicheren Verlauf vom SI häufiger vor und zeichnen sich überwiegend durch das das nicht Vorhandensein von einem Pfad aus. Allerdings sind diese meistens sehr gut markiert, wie z.B. in diesem steilen Abstieg durch den Buchenwald. Wenn man von einer Markierung bis zur nächsten läuft, ist die nächste meistens irgendwo in der Ferne erkennbar. Hin und wieder fehlten aber auch die Markierungen, wie z.B. in diesem Abschnitt oberhalb der Baumgrenze. Da hilft dann nur noch GPS. In den Beschreibungen der einzelnen Etappen wird auf den Umstand der fehlenden Markierung oder der fehlenden Wege hingewiesen. Zwar sieht man manchmal "Pfade", doch sollte man es meiden, diesen zu folgen. Fast immer führen sie ins nichts. Öfters mal bin ich ihnen gefolgt und musste mich mit GPS zurück zum Trail navigieren. Manchmal sind die Wege zwar vorhanden, aber mit Pflanzen überwuchert und daher kaum zu erkennen. Wenn es aber nur Farne sind, kommt man trotzdem gut voran. Nicht nur die Wege zu den besonders hohen Gipfeln können anspruchsvoll sein. Manchmal sind es eher die unscheinbaren Wege, die in ein kleines Dorf hinab führen. Bergab nach Cesacastina war der Weg nicht bloß schwer zu erkennen, sondern ich musste auch um steile Felsvorsprünge herum navigieren. Nicht nur fehlende Wege oder Wegmarkierungen können einem das Wanderleben erschweren. Als noch viel nerviger empfand ich die Schafsherden mit ihren mindestens fünf riesigen Herdenschutzhunden. Diese reagieren sehr aggressiv auf alles, was sich auch nur grob in die Nähe ihrer Herde bewegt. Meistens suchte ich mir einen weiten Weg drum herum, wo es nicht selten durch wegloses Gelände ging. Wenn der Schäfer bei der Herde war, war es viel einfacher, denn dieser rief seine Hunde zurück und so konnte ich passieren. Auch die Wälder fand ich wieder sehr schön. Aufgrund der hohen Lage gab es einen hohen Anteil an Buchenwald, der von vielen Wegen durchzogen ist. Die suche nach einem Zeltplatz empfand ich im Buchenwald als besonders unkompliziert. Manchmal wachsen die Bäume an interessanten Stellen. Aber die schönsten Zeltplätze fand ich lustigerweise in Regionen, wo die Suche mir schwieriger erschien. Aufgrund des nahenden Herbstes fand ich am Wegesrand einige interessante Pilze. Seltener sah ich auch schöne Blümchen. Zu Beginn der Etappe sah ich einen sehr schönen Wasserfall. Im Vergleich zu den Alpen sieht man diese im Apennin seltener. Am Ende der Etappe, traf ich mit Ulf den ersten anderen Fernwanderer in Italien. Er prophezeite mir, dass er auch der letzte bleiben werde. Wo er recht behielt... Erfreut darüber, nach so langer Zeit mal jemanden aus Deutschland zu treffen, mit dem man ein längeres Gespräch führen kann, entschieden wir uns dazu, ein paar Tage gemeinsam zu laufen. Die erste Zeltnacht verbrachten wir nach einem heftigen Gewitter mit Hagel direkt auf dem Wanderweg. Nach dem Gewitter wurde es dann auch wieder gemütlicher. Er war im Gegensatz zu mir weniger ängstlich gegenüber den Herdenschutzhunden und lief einfach mitten durch eine große Herde. Es ging alles gut, aber der Schäfer war auch in der Nähe. Dieser empfahl uns ein nahegelegenes Café. Wir beide freuten uns schon auf einen heißen Kaffee, doch leider war das Café geschlossen. Bevor wir die Region Molise betraten, überquerten wir noch einen idyllischen Pass.
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  13. Umbrien und Marken --> Bocca Trabaria bis San Martino di Acquasanta --> 323 Kilometer & 13800 Höhenmeter --> 12 1/2 Tage Vor meinem Thruhike in Italien habe ich den Namen der Region Umbrien zumindest schon mal gehört, den von Marken aber nicht. Ab hier folgte der Sentiero Italia nicht mehr anderen bekannten und etablierten Weitwanderwege. Dieser Abschnitt versprach schon allein deshalb abenteuerlicher und wilder zu werden als die beiden bisherigen. Das hat sich auch erfüllt, doch insgesamt hat mich dieser Abschnitt extrem positiv überrascht. Es ist schwer zu sagen, welchen Abschnitt ich am schönsten fand, den alle waren auf ihre Art und Weise schön, doch Marken und Umbrien sind mein Favorit. Doch lest selbst: Auch diesmal bewegt sich der Fernwanderweg Sentiero Italia immer wieder zwischen beiden Regionen hin und her. Der erste Tag war wenig spannend, denn es ging den ganzen Tag an einer Forststraße entlang, wo jedoch keine Autos fuhren. Immerhin war es flach und ich kam schnell voran. Am Abend fand ich dafür einen sehr idyllischen Zeltplatz an einer Art Mini-Gipfel in der nähe einer ungenutzten Kirche. Manchmal fand ich die Zeltplätze an Tagen, wo ich nicht damit gerechnet hätte. Schon am nächsten Tag wurde es spannender, denn es ging zuerst hinauf auf den Monte Nerone (1525m). Der Weg bergauf war top gepflegt, das Wetter perfekt zum wandern, doch es war niemand unterwegs. Zwei bewirtschaftete Hütte unterhalb waren jedoch rappelvoll. Kein Wunder: Parkplätze gab es direkt daneben. Bergab ging es ins winzige Bergdörfchen Pieia, wo es nicht mal eine Bar gibt. Der anschließende Weg führte an einem Berghang vorbei, der für mich ein großes landschaftliches Highlight darstellt. Zuerst ging es durch zwei brückenförmige Gesteinsformationen (ital.: Arco), wie ich sie bisher nur in den USA gesehen habe. Der anschließende Hangweg bot weite Aussichten auf die gegenüberliegende Bergkette. Trotz der Jahreszeit August waren manche Bäume richtig stark orange gefärbt, was einen tollen Kontrast zu den übrigen grünen Bäumen ergab. Mein Zelt baute ich an einer kleinen Stelle am Hang auf. In Ligurien und Toskana/Emilia Romagna waren die Wege fast immer sehr gepflegt, in Umbrien und Marken änderte sich dies deutlich. Bevor es hinab ins Dorf Cagli ging, musste ich den Berg Monte Petrano bezwingen. "Bezwingen" im wahrsten Sinne des Wortes, denn der kleine Pfad bergauf wird sehr selten begangen und ist insbesondere in steilen Abschnitten stark überwuchtert - viele Brombeeren machen einem das Wanderleben schwer. Aus der Beschreibung vom SI wusste ich, was auf mich zukommt, und hatte sicherheitshalber alles innen im Rucksack verstaut. Das Foto zeigt den "Wanderweg": Oben gab es als Belohnung eine Pause bei toller Aussicht. Überwachsen waren die Wege häufiger, aber im späteren Verlauf nicht mehr so schlimm. Wenn es sich bei den invasiven Pflanzen nicht um dorniges Gestrüpp handelt, stört es mich weniger. Laut Beschreibung wäre es zwischen Cagli und Cantiano noch schlimmer geworden - in der Beschreibung wird ausdrücklich davor gewarnt den originalen Weg zu begehen. Daher plante ich an meinem Ruhetag eine Alternative ohne Cantiano über den Weg Nr. 260. Dieser Weg war in gutem Zustand, nur manchmal verlor sich die Pfadspur auf den weiten Weideflächen. Schon seit ein paar Tagen waren die Wiesen mit violetten Blumen überwuchert, die zwar schön anzusehen, aber sehr stachelig sind. Auch in diesem Abschnitt führte mich der SI häufig über Wege an Graten oder entlang von Berghängen, was mir persönlich besonders gefällt. Gemeinsam haben beide Arten das Panorama während des Gehens. Hier z.B. mit Rückblick auf ein Kloster. Oder mit Fernblick auf die hohen Berge wie z.B. den Monte Vettore. Anfangs hatte ich aufgrund der teils sehr niedrigen Lage der Dörfer befürchtet, die Temperaturen würden noch heißer werden als in Ligurien. Bewahrheitet hat sich dies überhaupt nicht, es war stattdessen meist angenehm. Häufig war der Himmel bewölkt und ich erlebte einige zum Teil heftige Gewitter. Ein Tag ist mir besonders im Gedächtnis geblieben, denn es war ein Tag, an dem sogar in den deutschen Medien von heftigen Unwettern in Italien berichtet wurde. Am Abend zuvor war es noch schön, doch schon in der Nacht hatte es gewittert. Auch am Vormittag war es zuerst nur bewölkt und windig. Da der Weg extrem schön war, hatte ich sehr gute Laune. Der Kontrast zwischen den schroffen Felswänden, den grünen Wäldern und den vereinzelten orange gefärbten Bäumen überwältigte mich. Doch dann regnete es so stark, dass Bäume überhaupt keinen Schutz mehr boten, da von deren Stämme Wasserfälle nach unten flossen. Am Boden hatte sich der Pfad in einen Bach verwandelt. Unterstandsmöglichkeiten fand ich leider nicht. Völlig durchnässt lief ich im strömenden Regen weiter. Erst am späten Abend nach zwei weiteren Gewittern klarte der Himmel ein wenig auf. Der anschließende Gratweg war sehr anstrengend zu begehen, da ein sehr starker Wind wehte und die Sicht in den Wolken gleich null war. Im Rückblick sah der Abschnitt spektakulär aus. Erschöpft schlug ich für eine Pause mittags irgendwo im Nirgendwo mein Zelt auf, um etwas Schutz vor der Witterung zu haben. Dann konnte ich zumindest die nasse Kleidung ausziehen. Oftmals führte mich der SI über einsame Bergwiesen, auf denen Pferde oder Kühe weideten. Das Gras war überwiegend gelb gefärbt, was mir persönlich sehr gut gefällt. Seltener war es grün. Andere Wanderer traf ich abgesehen von kleineren Hotspots selten, es war insgesamt sehr einsam. Kulturell haben Marken und Umbrien auch einiges zu bieten, denn es gibt viele Dörfer, die z.B. 2016 durch mehrere heftige Erdbeben völlig zerstört wurden. Bis heute sieht man einiges davon, denn manche Häuser sind immer noch kaputt. Im Dorf Campi wurde ein Fußballplatz in einen Campingplatz umgewandelt, um Besucher anzulocken, den auch Wanderer spontan nutzen können. Die Nacht dort empfand ich als sehr angenehm, gab es doch auch einen Container mit Duschen. Außer mir waren hauptsächlich Jugendgruppen da, die in riesigen Zelten von Decathlon schliefen. Wasserquellen gab es reichlich am Wegesrand, auch wenn viele nicht in der Karte eingezeichnet waren. Auch jedes noch so kleine Dörfchen hatte mindestens einen Brunnen. Die Wälder bestanden in Ligurien und Toskana/Emilia Romagna zu einem großen Teil aus Buchenwald. Ab diesem Abschnitt wurde der Baumbestand vielfältiger. Insbesondere Eichenwälder gab es häufig. Manchmal war der Bewuchs so dicht, dass es richtig wie im Dschungel aussah. Ein ganz besonderes Highlight war der Aufstieg zum Monte Vettore, welcher stattliche 2476m hoch ist. Der Tag zuvor war mit 2000 Höhenmetern und 30km weniger anstrengend als ich erwartet hatte, da es weder warm noch steil war. Mäßig ansteigend schraubten sich ein gut gepflegte Wege in die Höhe bis zum Monte Patino. Kurioserweise verfolgte mich den ganzen Aufstieg ein Hund aus dem Dorf. Irgendwann verließ ich wohl sein Territorium und er verfolgte mich dann irgendwann doch nicht mehr. Darüber war ich froh, denn ich wollte schließlich niemandem seinen Hund wegnehmen. Die Aussieht vom Monte Patino wirkt auf mich gar nicht wie das Italien, was ich bisher kannte. Hinter dem touristischen Dorf Casteluccio ging es erneut mäßig ansteigend, bis der Pfad auf einem Grat entlang mit grandiosen Aussichten in alle Richtungen weiter bis zu einem Bivacco ging. Die Wälder hatte ich aufgrund der großen Höhe schon längst zurück gelassen. Auf dem Weg zum Bivacco sah ich zum ersten Mal in meinem Leben Edelweiß. Schon lustig, in den Alpen habe ich diese berühmt berüchtigte Pflanze noch nie erblickt. Erst am nächsten Tag ging es direkt in der Früh hinauf zum Gipfel des Monte Vettore, wo ich die Aussicht ganz alleine genießen konnte. Am Weg bergab strömten mir Heerschaaren an Ausflüglern entgegen, doch die waren zu spät, denn kurz nach meinem Abstieg hüllte sich der Gipfel in Wolken. Dahinter war es nicht mehr sehr weit bis zur nächsten Region, die der SI durchquert.
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  14. Jever

    Impressionen von Touren

    Schon etwas her, aber schöne To(rto)ur: - Lischana Ebene mit Biwak. Tourdaten: 2 Tagestour, insgesamt 18h, 41km Strecke, 4100Hm rauf, 4100Hm runter, über längere Strecken T5, Schlüsselstelle T6 über insgesamt 14 3000er (Plazer, Sesvenna, Foratrida, Muntpitschen, Rims, Cristana, d'Immez, P3026, Cotschen, L'Aua, 3x San Jon, Lischana) und zwei weitere knapp darunter. Wem das nicht reicht, der kann mit Triazza und Madlain noch zwei oben drauf packen, aber dann wird es lang. Wasser ist am Grat Mangelware, meine 1.5L waren knapp bemessen. Start in S-Charl Ab hier weglos zu dem Gipfel rechts im Grat (Mot da L'Hom) Und ab jetzt immer dem Grat entlang Piz Sesvenna in Sicht Sesvenna weiter am Grat Abstieg nach Muntpitschen (T5) rettende Tankstelle unterwegs - die 1.5L waren längst aufgebraucht weiter am Grat (Rims, Cristana) Abstieg zum Lajet Lischana (hinterer See) und weiter Abendstimmung unterwegs ... und weiter am Grat Sonnenuntergang am Biwakplatz 6 Uhr - los geht's. Lagerplatz ohne Wasser, der See war weg. Einstieg in den Grat zu den drei San Jon, mit Piz San Jon Dadaint im Bild Verbindungsgrat, hinten die Felskanzel der zweite San Jon Blick zurück zum Dadaint San Son d'Immez, wird von hinten bestiegen Schlüsselstelle - die Kante runter (T6) Abstieg zur Lischanahütte, hier fliegen einem dauerhaft ein paar Kubikmeter Felsen um die Ohren beim Abstieg. Cap. Lischana Zahmer Weg zum Piz Lischana Piz Lischana (Gratende) Noch kurz über die Ebene runter ins Tal und dem Wald entlang bis S-Charl Bus Und weil man da den Überblick verliert - Karte. Rot Tag 1, orange Tag 2
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  15. https://www-gygago-com.translate.goog/index.php?id=772&lang=de&_x_tr_sl=de&_x_tr_tl=en&_x_tr_hl=de
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  16. Versuchs mal mit "Geldbörse aus Kaffeetüten upcycling"
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  17. Eine kleine MYOG-Bastelei - ausnahmsweise mal ohne Nähen. Ein Geldbeutel aus einer Kaffeetüte. Bei mir im Büro nutzen wir einen Kaffee - Vollautomat. Dabei fallen immer wieder Kaffeetüten an, die an sich sehr stabil sind. Innen sind sie mit einer Plastik und einer Alu-Schicht beschichtet, außen befindet sich eine bedruckte Plastikschicht. Ich habe mich ja immer gefragt was man daraus machen könnte und blieb immer wieder gedanklich bei kleinen Geldbeuteln oder Taschen hängen. Nach der Anleitung aus einem Youtube-Video habe ich dann einen Prototyp für einen Geldbeutel gebaut. Der Vorteil hierbei ist zum einen die Alu-Beschichtung der Tüte. Dadurch wird der Inhalt RFID-Sicher. Das heißt Scheck-/Kredit-Karten usw. können nicht von außen ausgelesen werden. Das Kartenfach befindet sich an der Seite. Der zweite Vorteil: Gewicht 16 g Damit ist das Teil leichter als meine bisherige, gekaufte Variante von Sea-to-summit.
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  18. @J_P Job gekündigt. @Matthias Das Profil war schon vorher ziemlich flach geworden. Doch wenn die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort so begrenzt sind, schiebe ich den Ersatz der Schuhe auch mal vor mich her. @TopperHarley In welchem Teil vom Apennin möchtest du denn eine Tour machen? Dieses Gebirge ist schließlich etwa 1500km lang. ___ Toskana und Emilia Romagna --> Passo Cento Croci - Bocca Trabaria --> 394 Kilometer & 15500 Höhenmeter --> 14 1/2 Tage Der Ruhetag in Varese Ligure tat richtig gut. Da ich ein paar Tage zuvor meine Sonnenbrille verloren hatte, musste ich mir in dem Dorf eine neue kaufen. Zur Auswahl hatte ich nur eine mit 15€ überteuerte und billige. Diese hielt auch nicht sonderlich lange, denn die Beschichtung rieb sich rasch ab und die Sonnenbrille musste im weiteren Verlauf der Tour erneut ersetzt werden. Der Sentiero Italia verläuft immer an der Grenze zwischen der Toskana und Emilia Romagna und wechselt immer wieder zwischen beiden Regionen hin- und her. In diesem Abschnitt verläuft der SI zu 90-95% gleich mit der "Grande Escursione Appennica", die auch markiert ist. Noch häufiger sind allerdings die Markierungen vom E1, der in diesem Abschnitt außerordentlich gut markiert ist. Die Markierungen vom Si findet man selten, eigentlich nur dann, wenn der Weg anders verläuft als die GEA. Ab Varese Ligure erfolgte für mich der längste Resupplyabstand auf dem ganzen Trail, denn ich musste für sechs Tage Lebensmittel einpacken. Zusammen mit 3,5 Litern Wasser wog mein Rucksack mehr als 12kg. Viel zu schwer für dieses Modell, wie ich spätestens dann feststellen musste. So richtig auf der Hüfte lag das Gewicht nicht und an dem ersten Tag taten ständig meine Schultern weh. Dies führte zu zahlreichen kurzen Pausen, einfach um den Rucksack absetzen zu können. Auch war es eine Motivation viel zu essen, um das Gewicht zu erleichtern. Natürlich ging es anfangs fast nur bergauf - das ist ja irgendwie immer so. Zumindest führte der Weg überwiegend durch schattigen Wald, was bei den sommerlichen Temperaturen ganz angenehm war. Am nächsten Tag ging es dann in die Berge - aber nicht für ein paar Stunden, sondern für mehrere Tage. So lange sollte ich oben auf baumlosen Hängen und über aussichtsreiche Gipfel wandern. Doch zuerst musste ich noch den Passo della Cisa überqueren - ein bei Motorradfahrern sehr beliebten Pass. So beliebt, dass es mir vorkam, als würde dort eine Großveranstaltung stattfinden. Die Auswahl in den kleinen Läden am Pass war sehr bescheiden. Die Landschaft war nur kurz "toskanatypisch", danach ging es bergauf in die Berge. Zuerst noch durch Wald, welcher bald mit Gras und Heidelbeeren bewachsenen Hängen wich. Diese verführten ebenfalls zu vielen kleinen Pausen. Da die Tage noch sehr lang waren, musste ich mich nicht zu sehr beeilen um mein Tagespensum zu schaffen. Die Pfade führten häufig oben am aussichtsreichen Grat oder durch breite Hochtäler und waren oftmals sehr steil, doch selten schwierig. Da die Sonne mehrere Tage am Stück durchgängig schien und Wolken nur zu Dekorationszwecken am Himmel zu finden waren, war es schwierig einen schattigen Platz für eine längere Pause zu finden. Der Versuch mit meiner 3mm-Evazote Schatten zu erzeugen, misslang aufgrund des Windes. Auch wenn die Wetterapp für die Talorte immer noch Temperaturen um 30 Grad anzeigte, fand ich es hier deutlich angenehmer als in Ligurien. Die Berge sind etwas höher und zudem wirkte der leichte Wind erfrischend. Eine besondere Erfrischung aber waren die Bergseen, die es in diesem Abschnitt gab. Nach einem Bad fühlte ich mich frisch und sauber - zumindest bis der nächste Anstieg erfolgte. Die Anstiege waren meistens sehr steil aber nur ein paar hundert Höhenmeter lang. Trinkwasser konnte ich häufiger auffüllen als in Ligurien. Neben den Bergseen gab es auch ein paar Bäche. Der Skiort Abetone liegt ein klein wenig abseits vom Trail, doch nach fast sechs Tagen ohne Einkaufsmöglichkeit gibt es keine Alternative. Auf eine Übernachtung verzichtete ich, da die Hotels dort mit über 100€ pro Nacht sehr teuer waren. Anschließend ging es natürlich mal wieder viele Höhenmeter steil bergauf. Im Gegensatz zu Ligurien waren hier deutlich mehr andere Wanderer unterwegs. Auf vielen Gipfeln teilte ich mir die Aussicht zusammen mit italienischen Wanderern. Da die Italiener selten Englisch sprechen erfolgten Gespräche mit Händen und Füßen - auch wenn ich vor Beginn meiner Tour ein paar Worte Italienisch gelernt hatte. Zudem sah ich in diesem Abschnitt auch ein paar Pfadfindergruppen, die sich mich sehr großen Rucksäcken die Berge hochschleppten. Südlich von Toskana und Emilia Romagna sah ich sie nicht mehr. Die meisten Nächte zeltete ich wild oder neben verschlossenen Hütten. Einmal sah ich dabei einen ganz besonders imposanten Sonnenuntergang. Immer wieder sah ich Plätze, die wie inoffizielle Zeltwiesen aussahen. Neben flachen Stellen mit plattem Gras gab es auch einige Feuerstellen. Eine Nacht verbrachte ich in einem Rifugio, nachdem ich dort mehrfach angerufen hatte. Interessanterweise sah ich auch neben den Rifugios immer wieder ein paar Zelte stehen. Nach der Nacht im Rifugio passierte ich meine erste Schafsherde. Da diese eingezäunt direkt neben einer Forststraße in Laufweite von zwei Berghütten weidete, machte ich mich zunächst keine Sorgen. Die Herdenschutzhunde entdeckten mich (und ich sie) erst, als ich schon fast an der Herde vorbei war. Bevor ich reagieren konnte, hatte bereits ein Hund zugebissen. Zum Glück traf er nur mein Hosenbein. Geschockt und zitternd machte ich mich auf den Weg. Die weiteren Herden in diesem Abschnitt waren zum Glück weiter weg oder wurden von menschlichen Schäfern begleitet. Im Dorf Pracchia nahm ich den Zug und fuhr in die Stadt Pistoia, wo ich ein Ruhetag im Hotel machte. Auf dem Trail selber war es schwer eine Unterkunft zu bekommen, da im August ganz Italien Ferien hat und die meisten Hotels & B&Bs restlos ausgebucht sind. Übrig bleiben nur noch ein paar teure Hotels oder die Städte. Das Hotel weigerte sich meine Wäsche zu waschen. Dies sollte mir in Italien noch häufiger passieren. Zwar gibt es in vielen Ortschaften Wäschereien mit Selbstbedienungswaschmaschinen, doch wenn die Anleitung nur auf Italienisch ist, kann dies tückisch sein. Südlich von Pracchia führt der SI wieder vermehrt durch bewaldete Abschnitte und es sind auch weniger Touristen unterwegs als zuvor. Trotzdem gibt es immer wieder tolle Aussichten, da die Pfade gerne an Hanglagen verlaufen. Die Einkaufsmöglichkeiten nehmen ebenfalls zu, was den Rucksack merklich erleichtert. Auch das Wetter wurde angenehmer, gab es doch den ein oder anderen erfrischenden Schauer. Die Gewitter waren jedoch nie gefährlich, da die dichten Buchenwälder einen guten Schutz boten. Rund um das Dorf Varghereto, wo ich eine Nacht im sehr empfehlenswerten Astro Camp zeltete, wurde die Landschaft richtig spektakulär. Zwar war die Landschaft immer noch stark bewaldet, doch die grauen Hügel aus feinem grauen Gestein sahen sehr interessant aus. Gesehen habe ich so eine Landschaft sonst noch nirgendwo in Europa. Zumeist hatte ich diese Pracht auch noch für mich alleine. Auch die Berggrate bestanden manchmal aus diesem Gestein. Bocca Trabaria ist eine Passstraße, die bei Motorradfahrern beliebt ist, aber für Wanderer nichts zu bieten hat. Es gibt nicht mal eine Bar oder ein Restaurant. Doch hier endet der Abschnitt in Toskana und Emilia Romagna, denn die Region Marken beginnt dort.
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  19. 7. Abschnitt: Die Wüste Teil 3 - Paran - Eilat (152km) Der letzte Abschnitt meiner Wanderung ist angebrochen. Es sind nur noch 6 Tagesetappen, bis ich am Roten Meer eintreffe. Es erfüllt mich jetzt schon mit Euphorie, daran zu denken, da ich nun merke, dass es tatsächlich realistisch ist. Es dauert eine Weile, bis ich jemanden finde, der mich als Anhalterin mitnimmt und die ca. 30km zurück zum Trail bringt. Der Trail selbst ist über weite Strecken unspektakulär, lediglich ein Abstieg ist etwas abenteuerlich. Nicht im Bild ist eine Hängeleiter, die streckenweise freischwingend, weil die Befestigung aus dem Stein gerissen war. Ohne schweren Rucksack mag das eine nette Kletterei sein, mit ca. 15kg auf dem Rücken zitterte ich ganz schön, als ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Als ich mich umdrehe, sitzt dort ein Shvilist und schaut zu mir herüber. Als ich näherkomme, fragt er: "Bist du Linkshaenderin aus Deutschland?". Im Gegensatz zu ihm habe ich noch nicht von ihm gehört, er kennt mich von Mihael, einem Shvilist, dem ich zweimal auf dem Trail begegnet bin und mit dem sich meine neue Bekanntschaft vor einer Weile zusammengetan hat. "Ich hab gehört, du bist richtig krass unterwegs und läufst richtig schnell!", sagt er mir. Habe er von Mihael gehört, der das wiederum von Shvilistim gehört hat, die ich nicht mal getroffen habe. Amüsant und ein wenig unangenehm, wie dieser Trailklatsch funktioniert. Wir wandern die restlichen 10km zum Nightcamp gemeinsam, ich lasse mir ein paar Sätze auf Hebräisch beibringen und er übt im Gegenzug unermüdlich: "Ich komme aus Israel" auf Deutsch zu sagen. Im Nightcamp treffen wir Mihael, der sich sichtlich freut, mich wiederzusehen. Auf unseren kurzen Begegnungen auf dem Trail hatten wir kaum Gelegenheit, uns kennenzulernen, sodass wir die Zeit bei unseren jeweiligen Abendessen dazu nutzen, uns auszutauschen. Später knüpft Mihael Kontakt mit einer riesigen Gruppe Israelis, die auf der anderen Seite des Nightcamps um ein Lagerfeuer sitzen und teilt uns, nachdem er zurückkommt, mit, dass wir in ein bis zwei Stunden gern zum Abendessen rüberkommen könnten. Aber eine Stunde später liege ich bereits im Zelt. Tage auf dem Trail enden früh. Ich habe beschlossen, die nächste Etappe von etwa 30km zu überspringen, da sie die ganze Zeit schnurgerade an einer Straße entlangführt. Grund dafür ist, dass ein weiträumiges Gebiet als Militärübungszone gesperrt ist, sodass der Trail nicht durch interessantere Gebiete führen kann. Als meine beiden Mitcamper davon erfahren, ziehen sie mich auf, ob ich so feige sei, den Abschnitt zu überspringen, aber ich sage, es liege eher an der begrenzten Zeit. "Wenn ich mich entscheiden kann, entweder einen Tag voll Langeweile an einer Straße entlangzulaufen, ohne etwas Spannendes zu sehen, oder stattdessen nach Ende des Trails einen kostbaren zusätzlichen Tag zu haben, den ich mit etwas Schönem verbringen kann, dann wähle ich Zweiteres." Dafür haben die beiden Verständnis und so gehen wir am nächsten Tag getrennte Wege. Als ich an einem perfekten Spot fürs Trampen stehe und auf die gähnend leere Straße schaue, auf der kilometerweit kein Auto zu sehen ist, merke ich, dass es keine sonderlich schlaue Idee war, an einem Shabbat trampen zu wollen. Aber nach weniger als einer halben Stunde werde ich mitgenommen. Es stellt sich heraus, dass ich bei einem Mitarbeiter des Save-and-Rescue-Teams der High Negev im Auto sitze, also meines ersten Wüstenabschnittes mit dem Small & Big Crater, auf dem ich so verzweifelt bin. Ich frage ihn, wie häufig sie dort Menschen retten und er sagt, 80 pro Jahr. Natürlich nicht alles Shvilistim, so sagt er, hauptsächlich Tageswanderer und BMX-Fahrer. Der Weg ist unspektakulär, aber angenehm an diesem Wandertag. Ich will gerade von meiner Mittagspause aufbrechen, als plötzlich Simon und Leah vor mir auftauchen. Ich bin völlig aus dem Häuschen, damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Wir tauschen Trailgeschichten aus, lachen und reflektieren über das nahende Ende unserer Reise, doch viel zu schnell müssen wir uns wieder verabschieden. Ich bleibe in dem Nightcamp, in dem wir angekommen sind, sie wollen noch 16km bis zum Nächsten wandern, was ich angesichts der Uhrzeit (15 Uhr jetzt, 16:30 geht die Sonne unter) sportlich finde. Aber ich freue mich auch, wieder allein in der Wüste zu sein, waren doch in den letzten Nightcamps immer Menschen gewesen. Der nächste Tag führt mich bis fast an den Rand des Timna Parks, des Abschnitts, über den mir alle Leute in den letzten Tagen, die ich getroffen habe, gesagt habe, dass er der schönste sei. Ich merke, dass ich es mittlerweile sehr schwer finde, wirklich das Hier und Jetzt zu genießen, wo das Ende in so greifbare Nähe gerückt ist. Es wird immer mehr zu einem Hinarbeiten auf das Ziel als einem Weg, der selbst das Ziel ist. An diesem drittletzten Abend in der Wüste kann ich zum ersten Mal wirklich in die Sterne schauen. In der ganzen Zeit bisher war der Mond zu hell, erst jetzt geht er spät genug auf. Und so liege ich auf meinem Rucksack vor meinem Zelt, genieße die Sterne, genieße die Stille, als ich etwas an meinem Hals krabbeln fühle. Reflexartig fasse ich hin, um es zu verscheuchen und spüre ein Tier, das größer ist als erwartet, dann ein Stich, dann ist es weg. Bis ich meine Lampe gefunden habe, ist das Tier außer Reichweite, aber mir ist klar, dass mich gerade ein Skorpion gestochen hat. Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll, ob ich überhaupt etwas tun muss, frage vergebens das Internet und rufe dann meine Gastgeberin aus Jerusalem an, die für eine Umweltorganisation arbeitet und sich auskennen sollte. Sie fragt ganz sachlich, wo ich mich genau befinde, ob Menschen um mich herum sind, wann ich gestochen wurde und wie ich mich jetzt fühle. Ich lerne, dass man bei einem giftigen Skorpion innerhalb der ersten Stunde nach Stich Symptome spürt und dann ins Krankenhaus gehen sollte. Sie gibt mir die Telefonnummer eines Freundes, der nur wenige Kilometer von meinem Nightcamp entfernt wohnt, setzt ihn über die Situation in Kenntnis und schärft mir ein, ihn sofort anzurufen, wenn ich irgendetwas merke. Sie ruft nach einer Stunde noch einmal an, aber bis auf den Schmerz an der Einstichstelle geht es mir gut. Nur mit dem Sterneschauen hat es sich für heute erledigt. Als ich aufwache, bin ich erstaunt, dass ich nichts mehr vom Stich spüre. Genau so wenig spektakulär wie am Ende der Skorpionstich ist auch die heutige Tagesetappe durch den Timna Park. Ein einziges Mal gibt es einen schönen Ausblick, ansonsten sind es langweilige dirt roads. Am Nachmittag kaufe ich Verpflegung für die letzten beiden Etappen und mache mich auf den Weg zu meinem Nightcamp, das sehr schön gelegen ist. Es ist die dritte Nacht allein in Folge und ich ahne, es wird auch die letzte dieser Art sein. Morgen, in dem Nightcamp nahe Eilat, werden sicherlich Tagesausflügler unterwegs sein. Also verabschiede ich mich innerlich bereits von dem Shvil und verbringe einen letzten, in die Stille der Wüste eingehüllten Abend, Nacht und Morgen. Es wird mir fehlen, das allein Draußenschlafen, das weiß ich jetzt schon. So bin ich also gedanklich schon überhaupt nicht mehr bei der Sache, als ich am nächsten Morgen loslaufe und merke daher erst nach 2,5km, dass ich in die falsche Richtung gelaufen bin. Verärgert gehe ich zurück und folge dem Shvil einen milden Anstieg hinauf. Die gedämpfte Laune wegen meines Abstechers ist schon verpufft, als mir zwei Österreichern entgegenkommen. Eine von ihnen ist den Shvil vor 4 Jahren gelaufen, hat dabei ihre jetzige Frau kennengelernt und ist nach Israel gezogen. Jetzt besucht sie ein österreichischer Freund und zusammen sind sie ein paar Etappen auf dem Shvil unterwegs. Wir trinken Kaffee zusammen, geduldig hören sie meine Wandergeschichten und Reflexionsgedanken über das nahende Ende meiner Reise an. Nach meiner Mittagspause bin ich schon wieder 2,5km unterwegs, als mir auffällt, dass ich mein Solarpanel bei meinem Mittagspausenplatz vergessen habe. Sowohl etwas liegen zu lassen als auch in die falsche Richtung zu gehen sind mir auf dem Shvil noch nie passiert und nun beides an einem Tag. Das Panel finde ich glücklicherweise wieder, aber ich bin ziemlich sauer auf mich selbst, als ich mich wieder auf den Weg mache, oder eher hetze. Denn mir ist klar, dass ich es durch die 10 Extrakilometer keinesfalls vor Sonnenuntergang ins Nightcamp schaffen werde. Der Trail zieht sich und wird zunehmend anspruchsvoll. Ich bin erschöpft, schon ohne diese zusätzlichen Kilometer wäre es ein anstrengender Tag gewesen, aber so ist es für mich wirklich grenzwertig. Ich hetze und hoffe und als die Sonne untergeht, klettere ich mich durch ein Wadi hindurch. Es wird immer dämmriger und mir wird klar, dass wenn ich nicht bald aus diesem Wadi herauskomme, ich hier übernachten muss, weil der Weg zu gefährlich ist, um ihn im Dunklen nur mit meiner Kopflampe zu gehen. Aber ein Prüfen meines Wasservorrates beruhigt mich, denn er ist ausreichend gefüllt, um damit durch die Nacht zu kommen. Gerade so schaffe ich es aus dem Wadi heraus und lege die letzten Kilometer bis zum Nightcamp auf einer dirt road im fast schon Dunklen zurück. Das war knapp, denke ich mir, 15 Minuten später und du hättest es nicht mehr geschafft. Im Nightcamp ist eine Gruppe Jugendlicher am Lärmen und Feiern. Ich bin froh, meine letzte Nacht allein auf dem Shvil gestern zelebriert zu haben, sodass mich das nicht allzu sehr stört. Es ist die windigste Nacht auf dem Trail, der Zeltaufbau ist mehr als schwierig, aber ich kann Eilat und Akaba 700 Höhenmeter unter mir am Roten Meer sehen und ich habe mit 33,2km einen neuen Wanderrekord aufgestellt. Die letzte Etappe bis Eilat sind nur 13km, aber sei sehr anspruchsvoll, so heißt es. Als ich loslaufe, bin ich erstmal fasziniert davon, so nah an der ägyptischen Grenze zu sein: Schnell weiß ich, warum die Etappe diesen Ruf hat, denn es ist wirklich nicht ohne; ich bin froh, sie nicht als Aufstieg bewältigen zu müssen. Aber die Schönheit! Manche Felsformationen kommen mir wie von einem anderen Planeten vor! Ich bin fasziniert und Und dann das Meer! Ich kann das Rote Meer sehen und es kommt immer näher! Und dann bin ich da. Am südlichen Punkt des Shvils. Ich habs geschafft! Gut 1000km bin ich gewandert, durch Hitze und Berge und Wüste und jetzt bin ich da. Ich bin unglaublich stolz auf mich. Und als sei das noch nicht genug, erwartet mich für den Abend noch eine Überraschung: Ein trail angel, den ich gefragt hatte, ob ich bei ihm in Eilat übernachten kann, hat das abgelehnt, weil er arbeiten müsse, aber meinte, ich könne gern zu seiner Arbeitsstelle im Hotel zum Abendessen vorbeikommen. Als ich dort ankomme, stelle ich fest, dass ich mit dem evening manager eines 5*-All-inclusive-Hotels zum Abendessen verabredet bin und mich am Buffet frei heraus bedienen darf. Nach knapp 8 Wochen auf dem Trail ist das völlig überfordernd und absolut genial. Den nächsten Tag verbringe ich entspannt in Eilat, genieße das Gefühl, es geschafft zu haben, gehe in ein Museum und schnorcheln und am Abend bin ich mit Simon und Leah verabredet. Sie sind einen Tag vor mir in Eilat angekommen und freuen sich genau so sehr wie ich, noch ein letztes Mal zusammen zu Abend zu essen. Wir holen uns Falafel, setzen uns in einen Park und essen die Falafel, gegrilltes Gemüse, Pita, Avocado und zum Nachtisch eine Pomelow. Dazu gibt es die letzten Trailgeschichten und Gedanken darüber, wie es uns jetzt geht, was der Trail mit uns gemacht hat und wie es weitergeht. Die beiden ein letztes Mal getroffen zu haben, hat die Reise für mich abgerundet und geholfen, mich vom Shvil zu verabschieden. Nichtsdestotrotz weine ich ein paar Tränen der Freude und des Abschiedes, als ich am nächsten Morgen im Bus von Eilat nach Haifa sitze. Ich bin so glücklich über all die Erlebnisse, die ich sammeln durfte, all die Begegnungen, die Großzügigkeiten, aber ich bin auch traurig, dass es vorbei ist. 8 Jahre lang habe ich vom Shvil geträumt; es fällt nicht leicht, davon loszulassen. Aber all die Geschichten, all die kleinen Begebenheiten, die man nicht in so einen Reisebericht packen kann, die haben den Shvil mit Leben gefüllt. Wie ich an einem Nachmittag, als ich mit zwei Israelis wandere, gefragt werde, ob ich nicht mal ein deutsches Wanderlied singen könne und sie mir nach meiner Gesangseinlage von "Das Wandern ist des Müllers Lust" hebräische Wanderlieder beibringen. Wie mir ein Nussverkäufer in der Jerusalemer Altstadt in einem sehr ausgeglichenen Gespräch die in seinen Augen Essenz des Islam erklärt. Das tägliche Beobachten der Ameisen. Wie ich das erste Mal einen Granatapfel direkt vom Baum esse, den mir ein trail angel geschenkt hat. Und übrigens: Nachdem ich noch zwei Tage in Haifa verbracht habe, habe ich die Frau besucht, die mir am Strand des Mittelmeeres ihre Telefonnummer gab und sagte, ich könne sie gern besuchen, falls ich nach dem Shvil noch ein paar Tage Zeit habe. So schließt sich der Kreis und so ernstgemeint sind diese gastfreundlichen Angebote. Das war meine Reise auf dem Shvil. Wenn ich demnächst noch etwas Zeit finde, schreibe ich nochmal eine Zusammenfassung und gehe auf ein paar Punkte ein, die @Mars in seinem Trailbericht hervorgehoben hat.
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  20. 6. Abschnitt: Die Wüste Teil 2 - Midreshet Ben Gurion - nördlich von Paran (155,2km) Als ich frühmorgens aus Midreshet Ben Gurion aufbreche, bin ich voller Motivation und auch meine Wanderfreude ist zurückgekehrt. Es sind nur zwei Tage bis zum nächsten Resupply, daher ist mein Rucksack angenehm leicht und das erste Mal seit zwei Wochen habe ich keine Schmerzen beim Wandern, weil die Blasen an meinen Füßen aufgegangen sind. An diesem Tag sehe ich erstaunlich viel Grün, da ich eine Weile einem Rinnsal folge. Die Mittagspause verbringe ich vor unglaublicher Kulisse, ich bin glücklich, wieder in der Wüste unterwegs zu sein, frage mich aber, wie es weitergehen wird, nachdem ich in 5 Tagen in Sapir ankomme. Danach sind es 5 Tage ohne Resupply und ich weiß, dass ich nicht noch einmal so viel Essen tragen kann, zumindest nicht, wenn man noch 5 Liter Wasser mit sich herumschleppt. Das schaffe ich einfach nicht. Aber damit kann ich mich zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigen. Nachdem Abstieg stehe ich auf einmal in einer Oase. Man kann sie auf dem obigen Foto leicht erahnen, aber plötzlich mitten in der Wüste in einem Palmenwald zu stehen, fühlt sich surreal an. Inmitten der Bäume treffe ich ein paar Israelis, die dort rasten und mir, während sie mir Pistazien anbieten, die üblichen Fragen stellen. Sie laden mich ein, zum Mittagessen zu bleiben, aber ich habe schon gegessen (kein Hinderungsgrund) und habe am Nachmittag noch einige Kilometer vor mir. Als ich am Abend im Nightcamp ankomme, stelle ich beglückt fest, dass ich allein bin. Da ich die Nächte in meinem ersten Wüsten-Drittel immer in Rufweite von Simon und Leah verbracht habe, freue ich mich, meine erste Nacht allein in der Wüste zu verbringen. Am nächsten Tag notiere ich in mein Tagebuch: "In den frühen Morgenstunden ist die Wüste am schönsten. Vom Einsetzen der Morgendämmerung bis kurz nach Sonnenaufgang ist das hier der schönste, friedlichste und stillste Ort der Welt." Derart beflügelt führt mich der Shvil an diesem Tag zunächst oberhalb eines Wadis entlang, dann durch es hindurch und am Ende kletternd wieder hinaus. Die Nacht verbringe ich in Mitzpe Ramon, einer Siedlung direkt am Rand des Ramon Craters (des größten Kraters der Negev) bei einem wortkargen trail angel. Am Morgen steige ich nach einem Besuch im Supermarkt in den Krater hinab. Auf dem Weg durch den Krater gibt es jeweils zwei Auf- und Abstiege, von deren Gipfeln man jeweils bis zum sich weiter entfernenden Mitzpe Ramon schauen kann. Bei einem der Aufstiege kommt mir eine Reisegruppe entgegen, die sich vorsichtig den Berg hinunter tastet. Der tourist guide, der vorneweg geht, spricht mich an und stellt sich als Schweizer mit einer Gruppe voller deutscher Touristen heraus. Während er mir interessierte Fragen stellt, stauen sich hinter ihm im Gänsemarsch die Absteigenden, die mein Vorhaben ganz unglaublich finden. Ich fühle mich ein bisschen wie ein Tier im Zoo und bin froh, als ich mich nach einer Verabschiedung an ihnen vorbei zwängen kann. Da das mein erster thru-hike ist, ist es noch ein neues Gefühl für mich, wie fremd man sich gegenüber Tagesausflüglern fühlen kann. Die letzten Kilometer bis zum Nightcamp lege ich im Licht der untergehenden Sonne zurück. Als ich eintreffe und beginne, mein Zelt aufzubauen, sehe ich auf einer nahen Hügelkuppe einen Jeep stehen, jemanden aussteigen, wieder einsteigen und auf mich zufahren. Als er ankommt und sich herausstellt, dass ich kein Hebräisch und er kein Englisch spricht, ruft der Soldat in Uniform einen Freund an, der seine Frage für mich übersetzt. Ob ich heute eine junge Frau in Militärkleidung gesehen habe. Nein, sage ich, ich habe heute niemanden in Uniform gesehen. Sie sei seit ein paar Stunden verschwunden, beim Wandern, erfahre ich, aber ich kann leider nicht weiterhelfen. Während ich mein Lager herrichte, meine Schuhe repariere, koche, esse und abwasche, sehe und höre ich den Jeep immer wieder ein paar hundert Meter irgendwohin fahren, hupen, rufen, lautstark telefonieren und weiterfahren. Obwohl ich die Vermisste nicht kenne, wird mir beim Gedanken an sie bange. Vielleicht ist sie gestürzt und liegt verletzt irgendwo. Ich habe die Tücken der Wüste ein wenig kennen gelernt und weiß, dass das auch ohne Selbstüberschätzung leicht passieren kann. Der Trail ist zu schwierig und das Geröll zu rutschig als dass man es auch mit der größten Umsicht verhindern kann, dass etwas passiert. Es ist schon dunkel geworden, als der Jeep wieder neben mir hält und ich durch den übersetzenden Freund am Telefon gefragt werde, ob ich möglicherweise bei der Suche nach der Vermissten helfen könne. Ich bin skeptisch, stelle eine Menge fragen und erfahre unter anderem, dass sie am frühen Nachmittag von hier losgelaufen und seitdem verschwunden ist. Die Polizei und die anderen Soldatinnen und Soldaten ihrer Einheit sind auch involviert. Als ich einen Blick auf den verzweifelten Fahrer werfe, beschließe ich, mitzufahren. Ich kann nicht wirklich helfen, denke ich, aber mir wird gesagt, dass vier Augen besser sehen als zwei und das stimmt wohl. Insgesamt sind wir eineinhalb Stunden zusammen unterwegs, während der Fahrer fast die ganze Zeit mit diversen Menschen telefoniert. Irgendwann erfahre ich, dass er unter anderem mit der vermissten Soldatin spricht. Ich bin sehr erleichtert. Sie lebt, sie ist unverletzt, kann reden und hat sogar Mobilfunkempfang! Doch deshalb will sie sich jetzt im Dunklen auch nicht mehr fortbewegen, aus Angst, den Empfang zu verlieren. Ich verstehe nicht ganz, warum sie keine GPS-Koordinaten senden kann, aber die Sprachbarriere verhindert, dass ich mehr Details von meinem Begleiter erfahre. Um die Geschichte abzukürzen: Sie wurde schließlich von einem anderen Kameraden ihrer Einheit gefunden und zu einer Art Militärbasis gebracht, wo wir sie dann auch treffen. Sie steigt zu uns ins Auto und ist dabei, als ich zur Campsite zurückgefahren werde. Sie spricht Englisch, daher versuche ich, herauszubekommen, wie sie verlorengegangen ist, aber so richtig verstehe ich es nicht. Offenbar ist sie mehrere Stunden in die falsche Richtung gegangen, wurde dann von der Dunkelheit eingeholt und ist in Panik geraten. Sie, aber besonders der Fahrer, danken mir immer wieder überschwänglich, obwohl ich genau genommen keine Hilfe war. "Die gesamten Israel Defense Forces danken dir", hält er mir als Googleübersetzung auf dem Telefon entgegen. Bei meinem Nightcamp angekommen, bedanken sie sich ein letztes Mal, dann fährt der Jeep davon und ich versuche, zu verstehen, was gerade passiert ist. Am nächsten Morgen führt mich der Shvil auf eine Bergkette, auf die ich am Vorabend zugelaufen bin und mir gedacht hatte, wie cool es wäre, dort oben zu wandern. Und tatsächlich ist die Aussicht großartig! Dieser und der nächste Tag sind gefüllt mit der Freude am Wandern, spektakulären Ausblicken und der Erhabenheit der Wüste. Sie fasziniert mich und manchmal könnte ich jubeln vor Begeisterung und Dankbarkeit, von dieser atemberaubenden Schönheit umgeben zu sein. Dazu ist der Trail angenehm zu gehen, ein ganz anderes Level als die ersten 5 Tage in der Wüste, die so technisch schwierig und auslaugend waren, dass sie mich an den Rand meiner Belastungsgrenze gebracht haben. Hier gibt es zwar auch steile Passagen, aber die Wege sind leichter. Jedes Mal, wenn ich nach einem längeren Anstieg den Gipfel erreiche, werde ich von intensiven Glücksgefühlen durchflutet, wenn sich plötzlich die Wüste vor mir ausbreitet, die wieder anders aussieht als vor dem Berg. Ich kann ihre Schönheit nicht in Worte fassen, nicht beschreiben, sie haut mich immer wieder um, nicht weniger intensiv als auf dem letzten Gipfel. Daher ist für mich mittlerweile klar: Aufgeben ist nicht. Nach Sapir sind es 5 Tagesetappen bis zum nächsten Resupply und ich beschließe, nach dem ersten dieser Tage einen Ruhetag einzulegen, da das Nightcamp nah an einer Straße liegt, von wo ich in die Zivilisation gelangen kann. Am darauffolgenden Tag werde ich mit Essen für 4 Tage, die ich definitiv tragen kann, zum Trail zurücktrampen. Als ich am frühen Nachmittag in Sapir eintreffe, will ich mich gerade zum Supermarkt aufmachen, als mir das Internet sagt, dass dieser am Dienstag schon um 13:30 Uhr schließt. Schlecht gelaunt mache ich mich auf den Weg zu meinem trail angel für diese Nacht, denn ich habe kein Essen mehr für den Abend übrig und der geschlossene Supermarkt bedeutet auch, dass ich morgen warten muss, bis 8 Uhr der Supermarkt aufmacht. Mit meinem trail angel gibt es leider Verständigungsschwierigkeiten, aber es kommt noch ein anderer Shvilist an, den ich in den letzten beiden Tagen mehrfach getroffen habe. Er kann als Übersetzer fungieren und ist nebenbei ein interessanter Gesprächspartner für mich, da er gerade eine 3-jährige Thoraschule abgeschlossen hat und nächsten Monat den Militärdienst beginnen wird. Der letzte Tag vor meinem Ruhetag führt mich für meinen Geschmack viel zu spät zurück auf den Shvil, sodass ich mich den ganzen Tag recht gestresst fühle, die gut 30km bis Sonnenuntergang zu schaffen. Allerdings gibt es nicht viel, was ich durch das Gehetze verpassen kann, denn der Weg ist eintönig und unspektakulär. Nur die letzten Kilometer, die mich auf die jordanische Grenze zuführen, gefallen mir. Als ich schon längst aufgegessen habe taucht in der Dunkelheit auf einmal eine Gruppe von 5 Wanderern auf und beginnt, ihre Zelte direkt neben meinem aufzubauen. Erst bin ich genervt davon, dann stellen sie sich aber als sehr angenehme Zeitgenossen heraus. Den Abend verbringen wir mit viel Humor, Keksen, Tee und interessanten Gesprächen. Sie wandern den Shvil abschnittsweise, immer dann, wenn sie ein Wochenende Zeit haben, allerdings hat einer von ihnen neue, uneingelaufene Wanderstiefel an und sich an diesem ersten Tragetag, der gut 30km lang war, furchtbare Blasen gelaufen. Daher werden sie morgen nicht wie geplant noch eine Etappe laufen, sondern nach Tel Aviv zurückkehren. Als ich am Morgen zusammenpacke, sind sie dementsprechend noch in Schlafkleidung. Ich unterhalte mich mit einem Ranger, der gerade dabei ist, den Wassertank des Nightcamps aufzufüllen und der mir eine Mitfahrgelegenheit zur nächsten Ortschaft anbietet, wohin ich ohnehin wollte, um einzukaufen. Nach dem ausgiebigen Supermarktbesuch nehme ich einen Bus in eine andere Ortschaft, um dort an meinem Ruhetag schön ins Restaurant zu gehen. Aber als ich dort ankomme, muss ich feststellen, dass es auf unbestimmte Zeit geschlossen ist. Die einzige andere Essmöglichkeit im Ort ist ein Imbiss am Kibbutz-Eingang. Ich gehe hin und frage - da ich die Speisekarte nicht lesen kann - was sie für vegetarisches Essen anbieten. "Nichts", sagt man mir, "nur Fleischgerichte" - "Was ist mit Pommes?", frage ich. "Haben wir nicht. Normalerweise schon, aber nicht heute." Sie schlägt mir vor, nach Tzukim zu fahren, dort habe es zahlreiche Restaurants mit vegetarischen Optionen, aber ich habe keine Lust, wieder in die entgegengesetzte Richtung meiner Unterkunft für diese Nacht zu fahren, also setze ich mich frustriert auf eine Bank am Kibbutz-Ausgang und denke nach. Ich hatte mich so auf richtiges Essen gefreut, ich habe Hunger und möchte einfach ausruhen. Da hält ein Auto neben mir an, der Fahrer fragt mich, ob er mich mit nach Sapir nehmen soll, er gehe dort schwimmen und dort starte doch der Trail? Ich bedanke mich, sage, ich mache heute einen Ruhetag. "Ah, super, das heißt, du hast alles, was du brauchst?" "Ja, an sich schon. Ich hab nur Hunger." "Hunger? Warum gehst du dann nicht zu dem Imbiss dort drüben, nur 50 Meter weg?" "Dort war ich schon, man hat mir gesagt, sie haben kein vegetarisches Essen." "Kein vegetarisches Essen? Klar haben sie das! Hummus! Shakshuka! Salat! Pommes!" "Aber mir hat man gesagt, sie hätten kein vegetarisches Essen. Und Pommes sind aus." "Nun, du kannst auch zu mir nach Hause gehen, ich habe vorhin gerade einen Topf Reis aufgesetzt, meine Frau ist Zuhause, du kannst einfach hingehen." "Hm, ich weiß nicht..." Er beginnt, mir den Weg zu seinem Haus zu beschreiben, insistiert, dass aber auch der Imbiss auf jeden Fall vegetarisches Essen habe. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, bin zu gefangen in meiner Frustration. "Are you about to cry now?", fragt er plötzlich. "Ja, ich fürchte schon", sage ich, denn tatsächlich bin ich den Tränen nahe. "Komm, steig in mein Auto, ich fahre dich jetzt nach Hause." Also fährt er mich zu sich nach Hause, stellt mich seiner Frau vor, sagt, ich solle mir einfach was zu Essen kochen und nehmen, was ich will, er gehe jetzt schwimmen. Und dann bin ich mit seiner bezaubernden Frau in der Küche, sie macht mir einen Salat, ich esse und bin unglaublich gerührt. Nachdem mein Held vom Schwimmen zurückkommt fahren er und seine Frau mich zu meiner Unterkunft für die Nacht, sodass ich nicht laufen muss. Bevor ich aussteige, bedanke ich mich. "Danke dir, dass du hungrig warst. So konnte ich heute etwas Gutes tun", sagt er, fragt, ob ich alles habe, was ich brauche, er könne mir auch Geld geben, ich verneine, ich habe alles, was ich brauche. "Oh, that's a Bob Dylan Song!", sagt er. "She's got everything she needs, she's an artist, she don't look back..." Ich verspreche, mir das Lied anzuhören und schließe die Tür. Meine Unterkunft für diese Nacht ist die sogenannte Antilope Ranch, eine Art weitläufiges Wildgehege, in dem viele verschiedene Antilopenarten, Zebras und andere Tiere friedlich leben dürfen. Als ich ankomme, mir mein Platz zum Zelten gezeigt wird und sie dann erfährt, dass ich morgen früh vor Sonnenaufgang aufbreche, sagt sie, sie werde mir die Tiere zeigen, auch wenn der Wildgehege-Teil eigentlich schon zu habe. Also fährt sie mit mir durch das Gelände (zu Fuß ist nicht gestattet, um die Tiere nicht zu stören), erklärt mir die verschiedenen Antilopenarten und wie viele der Tiere früher in Zoos gelebt haben und hier nun ein besseres Leben haben. Dann bringt sie mich zum Zeltplatz zurück und ich bin überwältigt von all der Güte und Herzlichkeit, die ich heute erlebt habe.
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  21. Ligurien --> Garessio - Passo Cento Croci --> 258 Kilometer & 10900 Höhenmeter --> 10 Tage Die Anfahrt erfolgte mit dem Zug. Natürlich ging es nicht ohne die übliche Verspätung, die so eine Bahnfahrt mit sich bringt. Gerade noch so erwischte ich in Turin den letzten Zug nach Ceva, wo ich mir eine Nacht in einer Unterkunft reserviert hatte. Denn bevor es mit der Wanderung auf dem Sentiero Italia losgehen konnte, musste ich am nächsten Tag den lokalen Bus nehmen, um ins kleine Dorf Garessio zu gelangen. Hier beginnt nämlich der Teil vom SI, der Ligurien durchquert. Dieser folgt der "Alta via dei Monti Liguri" oder zu deutsch "Ligurischer Höhenweg". Dieser sehr gut beschilderte und markierte Fernwanderweg führt wie der Name schon sagt durchgängig oben am Berg entlang und bietet dadurch jeden Tag viele grandiose Aussichten. Erstaunlicherweise habe ich keinen einzigen anderen Fernwanderer gesehen, der diesen Weg gegangen ist. Selbst Tageswanderer waren nur in der Nähe von Parkplätzen anzutreffen. Schon am Vorabend um 22 Uhr als ich mit dem Zug in Ceva ankam, war es draußen noch sehr warm. Ich wusste, mir würden eine Menge Höhenmeter bevorstehen, doch bei dieser Hitze hatte dies eine ganz andere Qualität als daheim vor dem Computer. "Vielleicht ist es doch eine beknackte Idee im Hochsommer durch Italien zu laufen?" fragte ich mich. Nun war ich aber schon da und es ging tatsächlich los. Die ersten Kilometer waren ein Segen, denn es ging durch dichten Wald. "Wälder sind schon was tolles, denn sie spenden Schatten." dachte ich mir und so fühlte sich die Wärme gar nicht mehr so schlimm an. Sobald sich der Wald allerdings lichtete, was immer mal wieder vorkam, brannte die Sonne erbarmungslos vom Horizont. Die Mittagspause fiel bereits am ersten Tag zwei Stunden lang aus. Um 17 Uhr lief ich weiter und entschied, dass es immer noch zu warm ist. So ging es dann erst um 18 Uhr weiter. Dafür lief ich dann auch bis 22 Uhr, obwohl ich eigentlich schon etwas eher einen Zeltplatz suchen wollte. Doch Wassermangel trieb mich weiter. Die nächsten Tage ging war es weiterhin heiß und trocken. Noch nie habe ich so viel geschwitzt wie in den Tagen auf dem SI in Ligurien. Mittags machte ich zwischen zwei und drei Stunden Pause - um der Hitze zumindest ein wenig zu entfliehen. Jedes Wölkchen am Himmel flehte ich an, sich zu vermehren und Regen zu bringen. Doch erst am 5. Tag war es zumindest bewölkt - regnen tat es aber nicht. Der kam stattdessen am Morgen des 6. Tages, doch nach wenigen Minuten war der Schauer schon wieder vorbei. Erfrischend war es trotzdem. Wenn es mal ein wenig geregnet hatte, rochen die Wälder intensiv würzig. Gegen Ende der Etappe sah ich nachts auffällig häufig Wetterleuchten. Der Himmel zuckte nur so vor fernen Blitzen - doch abgesehen von einer Nacht blieben die Gewitter fern. Das sollte sich in den südlicheren Regionen ändern. Am dritten Tag passierte mir ein Malheur. Es war mal wieder ein furchtbar heißer Tag und der Weg führte ausgerechnet zur Mittagszeit nicht durch schattigen Wald, sondern über eine breite Wirtschaftsstraße, an deren Rand gerade neue Windkrafträder aufgestellt wurden. Einen Platz für die Pause fand ich auch nicht und so schleppte ich mich schwitzend voran, bis ich endlich den rettenden Wald erreichte. Doch die Mittagspause endete in einem Frust, denn ich stellte fest, dass die Flüssigkeit meiner Wasserdesinfektion ausgelaufen war. Das Ergebnis war ein kaputtes Feuerzeug - die warme Mahlzeit fiel aus. Um mir ein neues Feuerzeug zu kaufen, stieg ich am nächsten Tag nach Masone ab, wo ich mir ein B&B reserviert hatte. Doch als ich einchecken wollte folgte der 2. Schock: Booking hatte meine Buchung automatisch storniert, da die App automatisch meine alte Kreditkarte belasten wollte, statt meine neue. Da das Zimmer noch frei war, konnte ich trotzdem einchecken. Das war der erste und einzige Moment, wo ich am liebsten nach Hause gefahren wäre. An den wenigen Tagen, wo der Himmel bewölkt war oder es sogar ein klein wenig geregnet hatte, fiel mir das Wandern bedeutend einfacher. Abends konnte ich oft noch lange draußen sitzen und die Aussicht genießen, wenn ich einen Zeltplatz mit entsprechender Aussicht gefunden hatte. Die Nächte waren durchgängig warm - so warm, dass ich mich nur notdürftig mit meinem Schlafsack-Hybriden zudeckte. Da der Weg sehr einsam war, war es für mich einfach einen Platz zum wildzelten zu finden. Nur wenn der Weg in der Nähe von Siedlungen oder Bauernhöfen entlang führte, musste ich genauer schauen. Die Siedlungen am Wegesrand sind oft dermaßen winzig, dass es dort nichts zum Einkaufen gibt. Dazu musste ich fast jedes Mal kleinere Umwege in Kauf nehmen, wollte ich doch nicht unnötig viel Gewicht in Form von Lebensmitteln mit mir rumtragen. Aufgrund der warmen Witterung trug ich regelmäßig 3,5 Liter Wasser. Die Landschaften in Ligurien sind von den südlichen Ausläufern der Alpen und dem nördlichen Apennin geprägt. Am 2. Tag überquerte ich den "Colle di Cadibona". Dieser Pass ist zwar optisch unscheinbar, hat aber eine besondere Bedeutung, denn hier enden die südlichen Alpen und gehen in den nördlichen Apennin über. Mir war es bei der Planung der Tour wichtig, diesen Pass mitzunehmen, damit ich den kompletten Verlauf vom Apenningebirge bis in den Süden begehen konnte. An den Hängen der Berge wächst dichter Laubwald und da die Berge hier nicht sonderlich hoch sind, reicht dieser manchmal bis zum Gipfel hoch. Es gibt jedoch genügend Lichtungen im Wald, sodass weite Fernblicke garantiert sind. Die Wege sind überwiegend gut gepflegt und meistens leicht zu begehen. Manchmal führen sie aber auch über schmale Grate oder sind sehr steil angelegt. Es gibt Abschnitte, die mit Pflanzen überwachsen sind, doch in Ligurien sind dies bloß Farne oder hohes Gras. So kam ich trotzdem gut voran, musste mich aber jeden Abend intensiv nach Zecken absuchen. Denn von den kleinen Biestern gibt es in Ligurien viele. Säugetiere wie z.B. Rehe, Hasen, Wildschweine und Füchse sah ich einige, insbesondere in den Morgen- und Abendstunden. Am Abschluss dieser Region, fuhr ich vom Passo Cento Croci mit dem Bus nach Varese Ligure herunter. Doch die Busfahrt war schwieriger als geplant, denn statt vom Passi Cento Croci fuhr dieser nur noch ab dem Ristorante Alpini ab. Dort konnte ich mich nicht mal mit einer warmen Mahlzeit belohnen, denn das Ristorante hatte geschlossen. Die Besitzerinnen waren zwei alte Damen, die mich netterweise mit Wasser und Obst versorgten, als ich auf den Bus wartete. Der Kauf einer Fahrkarte war auch ein Mysterium für sich, denn die Tickets muss man vor der Fahrt kaufen. Bloß sind nicht alle Haltestellen mit Ticket-Shops ausgestattet. Die beiden Damen vom Ristorante Alpini hatten zu meinem Glück eine Fahrkarte und gaben sie mir. Die Fahrt nach Varese Ligure war nicht nur aufgrund meines dortigen Ruhetages strategisch wichtig, sondern auch, weil es die letzte Resupply-Möglichkeit für die nächsten 6 Tage in der neuen Region war.
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  22. 5. Abschnitt: Die Wüste Teil 1. Ein Bokek - Midreshet Ben Gurion (135,1km) Mein Trailbericht für die Wüste wird ausführlicher werden, da zum einen die Wanderung spektakulärer war, ich diesen Teil aber auch schlichtweg präsenter habe durch die größere zeitliche Nähe. Ich habe mich aus mehreren Gründen dazu entschieden, den etwa 40km langen Abschnitt zwischen Arad und dem Toten Meer zu überspringen. Zum einen habe ich das Highlight der Strecke, Masada, bereits gesehen bei meiner letzten Israelreise und ich hatte keine Lust, wieder in ein Meer aus Touristen zu geraten. Zum anderen wurde mir gesagt, dass der Abschnitt des Shvils landschaftlich nicht sonderlich schön sei, sodass ich beschloss, mir die 1000 Höhenmeter Abstieg und die zwei Tage zu sparen, um hintenraus noch etwas Puffer zu haben. Also steige ich in den Bus nach Ein Bokek und mache mich auf den Weg, aus dem Ort hinaus und in ein Wadi (d.h. ein trockenes Flussbett) hinein. Mein Rucksack ist schwer, zu schwer. Das Essen für 6 Tage + 5 Liter Wasser sorgen dafür, dass ich geschätzt gut 35% meines Körpergewichts mit mir herumtrage. Es ist einfach zu viel, zu schwer, es tut weh, der Rucksack, meine Blasen, die ersten Kilometer kann ich an nichts anderes denken als dieses furchtbare Gewicht. Ich wuchte mich Felsen empor, staune über die Schönheit des Weges, aber nur so weit es das Gewicht zulässt. Auf der Hälfte der Höhenmeter erhasche ich einen Blick aufs Toten Meer hinter mir: Dann sehe ich die erste Antilopen-Familie auf dem Trail und bin verzückt davon, wie neugierig und wenig scheu sie mich beobachtet. Ich werde ab heute jeden Tag verschiedene Antilopen-Arten sehen, als eine Art Begleiter durch die Wüste. Kurz darauf treffe ich drei Menschen auf dem Trail, die im Feuer Auberginen grillen. Sie stellen sich als zwei Touristinnen aus Chile mit einem israelischen Guide heraus, die mich in ein nettes Gespräch verwickeln, mir anbieten, zum Mittagessen zu bleiben, aber ich lehne ab, bin ohnehin spät dran, weil der Bus nach Ein Bokek Verspätung hatte und möchte vor der Mittagshitze noch ein paar Kilometer schaffen. Und nach der Mittagspause, als ich nichts ahnend um eine Kurve biege, treffe ich auf einmal Simon und Leah, die auch gerade von ihrer Mittagspause aufbrechen wollen. Wir hatten am Vorabend festgestellt, dass wir beide vorhaben, heute im selben Nightcamp, dem ersten, das einen Wassercache benötigt, zu nächtigen; ich freue mich sehr darüber, sie durch das Überspringen des einen Abschnitts eingeholt zu haben und meine erste Nacht in der Wüste nicht allein zu verbringen. Aber ihnen hier, auf dem Shvil zu begegnen, ist überraschend. Ich war davon ausgegangen, sie sind durch ihren zeitigen Start in Ein Bokek schon weiter voraus. Aber so tauschen wir Trailgeschichten der letzten Woche aus; sie bestätigen mich darin, dass ich (außer Masada, das ich schon kenne) nicht viel verpasst habe auf dem übersprungenen Abschnitt und gemeinsam laufen wir durch eine Landschaft, die sich für uns alle drei wie ein Filmset anfühlt. Ich kann es nicht fassen, wirklich in der Wüste zu sein. Es fühlt sich komplett surreal an, als würde ich träumen. Das Gefühl vergeht bis zum Abend nicht, den wir im Nightcamp, das wir uns mit zahlreichen Tagesauflüglern teilen, an einem Lagerfeuer verbringen. Als ich am nächsten Tag durch den Vormittag wandere, hält mein verwirrtes Gefühl von: "Bin ich wirklich in der Wüste? Ist es DAS, worauf ich so viele Jahre hingefiebert habe?" an. Nach einem steinigen Aufstieg hat man wieder einen guten Ausblick aufs Tote Meer, dort mache ich eine ausgedehnte Mittagspause, um wegen der kurzen Tagesetappe nicht zu früh im Nightcamp anzukommen. Mein Körper scheint den gestrigen initialen Schock, plötzlich so viel Gewicht tragen zu müssen, halbwegs verkraftet zu haben; mein Rucksack ist zwar immer noch unheimlich schwer, aber ich muss nicht mehr bei jedem Schritt daran denken. Und dann, am Nachmittag des zweiten Wüstentages, macht es plötzlich Klick und ich bin völlig umgehauen von der mich umgebenden Schönheit. Staunend blicke ich mich um, spüre eine Majestät, die ich nirgend sonst erlebt habe, nur vor zehn Jahren, als ich das erste Mal diese Wüste hier sah. Ich bleibe immer wieder lange Zeit stehen, um den Anblick in mich aufzusaugen, irgendwann erreiche ich dann das Nightcamp, wo ich Simon und Leah wiedertreffe, die bereits um 13 Uhr angekommen sind. Plötzlich hält ein Auto neben uns und ein Mitarbeiter der Verwaltung aller Nationalparks in Israel fragt, ob wir auf dem Shvil unterwegs sind. Auf dem vor uns liegenden Abschnitt habe es einen Erdrutsch gegeben, wodurch die Metallgriffe im Fels zerstört wurden und es zu gefährlich zum Begehen ist. Er zeigt uns auf der Karte eine Alternativroute, mit der wir den blockierten Teil umgehen können, sammelt voller Einsatz den herumliegenden Müll aus den Büschen der Campsite, setzt sich in seinen Jeep und fährt davon. Da ich bei den Erklärungen des Rangers keinen guten Blick auf die Karte hatte und nicht genau verstanden habe, wo genau wir hin müssen, bitte ich Simon und Leah, am nächsten Morgen zusammen loszugehen und so ziehen wir bei Sonnenaufgang gemeinsam los. Der Weg ist anspruchsvoll und voller steiler Auf- und Abstiege. Oft ist auch kein Weg erkennbar, nur alle paar Meter eine Trailmarkierung, zu der man sich den Weg bahnen kann. Irgendwann beschließe ich, eine Pause zu machen und meine beiden Wanderbegleiter ziehen weiter. Ich genieße es ungemein, allein in dieser wunderschönen Landschaft zu sein, auch wenn der Weg sehr anstrengend ist. Mein Rucksack ist immer noch ziemlich schwer und so schleppe ich mich eine sehr steile Passage hinauf - und plötzlich stehe ich an einem Kraterrand! Ich wusste, dass mich irgendwo mehrere Krater erwarten in der Wüste, ich hatte ihn aber nicht an diesem Punkt erwartet und bin völlig geflasht. Und das Beste ist: Der Weg führt mich am Kraterrand entlang! Nach einer Weile treffe ich Simon und Leah, die gerade Pause machen. "Ich glaube, es ist gar nicht mehr weit, bis wir den Shvil wiedertreffen und in den Krater absteigen", sagt Simon. "Was? Frage ich? Wir gehen da rein?!" - "Ja, wir gehen rein, einmal komplett hindurch und auf der anderen Seite wieder raus". Hinterher werden die beiden mir prustend von dem Gesichtsausdruck erzählen, den ich bei dieser Neuigkeit gezeigt habe. Nennt mich uninformiert, ich hatte mir natürlich den elevation graph (wie sagt man das auf Deutsch? Höhenmeter-Grafik?) für den Tag angeschaut (und das leichte Gruseln bekommen), aber dass mich der Weg durch den Krater führen würde, das hatte ich nicht gewusst. Und so lasse ich die beiden weiter Pause machen und steige in den Krater hinab und beginne, hindurchzuwandern. Das erste Mal, seit ich in der Wüste bin, finde ich es heiß. Ich mache Mittagspause und studiere noch einmal den elevation graph in der Israel Trail Appl. Laut dieser beträgt der Höhenunterschied zum Kraterrand um die 500 Höhenmeter, aber ich kann das beim Blick auf die mich umgebenden Berge kaum glauben; sie kommen mir weniger hoch vor. Hier ein Screenshot aus der App aus, auch wenn der Weg bis zum Kraterrand durch die Umleitung etwa 5km länger und mit mehr Höhenmetern ausgestattet war. Während ich Mittagspause mache, kommen Simon und Leah wieder vorbei. Sie geben mir von ihrem Wasser ab, da ich merke, dass mir die mitgenommenen 5 Liter nicht reichen werden. Wir plaudern kurz, sie wollen noch bis zum Beginn des Aufstiegs wandern vor der Mittagspause. Ich frage: "Wenn ich noch nicht im Nightcamp bin, wenn es dunkel wird, kommt ihr mich dann suchen?" - " Na klar!" Ich hatte halb im Spaß, halb im Ernst gesprochen, aber als ich eine Stunde später durch den Krater eile und merke, dass es dank der heute Nacht stattgefundenen Zeitumstellung nicht mehr viel Zeit ist, bis es dunkel wird, beruhigt es mich, dass irgendwer auf dieser Welt weiß, wo ich mich gerade befinde. Dann sehe ich den Weg aus dem Krater vor mir: Als ich den Kraterrand erreiche, ist der Ausblick atemberaubend. Ich kann überhaupt nicht fassen, dass ich tatsächlich dort auf der anderen Seite entlang gewandert, irgendwo hinabgestiegen und durch das ganze Ding hindurchgelaufen bin. Die letzten Kilometer bis zum Nightcamp geht es im Eiltempo, die Sonne ist schon untergegangen, als ich ankomme. Nach dem Aufbau sitzen wir am Lagerfeuer, kochen unsere Abendessen und reden über den Tag. Wir sind uns einig, dass das die bisher spektakulärste Etappe auf dem ganzen Shvil war. Und die erste, auf der wir keine Menschenseele getroffen und nicht mal in Form einer Siedlung gesehen haben. Ich habe 6 Liter getrunken an diesem Tag und beschließe, in Zukunft noch großzügiger Wasser einzuplanen, schließlich laufen nicht jeden Tag nette Wanderer vorbei, die mir Wasser abgeben können. Mitten in der Nacht wache ich auf, weil etwas an meinem Zelt herumreißt. Ich bin schlaftrunken, rufe lauft: "Hey" und merke, wie das Tier davonläuft. Ich schlafe weiter. Kurz darauf wache ich wieder auf, diesmal richtig und realisiere, dass ein Tier versucht, durch mein Netzzelt zu beißen, um an mein Essen zu kommen. Wieder rufe ich laut, mache Licht an und verjage damit das Tier, das ich als Stachelschwein identifiziere. Nichts wurde gestohlen, dazu ist das Loch im Netzzelt noch nicht groß genug; ich nehme meinen Essensbeutel mit in meinen Schlafsack und versuche, weiterzuschlafen, aber die ganze Nacht kommt das Stachelschwein wieder und versucht, das Loch im Zelt zu vergrößern. Auch eine Hyäne schleicht um mein Zelt herum, aber ich vermute, dass diese es eher auf das Stachelschwein abgesehen hat. Als ich am nächsten Morgen gerädert aufwache, erfahre ich von Simon und Leah, dass das Stachelschwein auch bei ihnen zu Besuch war. Es hat die elastischen Schnüre von Simons Flipflop gegessen und neben dem Zelt ausgekackt, ein skurriler Anblick. Nach meinem Frühstück gehe ich alleine los. So sehr mir das Beisammensein mit Simon und Leah auch gefällt, unsere Wander-Pause-Rhythmen passen überhaupt nicht zusammen. Die Landschaft ist wunderschön, der Trail sehr anspruchsvoll. Und dann, bei einem der sehr steilen Abstiege passiert es und ich stürze. Glücklicherweise in einer Kurve, sodass ich nicht den Hang hinunterrutsche, sondern nur hart auf meiner rechten Seite zum Liegen komme. Tagtäglich ist das Geröll auf dem Shvil irgendwann zum Rutschen gekommen, aber es ist das erste Mal, dass ich hinfalle. Nachdem ich mich hochrappel, bin ich unglaublich erleichtert, wie glimpflich das Ganze ausgegangen ist. Lediglich mein rechter Oberschenkel ist in Mitleidenschaft gezogen und wird wahrscheinlich große blaue Flecken davontragen. Noch langsamer als ohnehin schon gehe ich weiter. Es ist mehr als anstrengend, die Wege sind so steil und immer wieder steht man vor einem Berg, sieht nur die Trailzeichen vor sich und hat keine Ahnung, wie man dort hinaufkommen soll. Am späten Nachmittag, als ich den letzten Anstieg des Tages erreicht habe, breche ich dann emotional zusammen. Ich vermisse meinen Partner so sehr, meine Blasen an den Fersen schmerzen wie die Hölle, seit zwei Tagen fühle ich mich etwas erkältet, ich bin unglaublich erschöpft von den endlosen Höhenmetern in diesem Gelände mit so viel Gepäck auf dem Rücken und dem wenigen Schlaf, jetzt auch noch der schmerzende Oberschenkel. Und der Hunger, der ständige Hunger, das Gefühl, nie richtig satt zu sein, immer nur das Gleiche zu essen, was doch nie genug ist. Ich kann nicht mehr. Die Wüste ist so hart, ich glaube, sie ist zu hart für mich. Vielleicht bin ich einfach nicht stark, nicht tough, nicht trainiert genug, sie zu durchqueren. Ich kann nicht aufhören, zu weinen, alles ist mir zu viel. Nachdem ich mich beruhigt habe, mache ich mich wieder auf den Weg, aber ich breche immer wieder in Tränen aus. Ich schicke meinem Partner eine Sprachnachricht und frage ihn, ob knapp 700km nicht reichen, warum ich eigentlich noch 300km weiter wandern will. Ich frage, warum ich nicht einfach nach Hause komme. Irgendwann erreiche ich das Nightcamp, es ist an diesem Tag neben einer Art Fabrik, d.h. wir haben Wasser und sogar Steckdosen. Ich erzähle Leah von meinem "emotional breakdown" und erörtere mit ihr die Frage, ob ich - und auch sie - mir selbst oder anderen etwas beweisen will mit dieser Wanderung. "Ich will nicht, dass das meine (Haupt-)Motivation ist", sage ich, "denn ich muss mir nicht beweisen, dass ich willensstark bin und Durchhaltevermögen besitze. Das weiß ich nämlich schon." Am nächsten Morgen, meine beiden Wanderfreude sind schon aufgebrochen, will ich die Tagesration an Snacks aus meinem Essensbeutel holen, doch es sind keinerlei Nüsse mehr da. Ich hatte für jeden der 6 Tage einen Zip-Beutel mit einer großen Nuss-Portion, die gewissermaßen mein Mittagessen darstellt, vorbereitet, aber jetzt sind keine Nüsse mehr da. Und ich habe keine Ahnung, wie sie abhanden gekommen. Die Aussicht, heute und morgen kein Mittagessen zu haben, wo ich doch ohnehin schon ständig hungrig bin, lässt mir wieder die Tränen aufsteigen. Ich beiße die Zähne zusammen und wandere los. Morgen bin ich endlich in der ersten Siedlung in der Wüste, kann etwas Richtiges essen, duschen und mich ausruhen. Dann sind es 2 Tage bis zur nächsten Siedlung, dann wiederum 3 Tage bis zu einer Siedlung (Sapir), und dann... tja. Das sehe ich später. Recht schnell sehe ich meine beiden Wanderfreunde in weiter Ferne auf einem Bergkamm. Wo man da Menschen sieht, fragt ihr euch? Ich löse das Suchbild auf. Als ich selbst auf dem Kamm ankomme, darf ich feststellen, dass es wieder ein Kraterrand ist, diesmal der sogenannte "Big Crater", der vor zwei Tagen war der "Small crater". Und der heutige Tag führt fast die ganze Zeit am steilen Kraterrand entlang. Es ist unglaublich spektakulär, aber auch sehr anstrengend. Alle Israelis, die ich danach treffe, werden mir sagen, dass das als der schwierigste Abschnitt des Shvils gesehen wird. Ich kämpfe mit dem Weg und mit mir selbst, ich denke immer wieder darüber nach, ob ich nach Sapir nicht einfach aufgeben soll. Mir eine schöne Zeit in Israel machen, anstatt mich auf dem Shvil zu quälen. Denn das ist es im Moment: eine Qual. Ich will nicht mehr, aber übermorgen, übermorgen kann ich ausruhen. Beim überaus steilen Abstieg treffe ich Simon und Leah wieder, die mehr als hingerissen sind vom heutigen Abschnitt. Das Nightcamp bietet einen wunderschönen Ausblick: Doch heute wird es nach Sonnenuntergang schnell ziemlich kalt, sodass wir uns direkt nach dem Abendessen in unsere jeweiligen Zelte verkriechen. Als ich aufwache, bin ich umgeben von der perfekten Stille der Wüste. Kein Geräusch ist zu hören, nur die Morgendämmerung bricht sich ihren Weg durch die Nacht. Heute muss ich nur 18km mit sehr wenigen Höhenmetern gehen. Also bleibe ich still im Schlafsack liegen und schaue der Dämmerung zu. Es ist der schönste Morgen meiner gesamten Reise. Ich kann gar nicht fassen, wie friedlich und wunderschön der Morgen ist. Ich ziehe mich an, putze zähne und klettere auf einen nahegelegenen Hügel, um dort bei Sonnenaufgang zu frühstücken. Es ist furchtbar kalt, aber unfassbar schön. "Diese Schönheit wäre auch da, wenn niemand sie sehen könnte", geht es mir durch den Kopf. Es ist ein eigenartiger Gedanke, aber es erfüllt mich auf einmal mit tiefer Dankbarkeit, dass ich durch Zufall, durch Glück Teil dieses Naturschauspiels sein darf, das auch ohne mich in voller Pracht stattfinden würde. Später mache ich mich auf den Weg nach Midreshet Ben Gurion. Der Weg führt den Großteil des Tages dieser Bergkette im Hintergrund entgegen und an ihr entlang: Ich finde keinerlei Schatten zur Mittagspause, also spanne ich meine Isomatte mithilfe eines Dornbusches und ein paar Steinen auf: Am Nachmittag erreiche ich Midreshet Ben Gurion kaufe ich mir als allererstes etwas zu essen: Pita und Hummus, das sollte reichen, um meinen Hunger bis zum Abendessen zu überbrücken. Und als ich mich gerade auf den Weg machen will, sehe ich Simon und Leah eintreffen. Wir plaudern kurz, dann verabschieden wir uns herzlich. Heute Nacht schlafen wir bei unterschiedlichen Trail Angels, morgen werden sie weiterwandern, während ich einen Ruhetag einlege. Es war eine schöne Zeit, mit ihnen zu wandern und jeden Abend am Feuer gemeinsam den Tag zu reflektieren. Mir war nicht klar, was für einen Unterschied das macht, aber nach den ganzen Wochen allein, war es wirklich wohltuend, abends ihre Gesellschaft zu haben. But hike your own hike; und so trennen sich unsere Wege. Mein Trail Angel ist ein Student, der mir und dem anderen Shvilist, der heute dort übernachtet, seine Wohnung im Studentenwohnheim überlässt und bei einem Freund übernachtet. Doch vorher kommt er vorbei, um ein Abendessen für uns zu kochen. Nach 6 Tagen des monotonen Trailessens ohne Abwechslung ist es einfach nur fantastisch und ein unglaublich befriedigendes Gefühl, nach langem wieder satt zu sein. Ich schlafe einen tiefen und erholsamen Schlaf, den besten auf dem ganzen Trail. Als ich aufwache, ist der andere Wanderer schon gegangen. Er hat nur einen Monat für den gesamten Shvil, also steht er meistens gegen 3 Uhr auf, um jeden Tag möglichst weite Distanzen zurückzulegen. Ich hingegen genieße meinen Ruhetag in vollen Zügen. Mein Trail Angel hat mir erlaubt, ihn in seiner Wohnung zu verbringen, was ich sehr zu schätzen weiß. Ich telefoniere mit meinen Liebsten, erzähle von meiner Frustration der letzten Tagen und meinen Gedanken ans Aufgeben, kaufe Essen für die nächsten Tage, esse Falafel und endlich gehen meine Blasen an den Füßen auf und der Druckschmerz verschwindet. Wie soll es weitergehen, frage ich mich? Man wird sehen.
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  23. 4. Abschnitt: Jerusalem - Arad (170,1km) Die Landschaft nach Jerusalem ist wunderschön. Ich genieße die ersten beiden Tage sehr, fühle mich fitter denn je und stehe meine erste Gewitternacht (ungeschickter Weise auf einem Berg zeltend) im Gatewood Cape durch. Außerdem ist es äußert interessant, so nah an der Grenze zur Westbank entlang zu laufen und die politische Situation des Landes dadurch so präsent zu haben. Leider laufe ich mir aber auch Blasen. Ich hatte mir in Jerusalem neue Einlegesohlen gekauft, weil die Dämpfung meiner Altras merklich herunter war, aber an der Ferse passen mir die Sohlen nicht und verursachen Blasen. Außerdem wird die Landschaft trist - Zwei lange Tage wandere ich nur durch leere Felder. Es ist deprimierend und ich habe das Gefühl, sie hören nie wieder auf und ich komme hier nie wieder raus. Und dann sehe ich auf einmal Rauch neben dem Shvil. Während ich näher komme, realisiere ich, dass es tatsächlich brennt. Ich warte ein paar Minuten und schaue, ob nicht irgendwer in der Nähe ist, aber als niemand auftaucht, rufe ich die Feuerwehr an. Man schickt mir eine SMS mit einem Link, mithilfe dessen ich meinen Standort an die Einsatzkräfte senden kann. Die Frau am anderen Ende bedankt sich, ich lege auf, beschließe, weiterzugehen und werde nach 300m wieder von derselben Person der Notrufzentrale angerufen, ich müsse den Standort nochmal schicken. Doch so oft sie auch versucht, mir eine SMS zuzusenden, es kommt keine davon an. Auf ihre Bitte beginne ich, zu beschreiben, wo ich mich befinde (was relativ leicht ist, weil der Trail gerade eine große Straße unterquert hat), unterdessen kommt ein Jeep angefahren und zwei Männer steigen aus, die beginnen, mit irgendwelchen Geräten den Boden zu behacken. Ich beschreibe der Person am Telefon, was ich sehe, sie fragt: "Versuchen die Personen, das Feuer zu löschen?" - "Nein, es sieht nicht so aus, das Feuer brennt noch". Noch immer versucht sie vergeblich, mir die SMS zukommen zu lassen. Dann beginnen die beiden Männer, das Feuer zu löschen. Als ich das am Telefon weitergebe, werde ich gefragt, ob es Feuerwehrleute seien. "Nein", sage ich, "Zivilisten". Am Telefon heißt es, man wisse jetzt, wo ich sei und verabschiedet sich. Just in diesem Moment sehe ich aus der Ferne ein Feuerwehrauto auf dem Feldweg angefahren kommen. Ich beschließe, weiterzugehen, bekomme aber am Rande mit, dass das Auto eine ganze Weile bei der gelöschten Stelle bleibt. Während ich weiterwandere, sehe ich, dass auch andere Bereiche entlang des Weges offenbar vor kurzem verbrannt worden sind. Ich vermute eine landwirtschaftliche Maßnahme und frage mich, ob es falsch war, die Feuerwehr zu rufen, aber als das Feuerwehrauto auf dem Rückweg an mir vorbeifährt, grüßen die Insassen freundlich und ich sage mir, dass niemand da war, als ich beim Feuer ankam und nicht wissen konnte, dass es intendiert und kontrolliert ist. Ich wandere noch einige Kilometer weiter und stelle einen (vorläufig) neuen Wanderrekord mit 31km auf. Es gibt eine einzige Baumgruppe inmitten der leeren, öden Felder, dort verbringe ich die Nacht. Ich bin ziemlich motivationslos am nächsten Tag, die leeren Felder nehmen kein Ende, aber am Abend will ich in einem Kibbutz ankommen, das einen Raum für Shvilistim anbietet. Ich schreibe eine Nachricht an Simon und Leah, das Paar, das ich in meiner ersten Woche getroffen habe und mit denen ich seitdem in Kontakt stehe. Sie waren mir stets einen Tag voraus, verließen sowohl Tel Aviv als auch Jerusalem einen Tag vor mir, doch hatten sie kurz nach Jerusalem wieder einen Ruhetag eingelegt, sodass ich mich nun vor ihnen auf dem Shvil wusste. Ich frage, ob es in ihre Etappenplanung hineinpasst, auch heute Abend zu dem hiker's room ins Kibbutz zu kommen und sie sagen zu. Ich freue mich sehr, sie bald wiederzusehen und endlich wieder ein gutes, tiefes Gespräch zu führen, das über das übliche Trailgeplänkel hinausgeht. Auf den letzten Kilometern vor dem Kibbutz laufe ich auf einmal in den Kanadier und die Italienerin hinein, die ich seit Jerusalem nicht mehr gesehen hatte, da ich einen Tag eher aufgebrochen bin, sie aber einen Teil der Strecke nach Jerusalem übersprangen. Sie fragen mich, wo ich heute Nacht schlafe. Als ich es erzähle, ist ihnen die Existenz des Raumes nicht bekannt, aber sie beschließen, auch dort zu übernachten. Im Kibbutz angekommen beschließe ich, die Gelegenheit zu nutzen und das erste Mal seit Beginn der Reise zu kochen auf den zwei kleinen Kochplatten in der Küchennische. Während ich damit beschäftigt bin, tauchen, völlig erschöpft, Simon und Leah in der Dunkelheit auf. Es stellt sich heraus, dass sie an diesem Tag 42km gewandert sind, nur um mich zu treffen. Ich bin gerührt und fühle mich geehrt von dieser Wertschätzung und genieße den Abend in vollen Zügen. Wir sitzen lange draußen und reden, während uns die Mücken auffressen. Auch den nächsten Vormittag wandern wir zusammen, genießen die Landschaft, kommen der Grenze zur Westbank so nah wie noch nie und reden über die spannendsten Themen; gegen Mittag verabschieden wir uns, weil ich nicht so weit wandern möchte an diesem Tag. Am nächsten Tag erlebe ich den heftigsten Wind meines Lebens. Ich schleppe mich langsam, langsam, mühsam einen Berg hinauf und lerne dabei, dass Wind so laut sein kann, dass man seine eigenen Gedanken nicht mehr hören kann. Es ist unglaublich anstrengend, aber der Ausblick ist fantastisch und erinnert zunehmend an Wüste. Ich hatte vor, auch an diesen Tag in einem Kibbutz zu übernachten, wo man sich nicht vorher abmelden muss, sondern einfach anrufen soll, wen man am Tor ankommt. Aber als der Shvil das Kibbutz streift, stelle ich fest, dass man nicht am Haupttor herauskommt und um dorthin zu gelangen um den Zaun herum gehen muss, also mache ich mich auf den Weg entlang des Zauns. Aber er hört und hört nicht auf, ich bin so erschöpft von dem Wandern durch den Sturm und die Blasen an meinen Fersen sind furchtbar schmerzhaft und als ich das Tor endlich sehen kann, führt von dem Zaun senkrecht ein weiterer Zaun weg, der ein bewirtschaftetes Feld umgrenzt und als ich beginne, daran entlang zu gehen, merke ich, dass ich keine Kraft mehr habe. Da mein Wasser noch für die Nacht ausreicht, beschließe ich, im Wald neben dem Kibbutz zu schlafen und bin, nachdem mein Tarp steht, auch glücklich darüber, denn mir wird bewusst, dass es die letzte Nacht im Wald sein wird. Am nächsten Tag werde ich Arad erreichen und damit die Grenze zur Wüste. Da die gesamte Negev ein Nationalpark ist, darf man dort nur in offiziellen Nightcamps übernachten, also ist dies auch meine letzte Nacht allein im Nirgendwo. Viel schlafe ich allerdings nicht, da der Wind einen ziemlichen Lärm macht. Am nächsten Tag mache ich mich auf dem Weg weiter um den Zaun herum, um im Kibbutz Wasser aufzufüllen. Als ich endlich ankomme, finde ich keinen öffentlichen Wasserhahn, was für Israel sehr ungewöhnlich ist. Überall gibt es Wasserhähne, jeder Spielplatz, jeder Sportplatz hat welche, aber auch völlig "zufällige" Orte an irgendwelchen Kreuzungen. Ich spreche einen Israeli an und frage nach einem Wasserhahn, er sagt, es gäbe im Kibbutz keinen, aber ich könne in seinem Haus Wasser auffüllen. Dort angekommen fragt er, ob ich sonst irgendwas brauche und ich meinte, ehrlich gesagt habe ich keinen Akku mehr. (Es ist nämlich tatsächlich der unwahrscheinliche Fall eingetreten, dass beide meiner Ladekabel einen Wackelkontakt aufweisen und ich so aus dem letzten Ort mit Elektrizität mit leerer Powerbank loslief in dem Glauben, sie habe die ganze Nacht geladen. Durch die unzuverlässigen Kabel konnte aber auch mein Solarpanel nicht wirklich helfen und so stand ich ohne Akku da.) Er bittet mich herein, fragt, ob ich schon gefrühstückt habe und so finde ich mich kurz darauf selbstgemachtes Granola essend mit ihm und seiner Frau im Wohnzimmer wieder. Er selbst ist den Shvil vor ein paar Jahren gelaufen, sodass ich einige Fragen loswerden kann. Sie sind unglaublich herzlich, sagen, ich könne auch gerne einen Ruhetag hier verbringen oder auch nur duschen, ganz wie ich möchte. Ich ziehe aber dankbar nach dem Frühstück von dannen und wandere weiter. Wieder einmal beeindruckt mich die Landschaft ungemein und ich kann mich gar nicht satt sehen. Gegen Mittag gelange ich in eine Beduinensiedlung. Alles ist leer, bis mich zwei Menschen aus ihrer Hütte zu sich winken. Sie stellen sich als zwei Shvilistim heraus, die natürlich schon von mir gehört hatten durch den Trailklatsch. Sie erzählen mir, sie seien von einem Beduinen zum Mittag eingeladen worden, dieser sei aber bereits gegangen und hätte ihnen gesagt, sie können so lange bleiben, wie sie wollen. Sie bieten mir Tee an und so sitze ich in der dunklen Hütte, trinke süßen Tee und betrachte ein Tablett, das offenbar Reste des Mittagessens enthält. Ich kann nicht an mich halten, der hiker hunger zwingt mich, zu fragen, ob ich die Reste essen könnte. Ja natürlich, heißt es, sie hätten schon so viel gegessen und seien satt. Also fange ich an, zu essen (Arabisches Brot, frische Tomaten und eine Paste aus Olivenöl, Sesam und irgendwas Undefinierbarem), währenddessen schultern sie ihre Rucksäcke und sagen, sie ziehen schon mal weiter, ich könne einfach so lange bleiben, wie ich will. Und so sitze ich auf einmal allein in der Hütte eines mir Unbekannten und esse dessen Essen. Köstlich! Aber auch verrückt. Auf den letzten Kilometern bis Arad sieht es auf einmal sehr wüstig aus. Und auf einmal, während ich Arad schon in der Ferne erkennen kann, sehe ich eine Herde Dromedare neben mir! Kurz darauf reitet auf einmal jemand auf einem Esel neben mir und versucht, auf Hebräisch mit mir zu kommunizieren. Er spricht kein Wort Englisch, aber ich verstehe, dass er der Hüter der Kamele ist und er mich gerne zum Kaffee oder Tee einladen würde. Ich verneine, verweise auf die dunklen Wolken hinter uns und dass ich nach Arad will. Dann versucht er, mich zu überreden, dass wenigstens mein Rucksack auf seinem Esel reiten könnte, der sei doch zu schwer für mich (das verstehe ich zumindest aus seinen Gesten), aber ich lehne ab. Ich renne fast schon nach Arad, um einem Regen zu entgehen, der dann doch nicht kommt. Und wem begegne ich im Einkaufszentrum der Stadt am Wüstenrand? Dem Kanadier und der Italienerin! Sie sind bereits einen Tag vor mir eingetroffen, verbringen allerdings im Gegensatz zu mir zwei Ruhetage. Es wird das letzte Mal sein, dass wir uns sehen. Der Zero-day ist gefüllt mit Essensbeschaffung und Rationierung für den ersten Wüstenteil, der 6 Tagesetappen ohne Resupply beinhaltet. Den restlichen Tag entspanne ich in meinem wunderschönen Guesthouse, in dem ich der einzige Gast bin, und versuche, zu begreifen, dass ich morgen schon in einem Nightcamp in der Wüste sein werde. Und das war der Blick aus dem Schlafzimmerfenster:
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  24. 3. Abschnitt: Tel Aviv - Jerusalem (116,3km) Das Urlaubsfeeling meines Ruhetags in Tel Aviv verschwindet am nächsten Tag mit dem Trailalltag. Ich treffe eine Italienerin, die heute in Tel Aviv gestartet ist und bis zum Toten Meer auf dem Shvil wandern wird. Sie entschuldigt sich beim gemeinsamen Wandern, dass sie so langsam ist, aber ich beruhige sie, dass ich am Anfang auch nur kurze Distanzen gewandert bin und es erst jetzt langsam besser wird. An diesem Tag folgt der Trail 25km einem Fluss, aus Tel Aviv heraus und um Petah Tikva herum, die Schilftunnel werden irgendwann monoton, ein Glück habe ich eine gute Gesprächspartnerin, doch ich verabschiede mich am späten Nachmittag, um noch ein paar Kilometer zu machen. Der nächste Tag folgt 20km mehr oder weniger einem Highway; ich treffe die Italienerin wieder, wir wandern ein bisschen gemeinsam, aber verabschieden uns dann wegen unterschiedlicher Rhythmen. Erst am Ende des Tages wird es landschaftlich schöner, als man langsam die Jerusalem Mountains erreichte. Dort, auf diesen letzten Kilometern des Tages, treffe ich ein deutsches Paar, das als Journalisten für den NDR arbeitet und 6 Wochen auf dem Shvil unterwegs ist, um einen 3x20-Minuten-Film über junge Menschen auf dem Trail zu drehen. Da ich die erste Deutsche bin, die sie treffen, freuen sie sich sehr und flugs werde ich verkabelt und interviewt. Also, wenn nächstes Jahr der Film im NDR kommt, könnt ihr gern einschalten und Linkshaenderin in action sehen. Die nächsten beiden Tage verlaufen ruhig und entspannt, der Shvil zeigt sich von einer sehr schönen Seite und mit erstaunlich viel Nadelwald, ich bekomme viel Essen geschenkt, meine Achillessehnen tun mittlerweile nicht mehr weh, es ist nicht mehr heiß und ich schlafe unter Olivenbäumen. Aber zum ersten Mal frage ich mich während des Wanderns (und nicht am Ruhetag), was ich hier eigentlich mache. Die Euphorie des Anfangs ist gewichen, ich bin mittlerweile 3,5 Wochen auf dem Shvil unterwegs und ich merke, dass ich beginne, mich einsam zu fühlen. Es ist ein äußerst ungewohntes Gefühl für mich und ich verstehe zunächst nicht, was und warum ich so fühle, dann begreife ich, dass es mich ermüdet, ständig neue Menschen kennen zu lernen und dabei immer die selben Gespräche zu führen. In all den Gesprächen, die ich am Tag führe, muss ich mich immer wieder neu vorstellen und dieselben Fragen beantworten; es fehlt mir, mit Menschen zu reden, die mich schon kennen und denen ich erzählen kann, was mich wirklich bewegt. Und so ist dann auch der letzte Tag vor Jerusalem zwar kilometermäßig kurz, aber emotional anstrengend. Ich bekomme auf einmal große Angst vor der Wüste, von der es nach Jerusalem nicht mehr sonderlich weit ist. Warum zum Henker will ich zu Fuß eine Wüste durchqueren, frage ich mich und wie zum Henker soll ich das schaffen? Zu allem Unheil tue ich mir irgendwas mit dem Knöchel, sodass jeder Schritt schmerzt und ich quäle mich in Richtung Jerusalem. Der Shvil führt nicht direkt nach Jerusalem hinein, es sind etwa 7km von dort, wo er die Stadt berührt ins Zentrum. Während ich diese 7km entlang hinke, erstreckt sich eine gespenstische Stadt vor mir, denn es ist der letzte Tag von Sukkot und damit ein Feiertag. Die Straßen sind leergefegt, keine Autos fahren und das einzige, was man sieht, sind orthodox gekleidete jüdische Familien, die irgendwohin unterwegs sind. Ab und an hört man Gesänge, denn der letzte Tag von Sukkot ist Simchat Thora, das Freudenfest über die Thora, bei dem mit den Schriftrollen in den Straßen getanzt und gesungen wird. Ich kann mich daran allerdings nicht wirklich freuen, ich will einfach ankommen. Und irgendwann komme ich auch an, bei einer Freundin meines trail angels aus Tel Aviv, der mir den Kontakt gegeben hat. Sie ist erst am Vortag aus einem Urlaub in Montenegro zurückgekehrt, so tauschen wir Reisegeschichten aus, während sie uns ein Abendessen aus den Resten, die ihre Küche hergibt, zaubert. ich könne so lange bleiben, wie ich will und meinen Knöchel auskurieren, sagt sie mir, dann frage ich sie über die Grammatik der hebräischen Sprache aus und lasse mir von ihr die zahlreichen Parlamentswahlen der letzten Jahre erklären. Von ihrer Wohnung aus hat man einen unglaublichen Blick über die halbe Stadt; an klaren Tagen, so sagt meine Gastgeberin, könne man bis Jordanien schauen. Die beiden Ruhetage, die ich in Jerusalem einlege, sind wunderbar. Erstaunlicher Weise tut mein Knöchel schon am nächsten Tag nicht mehr weh und so staune, entdecke und genieße ich. Vor zehn Jahren war ich bereits zwei Mal hier gewesen und war fasziniert von der Stadt. Jetzt als Erwachsene ist mein Blick ein anderer und doch mit derselben kindlichen Begeisterung erfüllt. Besonders hat es mir die Redeemer-Church in der Altstadt angetan. Hier verbringe ich eine ziemlich lange Zeit, sauge die Atmosphäre auf, nehme an einer Mittagsandacht Teil und kehre am Nachmittag nochmal wieder, um das Café im Innenhof zu genießen. Am Morgen meines zweiten Ruhetages verabschiede ich mich von meinem Host und ziehe um ins Abraham Hostel, dem besten Hostel, in dem ich je war. Dort treffe ich die Italienerin wieder, die sich am Tag, nachdem wir uns zuletzt sahen, mit einem Kanadier zusammengetan hat und seitdem mit ihm unterwegs ist. Zunächst ist es schön, Trailgeschichten auszutauschen und festzustellen, dass wir beide unter der Hitze und dem Lärm, den man mitunter auf den Campsites hören konnte, gelitten haben. Aber es stellte sich bald heraus, dass dieser Mensch der einzige mir unsympathische Shvilist ist, den ich treffen werde. Hauptsächlich weil er, trotz, dass wir beide seit über 400km unterwegs sind und denselben Weg zurückgelegt haben, der Ansicht ist, mir den Shvil und das Land erklären zu müssen. Er erklärt mir, was die jüdischen Feiertage bedeuten, was man auf dem Trail beachten muss, dass mein Solarpanel überhaupt nicht funktionieren kann bei der Größe (und glaubt mir nicht, als ich ihm versichere, dass es seit 4 Wochen gut für mich funktioniert) und wie ich mich auf dem Trail zu ernähren habe. Trotz, dass er mich absolut nicht ernst nimmt, sagt er, dass er froh sei, mich getroffen zu haben, um die Wüste zusammen mit mir zu wandern, weil er sie nicht allein durchqueren will. Ich will definitiv nicht mit ihm durch die Wüste wandern, bin aber zu vermeidender Natur, um das direkt zu sagen, daher erspare ich mir eine klare Ablehnung, indem ich ihn fortan bestmöglich meide. In Jerusalem esse ich das erste Mal Falafel in einem arabischen Laden. Während in israelischen Falafel-Läden der ganze Inhalt in eine aufgeschnittene Pita reingestopft wird, servieren arabische Läden alle Bestandteile auf kleinen Tellern. Ich mag beide Varianten (und ich werde auch nicht verraten, wie oft ich Falafel gegessen habe während meiner Reise. ) Meinen letzten Abend in Jerusalem nutze ich, um endlich meine Wüstenetappen zu planen. Das zu tun hing mir wie ein schwerer Klotz im Nacken, aber ich hatte mich davor nicht dazu durchringen können, auch weil ich erst abwarten wollte, wie sich meine Kondition entwickelt, d.h. mit wie langen Etappen ich planen kann. Schon vor Beginn meiner Reise war für mich klar, dass ich nicht ohne water caches würde wandern können. Ich bin körperlich schlichtweg nicht in der Lage, Wasser für mehrere Tage zu tragen. Der water caching service, den ich mir ausgesucht habe, braucht jedoch nur 3 Tage Vorlaufzeit, sodass ich ihn nicht eher zu informieren brauchte. In Jerusalem nun verbringe ich den Abend mit denken, überlegen, recherchieren und planen. Am Ende ist klar: Es werden 18 Wüstenetappen sein (weil ich Teile überspringe, aber dazu später) und ich benötige dafür 5 water caches. Das Wissen, nun einen klaren Plan zu haben, beruhigt mich und lässt mich entspannt in den letzten Abschnitt vor der Wüste starten.
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  25. 2. Abschnitt: Tiberias - Tel Aviv (209,5km) Den ersten Tag, der spektakulär oberhalb des See Genezareths an ihm entlang nach Süden führt, wandere ich mit dem Schweizer. Aber ich merke schon nach wenigen Stunden, wie gern ich wieder allein sein möchte, daher verabschiede ich mich am Abend und schlage mein Zelt mal wieder vor einer atemberaubenden Kulisse auf. Meine Achillessehnen schmerzen fürchterlich, daher beschließe ich, als ich am nächsten Tag nach 2km eine Campsite erreiche, dort schon wieder einen Ruhetag einzulegen. Es ärgert mich, dass mein Körper nicht so mitmacht wie gewünscht. Oder vielmehr: Dass eine einzige kleine Sehne meinen ansonsten fitten Körper ausbremst. Aber ich will nicht, dass mir die Sache auf die Füße fällt und ich mir durch eine Achillessehnenentzündung den Trail ruiniere, also schließe ich mit meinem Körper den Deal, dass wenn auch nur ein Körperteil sagt, es will nicht mehr, der ganze Organismus stillsteht. So quäle ich mich einen endlosen, langweiligen Ruhetag herum, plaudere am Abend ein bisschen mit ankommenden Israelis und bin heilfroh, am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang wieder back on the road zu sein. Zum ersten Mal sehe ich Klippdachse, auf dem Foto sind insgesamt drei zu sehen. Am Ende des Tages campe ich am Fuße des Mt. Tavor, dem dritten (und letzten) Berg des Shvils, den ich den Sehnen zu Liebe auslasse und ringsherum wandere. Hier sieht man ihn in der Ferne, als ich noch auf ihn zuwandere. Ich gelange nach Nazareth, dem meines Erachtens am wenigsten schönen Gebiet des Shvils. Um Nazareth herum war unglaublich viel Müll, zerstörte Wälder und Eintönigkeit. Nach all den spektakulären Aussichten des Nordens ist das ein starker Kontrast. Jom Kippur kommt und geht; im Gegensatz zu den meisten Israelis auf dem Shvil, die während der Feiertage nach Hause fahren und ruhen, wandere ich weiter, nach wie vor erstaunt darüber, dass ich keine einzige Blase habe. Die Trailrunner und Zehensocken machen einen guten Job. In diesen Tagen begegne ich einem Vater mit zwei Söhnen immer wieder, bis ich einen halben Tag einlege und sie vorbeiziehen. Als ich ein paar Tage später den Schweizer wiedertreffe, erzählt er mir, als er ihnen begegnete, hätten sie im üblichen Trailklatsch auch über mich gesprochen. Und er habe gesagt: "Ah, Linkshaenderin, you know, she is small, but she walks like a machine". Dieses Gerücht verbreitete sich in den nächsten Wochen unter den Shvilistim und so kam es, dass ich bis zum Schluss meiner Wanderung von allen, die ich neu traf, begrüßt wurde mit: "Bist du Linkshaenderin aus Deutschland? Ich/Wir haben schon von dir gehört". Und dann kam raus, dass mir der Ruf vorauseile, ich wäre total tough und würde wahnsinnig schnell wandern. So viel dran ist da gar nicht. Also, in der Tat ist mein Gehtempo überdurchschnittlich und schneller als das fast aller anderen gewesen, aber durch viele und lange Pausen kam ich alles in allem nicht schneller voran als die anderen, im Gegenteil. Ich glaube, Grund für den "Ruhm" war eher mein Status als alleinreisende Frau. Ich bin keinem anderen weiblichen solo-thru-hiker begegnet und mir haben Israelis erzählt, sie hätten noch nie von einem weiblichen solo-shvilist gehört. Daher war mein Auftreten wohl ziemlich exotisch. Ein Highlight auf diesem Abschnitt ist für mich das Karmelgebirge. Der Aufstieg nach Isfiya, einer Siedlung auf dem Berg, in der fast ausschließlich Drusen leben, ist wunderschön. Einen Ab- und einen Aufstieg später sehe ich dann das erste Mal das Mittelmeer. Wow! Ich kann das Meer sehen, so weit habe ich es geschafft, und kann sogar bis nach Haifa gucken! Der Abstieg vom Gebirge ist atemberaubend. Isfiya auf dem Berg An diesem Tag durch das Karmelgebirge treffe ich immer wieder ein israelisches Paar, das hier eine Tageswanderung unternimmt. Sie können kaum fassen, wie schnell ich gehe und finden es fast schon demotivierend, wie viel leichter mir die Etappe fällt. Ich versuche, sie damit zu trösten, dass ich schon über 2 Wochen unterwegs bin und sich daher mein Körper schon ein wenig an die Belastung gewöhnt hat und der Tag durch das Karmelgebirge auch definitiv kein leichter ist, aber sie lassen sich nicht trösten. Am nächsten Tag merke ich aber, dass mein Körper einen Ruhetag benötigt, ich bin seit 6 Tagen unterwegs und erkenne die Zeichen. Trotzdem genieße ich den Abschnitt; er führt mich durch Ein Hod, ein Künstlerdorf (Link), bietet mir schöne Meerblicke und zeigt mir das erste Mal in meinem Leben Avocado-Bäume. Am Abend dieses Tages bin ich das erste Mal bei einem trail angel zu Hause, er zeigt mir das Haus und verabschiedet sich dann auf einen langen Spaziergang mit seiner Hündin. "Wenn du willst, kannst du ruhig schon mal was für uns kochen. Wir können das zwar auch zusammen machen, wenn ich wiederkomme, aber das ist dann schon recht spät und eigentlich kannst du dir ja was überlegen", sprachs und überließ mich der Küche. Ich erzähle diese Begebenheiten exemplarisch, um zu illustrieren, wie sehr einen trail angels wie Zuhause fühlen lassen. Am nächsten Tag kehre ich zum Shvil zurück und warte auf einer Campsite darauf, dass es Abend wird. Diese Ruhetage sind quälend. Es gibt keine Beschäftigung, ich habe kein Buch dabei, ich will wieder wandern, aber mein Körper braucht die Ruhe. Am nächsten Tag zelte ich das erste Mal aktiv verbotener Weise in einem nature park. Es gab leider keine Alternative, da ich recht spät dort ankomme und es nach dem Abstieg keine Campmöglichkeit gegeben hätte, da ich mittlerweile in das dicht besiedelte Zentrum Israels vorgedrungen bin. Der Blick von meinem Nightcamp aus aufs Meer ist wunderschön. Morgen, so sage ich mir, morgen erreiche ich endlich das Meer. Am nächsten Morgen mache ich mich sehr früh auf den Weg, um nicht beim Wildcampen erwischt zu werden und nach ein paar Minuten auf dem Trail halte ich inne, um den Sonnenaufgang anzuschauen. Es ist einer der schönsten Morgen, die ich auf dem Trail erlebe, die Sonne geht über dem Karmelgebirge auf und beleuchtet die Häuser am Meer auf der gegenüberliegenden Seite. Und während ich dieses Schauspiel betrachte, kommen zwei Israelis auf Mountainbikes vorbei, verwickeln mich in ein Gespräch und erklären mir, was man alles von hier sehen kann. Ich erreiche das Meer am Vormittag, durchwandere Caesarea und treffe am Strand auf meine Frau, die nach den üblichen Fragen zu meiner Wanderung wissen will, was ich nach den Shvil vor meinem Rückflug mache. Nichts, sage ich, ich wandere den Shvil und fliege zurück nach Deutschland. Da lädt sie mich ein, ein paar Tage bei ihr zu verbringen, falls ich noch etwas Zeit habe vor meiner Rückkehr und sie gibt mir ihre Nummer. Diese Freundlichkeit bewegt mich sehr, begegnet sie mir doch täglich in unterschiedlichen Formen. Doch am Strand entlang zu wandern ist müßig. Ich hatte von Anfang an angedacht, vermutlich einen Teil des Strand-Abschnittes zu überspringen und während ich durch die Massen an Badenden wandere, wird meine Idee bestätigt. Ich bin zwar unheimlich gern am Meer, aber nicht, um am Strand zu wandern. Alle starren einen an, wenn man in Wanderkleidung mit Rucksack vorbeizieht und man selbst würde am liebsten auch einfach im Wasser planschen. Am Abend erreiche ich Chadera, es ist der erste Tag von Sukkot, also ein Feiertag und die orthodoxe jüdische Familie, die mich an diesem Tag aufnimmt, ist bei meiner Ankunft noch dabei, den Tag ausklingen zu lassen. Wir unterhalten uns angeregt, irgendwann beginne ich zu frieren. Ich werde gefragt, ob mir kalt sei und als ich bejahe, bringt man mir eine Decke. Die Klimaanlage könne man erst ausschalten, wenn der Tag vorbei ist, fügt man ergänzend hinzu. (Im Judentum endet der Tag, wenn die ersten drei Sterne am Himmel stehen, das ist dann auch der Start des nächsten Tages.) Ich bin fasziniert, wusste ich zwar, dass religiöse Jüdinnen und Juden keine elektrischen Geräte bedienen an Feiertagen, aber so hautnah zu erleben, wie die Klimaanlage trotz Frieren anbleiben muss, bis die ersten Sterne am Himmel stehen, ist etwas ganz anderes. Ich lerne sehr viel an diesem Abend, über ihre Sicht, warum man nicht irgendwo sonst einen jüdischen Staat errichten kann, sondern es hier sein muss, über arrangierte Ehen und Thoraschulen. Eine ganz eigene Welt und ich fühle mich geehrt, Einblick darin zu bekommen. Am nächsten Tag wandere ich monoton weiter am Strand entlang, ich würde auch gerne am Strand entspannen (und natürlich war ich an diesem und auch am Vortag mal kurz im Meer), aber nein, ich wandere weiter. Am Nachmittag erreiche ich Netanya und nehme von dort einen Bus nach Tel Aviv. Es wäre von Netanya noch einmal ein Tagesmarsch nur am Strand entlang gewesen und ich habe beschlossen, mir diesen zu sparen. Warum etwas wandern, was absolut keinen Spaß macht? Von dem Anspruch, jeden Kilometer des Shvils der Vollständigkeit halber zu erwandern, habe ich mich direkt nach meiner Ankunft verabschiedet. Ich sehe darin keinen Mehrwert. Also entsteige ich einem eiskalt klimatisierten Bus und erreiche das schwül-warme Tel Aviv. Hier übernachte ich wieder bei einem Trail Angel, der mir direkt nach meiner Ankunft anbietet, ich könne ein, zwei Ruhetage hier verbringen. Das kommt mir sehr gelegen, ich hatte tatsächlich einen Ruhetag einlegen wollen, auch um ein Outdoor-Geschäft zwecks Besorgungen aufzusuchen. Ich kann es überhaupt nicht fassen, in Tel Aviv zu sein. Es ist noch nicht mal ganz drei Wochen her, dass ich hier gelandet bin und überzeugt war, es nie zu Fuß bis Tel Aviv zu schaffen, doch jetzt bin ich da! Und mir geht es gut! Aber ich bin auch überfordert. Saß ich gestern Abend noch mit der orthodoxen Familie in einer Laubhütte und habe mit ihnen das Übergangsritual vom Feiertag zum normalen Tag zelebriert, bin ich heute im pulsierenden, lärmenden Tel Aviv und gehe mit meinem Host in ein veganes Sushi-Restaurant. Es ist der Himmel, ich will ALLES essen, der hiker hunger hat langsam eingesetzt und die gesamte Speisekarte klingt köstlich. Davor hatte mich der trail angel gefragt, ob ich Lust hätte, mit ihm Acroyoga zu machen, sein Hobby seit ein paar Jahren. Ich sagte ja, noch nie probiert, aber ich bin gespannt und so hatten wir sowohl an diesem als auch am nächsten Tag lustige Stunden, in denen er mir die Kunst des AcroYoga näher brachte. Und ich bin begeistert, ich glaube, ich werde mir hier daheim auch einen Kurs suchen! Ich hatte gehofft, mich in Tel Aviv Simon und Leah wiederzutreffen, wir tauschen regelmäßig Nachrichten aus, aber sie wandern am Tag nach meiner Ankunft morgens weiter, also einen Tag vor mir, sodass es leider keine Gelegenheit gibt. An meinem Ruhetag in Tel Aviv suche ich insgesamt 5 Outdoor-Shops auf, um Zehensocken zu kaufen, doch vergebens. Immerhin finde ich in einem Radsportgeschäft Armlinge, danach schlendere ich mit einem frisch gepressten Granatapfelsaft durch die Straßen und kann nicht fassen, was ich für ein Glückspilz bin. Ich bin so glücklich, hier zu sein, hier auf dieser Reise, diesem Abenteuer. Was geht es mir gut!
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  26. Andreas K.

    Und noch ein Lavvu...

    Unter anderem angeregt durch unseren "Hofnarr" wollte ich schon seit längerem eine mehreckige Pyramide mit steilen Wänden konstruieren. Bei der Planung habe ich großen Wert auf die bestmögliche Stoffausnutzung gelegt, und heraus gekommen ist dabei dieses sechseckige Lavvu, für das ich insgesamt nur 7,5m Chikara verbraucht habe: Das Lavvu hat einen sechseckigen Grundriss. Wind wird dadurch besser umgelenkt als bei viereckigen Konstruktionen und ist somit noch sturmstabiler.Die Maße betragen 239/276/180cm (Schlüsselweite/ Eckmaß/ Höhe).Daraus ergibt sich eine Neigung der Flächen von 56°.Verstärkte Bodenabspannpunkte befinden sich an jeder Ecke und an den Mittelpunkten der Säume jeder Fläche, ausgenommen der Türfläche. Hier ist jeweils links und rechts vom Reißverschluss ein Abspannpunkt angebracht.Die Abspannschlaufen sind aus Polyesterkordel, die mittels LineLocs in der Länge reguliert werden können.Befestigungsmöglichkeiten für Sturmabspannleinen befinden sich auf den Mittelpunkten der beiden Türhälften sowie auf den Mittelpunkten der übrigen Seitenflächen.Zum Fixieren einer Türhälfte hängt man die Abspannschlaufe der nach außen umgeschlagenen Tür, in den mittleren Hering am Saum der angrenzenden Fläche ein. Die Türhälfte liegt dann plan und faltenfrei auf der Seitenfläche auf.Der wasserabweisende Spiralreißverschluss wird mittels eines selbstblockierenden Schiebers geschlossen, so dass sich dieser bei Querbelastung nicht aufziehen kann.Die Lüftungshutze endet 10cm unterhalb des Lüftungslochs. Somit kann selbst bei von der Seite kommenden Regen kein Wasser ins Zeltinnere eindringen. Dadurch muss der Lüfter auch nicht verschließbar sein.Die verwendeten Materialien sind Chikara, Nylon-Zeltbodenmaterial, Moskitonetz, Ripsband 12mm, Polyesterkordel 16-fach geflochten, LineLocs und YKK Aquaguard 5C Reißverschluss mit selbstblockierendem Wendeschieber.Das Gesamtgewicht beträgt 512g. Ich denke noch darüber nach, die Säume mit Kamsnaps zu versehen, so dass Schneelappen, ein Moskitonetz oder ein Boden ans Lavvu geknöpft werden können. Bei einem Abstand der Snaps von ca. 10cm zueinander würde das Gewicht des Lavvus um ca. 25g steigen. Und hier ein paar Impressionen:
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